Die Schwestern Helen und Edith Calder sind auf einer Farm in Minnesota aufgewachsen und haben seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr miteinander geredet. Helen hat das gesamte Erbe der Eltern in die Familienbrauerei ihres Mannes gesteckt und diese über die Jahre zu einer der erfolgreichsten Marken des Bundesstaates aufgebaut, ohne ihre ältere Schwester je auszuzahlen. Deren Pies haben es zu überraschender Berühmtheit gebracht, doch sie wird so schlecht bezahlt, dass sie keinerlei Rücklagen für die Rente hat. Nicht einmal die laufenden Rechnungen könnte sie alle zahlen, wenn ihre Enkelin Diana diese nicht heimlich abfangen und sich darum kümmern würde. Dazu ist die Schülerin jedoch auch nur der Lage, weil sie regelmäßige Garagendiebstähle betreibt. Als sie eines Tages erwischt wird, denkt sich der Geschädigte eine ungewöhnliche Strafe aus. Durch diese entsteht eine Parallele zu Helens Lebensweg, ohne dass sie etwas von ihrer Verwandtschaft ahnen würde...
Nachdem mich das Buch „Die Geheimnisse der Küche des mittleren Westens“ von J. Ryan Stadal erst kürzlich begeistern konnte, freute ich mich darauf, vom Autor erneut mit auf die Reise genommen zu werden. Zu Beginn des Buches lernte ich Edith im Jahr 2003 als fleißige und bescheidene Frau kennen. Der Rummel um ihren berühmten Pie ist ihr fast schon ein wenig unangenehm und finanziell profitieren tut davon vor allem ihr Vorgesetzter. Mit ihrer Schwester Helen hat sie zu diesem Zeitpunkt seit Jahrzehnten kein Wort mehr gewechselt.
Um Helen kennenzulernen, reiste ich deutlich weiter zurück in die Vergangenheit, nämlich ins Jahr 1959. Dort entdeckt sie mit fünfzehn Jahren, dass sie den Geschmack von Bier liebt. Ein Skandal für ein Mädchen ihres Alters! Mit Beharrlichkeit und Ehrgeiz sucht sie sich über die Jahre ihren Weg. Ihr Verhalten steht in deutlichem Kontrast zu dem ihrer Schwester. Meine liebste Figur aber war Diana, Ediths Enkelin. Sie ist hochintelligent und denkt dennoch nicht über ein College-Studium nach, denn sie und ihre Großmutter könnten schon jetzt die Rechnungen nicht zahlen, wenn sie nicht klauen und ihr Diebesgut verkaufen lassen würde.
Das Buch nahm sich Zeit, um mich mit den Figuren bekannt zu machen. Ich erhielt Puzzlestücke aus verschiedenen Jahrzehnten, die allmählich ein gesamtes Bild der Familiengeschichte ergeben. Es ist eine dieser Geschichten, die umso mehr Spaß machen, je weniger man im Vorfeld weiß. Der Klappentext verrät meiner Meinung nach schon zu viel und auch ich habe gegrübelt, wie viel ich in der Rezension verraten soll. Ich fand es schön, mich überraschen zu lassen, welche ungewöhnlichen Wendungen die Geschichte nimmt und welche ungeahnten Zusammenhänge plötzlich entstehen.
„Die Bierkönigin von Minnesota“ ist eine Geschichte über Familie, Zusammenhalt und - vor allem in der zweiten Buchhälfte - die Begeisterung fürs Bierbrauen. Diese wird von J. Ryan Stradal mit viel Herz erzählt. Ich konnte mich gut in die Figuren hineinversetzen, ärgerte mich über Ungerechtigkeiten, freute mich über Erfolge und war bis zum gelungenen Abschluss mit großer Neugier, was das Leben für die Charaktere bereithält, dabei.