Rezension von Ingrid Eßer
Der Roman „Bergland“ von Jarka Kubsova spielt in Tiefenthal,
einem kleinen Ort in Südtirol. Auf dem höchsten der umliegenden Berge stehen vor
dem Zweiten Weltkrieg auf steilem Grund das Bauernhaus und die Scheune von
Josef Breitenberger und seiner Familie. Das Anwesen wird von allen der
„Innerleithof“ genannt und gibt seinen Bewohnern nach altem Brauch einen
entsprechenden Beinamen. Die Innerleit Rosa ist die älteste Tochter und
übernimmt die Arbeiten an der Seite ihres Vaters als ihre beiden Brüder zum
Kriegsdienst eingezogen werden.
Ihr Sohn Josef, genannt Sepp, wird eines Tages den Hof
übernehmen. Er ist das verbindende Familienmitglied zwischen den alten Zeiten
und der Gegenwart, in der sich nicht nur das Bewirtschaften des Hofs, sondern
auch die Sorgen der Betreiber verändert haben. Aus der ursprünglich allein auf
den Lebensunterhalt der Familie abzielenden Landwirtschaft und Viehhaltung ist
eine Ferienunterkunft mit Streichelzoo und wenigem Milchvieh geworden. Hannes
ist deren Inhaber sowie der Enkel von Rosa. Doch seine Frau Franziska ist es,
die die Autorin neben Sepp und Rosa in den Fokus nimmt.
Der Schreibstil von Jarka Kubsova passt sehr gut zum Umfeld,
das sie beschreibt, denn er ist klar und schnörkellos. Jederzeit erfasst sie
die Unwägbarkeiten der Natur und die Herausforderungen vor denen die Menschen,
die dort leben, dadurch gestellt werden. Sie zeigt auf, dass es durchaus andere
Möglichkeiten für die Tiefenthaler über alle Jahre hinweg gegebenen hat, die
Gegend zu verlassen und das Auskommen an anderer Stelle zu suchen.
Rosa ist eine bodenständige Person. Nicht nur die Tatsache,
dass sie eine Frau ist, sondern auch, dass sie zwei ältere Brüder hat,
schließen sie zunächst von der Übernahme des Hofs aus. Erst durch die
Gegebenheiten und ihr entschlossenes Engagement wird ihr zugetraut, den Hof zu
führen und dennoch wird sie weiterhin mit Skepsis betrachtet. Sie hält viel von
Altbewährtem und es ist nur eine Frage der Zeit, dass sie sich mit dem
Interesse ihres heranwachsenden Sohns an modernen Errungenschaften zur
Erleichterung der Arbeit auseinandersetzen muss. Da ich in einer ländlichen
Gegend aufgewachsen bin, habe ich den Wandel aus nächster Nähe selbst miterlebt.
Die Schilderungen der Autorin habe ich als überaus realistisch empfunden. Mit
wenigen Beschreibungen schafft Jarka Kubsova es, auch die finanziellen Aspekte
darzustellen, die die Bauern und Landwirte bei ihren jeweiligen Entscheidungen
berücksichtigen.
Jarka Kubsova zeigt anhand ihrer Figur Franziska auf, mit
welchen Problemen die Betreiber von Ferienbauernhöfen heute zu kämpfen haben.
Sie stellt überspitzt, aber wirklichkeitsnah dar, welche Erwartungen Touristen
im Urlaub haben und welche Forderungen sie an ihre Gastgeber stellen. Sicher
erkennt der ein oder andere sich hierin wieder.
Im Roman „Bergland“ schildert Jarka Kubsova das
beschwerliche Leben auf einem Bauernhof in den hohen Bergen Südtirols über drei
Generationen hinweg. Sie benennt die unterschiedlichen Sorgen der Bewohner, mit
einer Akzentuierung auf dem Ansehen der dortigen Arbeit der Frauen. Lebensnah
und einfühlsam beschreit die Autorin das seit Jahren nötige ständige Abwägen
zwischen Tradition und Moderne auf steilen Hängen durch bäuerliche Arbeit, um
ein einträgliches Einkommen zu erwirtschaften. Sehr gerne empfehle ich die
Geschichte weiter, weil sie für mich ein Lesehighlight ist.