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Freitag, 27. August 2021

Rezension: Der Mauersegler von Jasmin Schreiber

 

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Der Mauersegler
Autorin: Jasmin Schreiber
Hardcover: 240 Seiten
Erschienen am 27. August 2021
Verlag: eichborn

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Prometheus ist mit seiner schwarzen Arztkutsche auf dem Weg nach Norden. Wo er hinwill? Was er da tun will? Darauf hat er keine Antwort, denn in ihm tobt ein umfassendes Gedanken- und Gefühlschaos. Trauer und Schuld dominieren, und so wird er nach seinem misslungenen Versuch, ins dänische Meer zu fahren, von einer alten Frau und ihrem Pony gefunden. Diese stellt sich als Aslaug vor, die zusammen mit ihrer Frau Helle sein Auto abschleppt. Die beiden besitzen einen Pferdehof und bieten ihm ein freies Zimmer an. Vor Pferden hat Prometheus Angst, dennoch bleibt er erst einmal bei ihnen und schaut, was diese Auszeit mit ihm macht.

Als Leserin wurde ich zu Beginn des Romans mitten hineingeworfen in den emotionalen Sturm, der in Prometheus innerem tobt. Ungefiltert strömten seine Gedanken und Gefühle auf mich ein. Ich fragte mich, was wohl geschehen ist, um solch eine Reaktion auszulösen.

In den folgenden Kapiteln gibt es immer wieder Rückblicke, die schrittweise erklären, was in der Vergangenheit geschehen ist. Ich lernte Prometheus und seinen besten Freund Jakob als Kinder kennen, die unzertrennbar waren und gemeinsam so einiges erlebt haben. Auf einer weiteren Zeitebene erfährt Prometheus, dass Jakob an Krebs erkrankt ist. Jakobs Überlegungen, wie er sich behandeln lassen möchte, stürzen Prometheus in ein Dilemma.

Immer wieder wird der Mauersegler als Motiv aufgegriffen, denn Jakob war begeistert von Vögeln und dank ihm weiß Prometheus so einiges über diese Vogelart. Sie verbringen den Großteil ihres Lebens in der Luft. Wenn ein geschwächter Mauersegler landet, dann kommt er oft nicht mehr allein die die Luft. Genau so fühlt sich Prometheus, während der Zeit, die er auf Aslaugs und Helles Hof verbringt.

Auf allen Zeitebenen ist Sterben und Tod immer wieder ein Gesprächsthema. Einfühlsam wird erzählt, welche Gedanken sich Prometheus und Jakob dazu gemacht haben. Für mich war es eine berührende, oftmals auch bedrückende Lektüre. Der Autorin gelingt es, mit ihrem Worten starke Bilder zu schaffen, die nachwirken.

In der Gegenwart gibt es kleine Momente der Ruhe und des Innehaltens, die ich am liebsten festhalten wollte, in den Rückblenden auch Phasen der Unbeschwertheit. Im Vergleich zum Debütroman der Autorin erlebte ich die Geschichte aber als weniger skurril und deutlich ernster. Insbesondere beim Thema des Umgangs mit der Schuld werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, die mich ins Nachdenken brachten.

„Der Mauersegler“ ist ein Roman über Freundschaft, Trauer und Schuld. Jasmin Schreibers Worte sind poetisch und berührend. Sie lenkt den Blick gelungen auf Details und ließ mich die Emotionen der Charaktere ungefiltert spüren. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter!