Titel: Fräulein Gold - Der Himmel über der Stadt
Autorin: Anne Stern
Erscheinungsdatum: 21.04.2021
Verlag: Rowohlt Polaris (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783499004315
Der Roman
„Fräulein Gold – Der Himmel über der Stadt“ von Anne Stern ist bereits der dritte
Teil einer Serie rund um die in Berlin-Schöneberg lebende Hebamme Hulda Gold. Er
spielt im historischen Berlin. Diesmal ereignen sich die Geschehnisse im Juli
und August des Jahres 1924, also fast ein ganzes Jahr nach der Handlung Band
Zwei. Die vordere Klappe des Buchs bietet in ihrer Gestaltung den Ausschnitt
einer Karte von Berlin zur besseren Verortung der Lokalitäten. Ein Ausschnitt
der Karte mit der Frauenklinik Mitte ist nochmals vergrößert dargestellt, hier
beginnt Hulda ihre Tätigkeit als angestellte Hebamme, nachdem sie ihre
Selbständigkeit aufgegeben hat. Ihre Aufgaben bestehen in der Voruntersuchung und
Begleitung der Frauen und der Vorbereitung auf die Geburt. Sie darf selbst
keine Geburten durchführen, was sie sehr bedauert, aber dafür erhält sie ein
festes Gehalt.
Anne Stern
gestaltet den Prolog auch diesmal wieder so, dass er ein Rätsel aufwirft,
dessen Aufklärung sich Hulda im Laufe der Ereignisse widmet. Allerdings tritt
die eingebundene kriminelle Handlung diesmal deutlich hinter die übrigen
Begebenheiten zurück. Die Autorin schildert ausführlich den Alltag von Hulda in
der Geburtshilfe der Klinik, die sehr fortschrittlich ausgestattet ist. Die
Frauenklinik Mitte ist ein Lehrkrankenhaus. Hulda versteht natürlich, dass
Ärzte und Hebammen gut ausgebildet werden sollten, aber sie kann auch den Unmut
mancher Patientinnen verstehen, dass bei der Geburt mindestens zehn in
Ausbildung befindliche Personen zuschauen und sie sich von einigen auch reihenweise
untersuchen lassen müssen.
Hulda
arbeitet in Schichten und engagiert sich ebenso wie ihre Kolleginnen. Sie ist
stolz darüber, in ihrem Beruf wichtige Arbeit zu verrichten und Leben retten zu
können. Ihre Liebe zu dem Kommissar Karl North ist deutlich abgekühlt, was
nicht nur daran liegt, dass sie aufgrund ihres Schichtdienstes weniger
gemeinsame Zeit füreinander finden. Die Stimmung in der Klinik ist angespannt, was
auch durch den Konkurrenzkampf der beiden Oberärzte um eine Professur an der
Universität verstärkt wird. Hulda fallen einige Merkwürdigkeiten im
Zusammenhang mit der Behandlung einiger Patientinnen auf bei denen es zu
Todesfällen kam. Sie schweigt nicht und hinterfragt, so dass sie plötzlich den
Ambitionen von jemandem im Weg steht.
Auch einige
andere Figuren, die aus den ersten beiden Bänden bekannt sind, entwickeln sich
weiter. Karl wird beispielsweise klar, dass seine Ausbildung anders als bei
anderen Waisen besonders gefordert wird und er beschließt, dem Geheimnis auf
die Spur zu kommen. Der Kioskbesitzer Bert hat sich verliebt und Huldas
Zimmerwirtin erhält Besuch. Anne Stern führt Hulda im privaten Bereich in neue
Kreise ein und vergisst auch nicht eine Portion Zeitgeschehen in die Handlung
einfließen zu lassen. Obwohl Hulda nicht
religiös ist, wird sie dennoch zunehmend damit konfrontiert, dass der
Antisemitismus im Deutschland der damaligen Zeit beginnt, sich zu entwickeln.
Im Anhang befindet sich eine Leseprobe vom vierten Band der Serie, der im
November 2021 erscheinen wird.
Der dritte
Band der Romanreihe um die Hebamme Fräulein Gold von Anne Stern ist von der
Atmosphäre her etwas heller gestaltet als die ersten beiden Bände und auch
Hulda wirkt trotz des anstrengenden Klinikalltags hoffnungsvoller. Die Autorin
schafft wie immer ein vorstellbares Zeitgeschehen mit Figuren, die realistisch
handeln. Auch diesen Serienteil empfehle ich gerne weiter und freue mich auf den
nächsten Band.