Titel: Das Nest
Autorin: Katrine Engberg
Erscheinungsdatum: 28.07.2021
Verlag: Diogenes (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783257071733
Das Buch „Das Nest“ der Dänin Katrine
Engberg ist der vierte Band der Reihe, in der das Team der Ermittler Jeppe
Körner und Anette Werner von der Kopenhagener Polizei im Mittelpunkt steht. Es
kann problemlos ohne Vorkenntnisse der ersten Teile gelesen werden. Entsprechend
dem Titel thematisiert die Autorin die Beziehung von Eltern zu ihren Kindern
und ihre Art und Weise ihnen nach eigener Vorstellung eine schöne Kindheit zu
bereiten. Die abgebildeten Kapseln eines Medikaments auf dem Cover spielen nur
eine untergeordnete Rolle bei den Ermittlungen, aber ihre planlose Anordnung
verrät, dass die Aufklärung des aktuell vorliegenden Falls nicht einfach ist
und die zusammengetragenen Erkenntnisse in eine Ordnung und einen Zusammenhang
gebracht werden müssen.
Anette arbeitet nach ihrer Erziehungszeit
wieder im Polizeidienst. Inzwischen spielt Körner mit dem Gedanken zu seiner
Freundin und Kollegin Sara Saidani und ihren beiden Kindern zu ziehen. Das Team
der beiden wird damit beauftragt, den 15 Jahre alten Oscar zu suchen.
Vielleicht ist er nur von zu Hause verschwunden, aber seine Eltern, die in
Kopenhagen zu den bekannteren Bewohnern gehören, haben einen kryptischen Brief
vorgefunden. Einige Jahre vorher sind sie schon einmal bedroht worden und daher
glauben sie an ein Verbrechen. Doch es trifft keine Lösegeldforderung oder
sonst eine weitere Information ein. Zwei Tage später wird in der modernen
Müllverbrennungsanlage von Kopenhagen eine Leiche gefunden, die eventuell Oscar
sein könnte.
Die Zusammenarbeit von Anette und Jeppe
funktioniert wieder reibungslos wie vor Anettes Erziehungszeit. Beide wissen um
die Stärken und Schwächen des anderen. Es bedarf kaum einer Überlegung ob es
angebracht ist, gemeinsam einen Einsatz zu fahren oder ob es besser ist, dass
jeder ein loses Ende der Ergebnisse allein nachverfolgen sollte. Auch Esther de
Laurenti, eine alte Freundin Jeppes, trägt wieder einen Teil zu den
Ermittlungen bei. Bei allen diesen inzwischen liebgewonnenen Figuren konnte ich
wieder an deren Privatleben teilhaben, welches einen größeren Anteil des Romans
ausmacht. Jeder Protagonist hat seine ganz eigenen Sorgen, zu denen es nicht
immer eine gefühlt positive Lösung gibt. Anette hat erfreulicherweise ihre
gesundheitlichen Probleme in den Griff bekommen und überzeugt durch ihr agiles
Handeln.
Der vorliegende Fall und die Ermittlungen verlaufen
ruhiger als in den ersten drei Teilen der Serie, weswegen das Buch nicht als Thriller,
sondern als Spannungsroman bezeichnet ist. Katrine Engberg setzt manche falsche
Fährte und unerwartete Wendungen. Trotz der ungewöhnlichen Positionierung einer
Leiche in der Müllverbrennungsanlage bleiben die Handlungen der einzelnen
Personen jederzeit nachvollziehbar und realistisch. Aufgedeckte Details führen
zu einer zunehmenden Verästelung der losen Fäden, was das Team der
Polizeistation vor Rätsel stellt, welche Spuren mit dem Verschwinden Oscars
zusammenhängen. Die Autorin brachte mich als Leserin zu ungewöhnlichen Orten in
Kopenhagen und der Umgebung. Das Thema der zeitgemäßen Erziehung von Kindern
bildet den Hintergrund der Erzählung, das feinfühlig und mit Respekt
beschrieben wird. In diesem Zusammenhang scheut Katrine Engberg sich nicht auch
krankhafte Neigungen mit einzubauen.
Obwohl die
Handlung des Romans „Das Nest“ im Vergleich zu den ersten drei Bänden der Serie
rund um das Ermittlungsteam von Jeppe Körner und Anette Werner beschaulicher
ist, baut Katrine Engberg Spannung auf, die bis zum Schluss anhält. Die
Geschichte fällt durch Details zu den mit Sorgfalt gestalteten Figuren und bekannten
und eher unbekannten Orten Kopenhagens auf. Gerne empfehle ich das Buch weiter.