Rezension von Ingrid Eßer
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Katharina, genannt Kat und Isolde, genannt Isi, werden im
Jahr 1973 sechszehn Jahre alt und sind neugierig auf das Leben. Sie sind die
Protagonistinnen im Roman „Die Geschichte von Kat und Easy“ von Susann Pásztor.
Kennen gelernt haben sie sich vor gar nicht so langer Zeit auf dem Gymnasium des
fiktiven Orts Laustedt. Anfangs hat nur Kat zu Isi Easy gesagt, doch langsam
nehmen die Freunde den Klang auf. Easy ist wohlbehütet aufgewachsen, doch auf
einer heimlichen Liste hat sie Dinge gesetzt, die vielleicht anstößig sind, die
sie aber unbedingt erleben möchte. Kat unterstützt sie dabei, nach eigener
Aussage hat sie manche Sachen der Auflistung bereits ausprobiert.
In der Silvesternacht 1972/73 begegnen sie einem jungen Mann
im Jugendzentrum des Orts, in den sie sich beide verlieben und der ihre Liebe
erwidert. Nach den tragischen Ereignissen des folgenden Sommers verlieren sich die
ehemals besten Freundinnen allerdings aus den Augen. Erst als beide 62 Jahre
alt sind kommt ein erneuter Kontakt zustande durch den Blog, den Kat professionell
betreibt. Kat willigt nach kurzem Zögern ein, als sie von Easy dazu eingeladen
wird, gemeinsam mehrere Tage in einem Ferienhaus auf Kreta zu verbringen. Voller
Skepsis über den weiteren Verlauf des Urlaubs, aber auch gespannt auf das, was
die inzwischen wieder in Leustedt wohnende Easy zu berichten hat, bricht sie zu
ihrer Reise auf.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Einerseits erzählt
Susann Pásztor die Geschichte von Kat und Easy im Jahr 1973 als allwissende
Erzählerin im Präsens, was mich als Leserin die Geschehnisse intensiver erleben
ließ. Auf der anderen Seite lässt die Autorin Kat die Ereignisse in der
Gegenwart im Urlaub auf Kreta in der Retrospektive selbst erzählen. Unterbrochen
werden die Kapitel gelegentlich von Blogeinträgen, auf die Kat in ihren
Schilderungen Bezug nimmt. Den beiden jungen Protagonistinnen scheint im Jahr
1973 die Welt offen zu stehen, sie können alles werden und alles sein. Während
Kat die mehr treibende Kraft ist, hat Easy kühne Träume und lässt sich
unbeschwert und offenherzig durch den Tag treiben. Die Autorin zeigt auf dieser
Handlungsebene eine Coming-of-Age-Geschichte mit den dabei typischen Gefühlen
der Jugendlichen von Zusammenhalt, sich füreinander freuen, aber auch Missgunst
und Eifersucht auf. Was mich gestört hat, war der Umgang mit Drogen, der nach
der Darstellung kaum unliebsame Konsequenzen hatte.
Die in der Gegenwart spielende Geschichte auf Kreta warf von
Beginn an nicht nur für Kat, sondern auch für mich als Leserin die Frage auf,
welche Stimmung sich bei einem Zusammentreffen mit der ehemals besten Freundin
nach so langer Zeit entwickeln würde. Durch den Beruf als Blogbetreiberin
bekommt der Roman einen modernen Touch, doch es irritierte mich, dass die
Freundinnen sich in ihrem reifen Alter auch während des persönlichen Zusammenseins
über Soziale Medien austauschen. Nach meinem Empfinden konnte dadurch eine
gewisse Distanz zwischen den beiden nicht abgebaut werden, was mir als Leserin
ein Störgefühl verursachte, genauso wie der weitere sorglose Umgang mit
Rauschmitteln. Vom Charakter her haben sich beide über die Jahre hinweg wenig
geändert. Bis zum Schluss bleibt eine gewisse Hintergrundspannung darüber,
welchen Grund es dafür gibt, dass die Freundschaft damals jäh endete.
Da ich nur wenig jünger bin als die Protagonistinnen im
Roman „Die Geschichte von Kat & Easy“ von Susann Pástor, habe ich mich
gerne in das Jahr 1973 mitnehmen lassen. Doch das Verhältnis der Freundinnen in
der Gegenwart zueinander hat mich wenig berührt, vor allem weil ich empfunden
habe, dass die Handlung langatmig verlief und auf beiden Zeitebenen der Konsum
von Rauschgift bagatellisiert wurde.