rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783446269224
Die gebürtige Französin Sylvie Schenk hat in ihrem
Liebesroman „Roman d’amour“ zwei fiktive, tragische Liebesgeschichten ineinander
verschachtelt. Ihre Protagonistin Charlotte Moire ist wie sie selbst über 70
Jahre alt und Autorin. Charlotte erzählt die Geschichte aus der eigenen
Perspektive. Ihr jüngstes Werk handelt über eine Affäre zwischen dem Lehrer Lew,
der um die 50 Jahre alt ist, und der ein paar Jahre älteren Klara, einer
Schuldirektorin. Der eher unbekannte Literaturpreis „Kaskade“ soll ihr für den
Roman verliehen werden. Charlotte ist allerdings die Begründung für die
Verleihung nicht bekannt.
Wenige Stunden vor dem Überreichen des Preises möchte die
Journalistin Sittich ein Interview für einen Radiobeitrag am nächsten mit ihr
führen. Dem hat sie zugestimmt, aber sie will auf jeden Fall dabei nicht offenbaren,
dass sie selbst eine ähnliche Geschichte vor mehr als zwanzig Jahren erlebt
hat. Doch die Journalistin ist unerwartet gut vorbereitet und stellt ihre
Fragen zunehmend hintergründig. Immer wieder gleiten die Gedanken von Charlotte
bei ihren Antworten in die Vergangenheit zu ihrem eigenen Ehebruch und tiefe
Gefühle drängen ans Tageslicht. Dabei ist es nur eine Frage der Zeit, dass sie
ins Stolpern gerät und Gegensteuern muss.
In kursiv gedruckten Abschnitten erhielt ich als Leserin
Einblick in das, was Charlottes in Romanform ausgedrückt hat. Gegenüber der
Journalistin bekam ich auf diese Weise den Vorteil, dass mir die Gedankengänge der
Protagonistin die wahre Geschichte dahinter offenbarten. Unwillkürlich habe ich
als Leserin aber auch vermutet, dass Sylvie Schenk eigenes Erlebtes hier
verarbeitet hat, denn die Gefühle sind einfühlsam beschrieben und wirken authentisch
und bewegend.
Im Interview scheut die Journalistin nicht davor zurück, den
Ehebruch von Lew moralisch zu hinterfragen. Die Autorin schildert die Beziehung
zwischen den Paaren eindringlich und nachvollziehbar. Der Roman überraschte
mich weniger mit den Geschichten über die Liebe als vielmehr durch sein Verweben
des Erzählten und dem Schlagabtausch mit der Journalistin, deren Interesse an
den Hintergründen im Laufe der Zeit nicht nur beim Leser die Frage aufwirft,
warum sie sich mit einer solchen Vehemenz dem Roman widmet.
„Roman d’amour“ von Sylvie Schenk ist ein Liebesroman, der
durch seine besondere Konstruktion auf verschiedenen Ebenen auffällt. Die
Geschichte wechselt zwischen einem Interview in der Gegenwart, Ausschnitten aus
dem Roman den die Protagonistin geschrieben hat und deren Erinnerungen an das
Selbsterlebte, das in die Erzählung eingeflossen ist. Auf ergreifende bewegende
Weise zeigt sie die Leidenschaft, mit der Liebe gelebt werden kann. Gerne
empfehle ich das Buch weiter.