Rezension von Ingrid Eßer
Im Roman „Auf und mehr davon“ von Lisa Keil reiste ich zum
dritten Mal in das fiktive ländliche Neuberg, das irgendwo zwischen Lüdenscheid
und Soest angesiedelt ist. Zum Lesen benötigt man keine Kenntnis der ersten
beiden Bücher der Serie, die ebenfalls in dem kleinen Ort spielen. In jedem Teil
stehen zwei verschiedene Figuren im Mittelpunkt, die jeweils im Wechsel aus der
Ich-Perspektive heraus erzählen. Diesmal sind es die 21 Jahre alte Milena, von
allen Milli genannt, und ihre 38-jährige Mutter Cordula, also Nichte und
Schwester von Kaya, die im ersten Band im Fokus stand.
Milli geht nach bestandenem Physikum neben ihrem Studium einem
Praktikum in einer Klinik für Wiederkäuer nach. Für sie ist es bequemer, dass
ihr von der Klinik angebotene Zimmer zu nutzen und für ihre Vorlesungen zur
Universität zu fahren. Die Wohnung mit zwei Zimmern, Bad und Küche teilt sie
sich mit einem Praktikanten aus Frankreich. Währenddessen wird das Forschungsprojekt
gecancelt mit dem Cordula in der letzten Zeit beschäftigt war. Der Dozentin für
chemische Biologie wird empfohlen, erstmal eine Auszeit zu nehmen. Cordula
kommt auf die Idee, Millis Studentenzimmer zu nutzen. Sie schreibt sich als
Gasthörerin ein. Beiden Frauen begegnet überraschend die Liebe, die ihre Zukunftsplanungen
umwirft.
Die Hauptfiguren sind zwar Mutter und Tochter, doch ihr
Charakter ist von Gegensätzen geprägt Cordula wurde bereits mit 16 Jahren
Mutter. Die die eher introvertierte Persönlichkeit hat es dennoch mit
familiärer Hilfe geschafft, sich als Alleinerziehende eine wissenschaftliche
Karriere aufzubauen. Dabei hat sie nach der großen Enttäuschung mit dem Vater
von Milli nie mehr eine feste Beziehung aufgebaut. Im kleinen Ort Neuberg hat Cordula
sich nie wohlgefühlt, weil hier jeder alles von jedem kennt und nicht mit guten
Ratschlägen gespart wird. Milli dagegen liebt Neuberg und fühlt sich bei ihrer
Tante Kaya und deren Familie wie zu Hause. Im nahen Stall warten die Ponys und
ihr Ochse auf sie, bei deren Pflege sie gerne mithilft. Das Verhältnis von
Cordula zu Milli ist eigentlich eher unkompliziert, aber manchmal durch alltägliche
Sorgen auch komplizierter.
Was ich besonders am Schreibstil von Lisa Keil mag, ist die
Darstellung von realistischen Szenarien im ländlichen Bereich. Durch ihr Fachwissen
auf dem Gebiet der Tiermedizin gestaltet sie das Umfeld von Milli nachvollziehbar,
ihre Figuren handeln authentisch. Natürlich darf es an reichlichen
Verwicklungen nicht fehlen. Es gelingt der Autorin auch dramatische Situationen
gekonnt aufzuheitern, ohne kitschig zu werden. Das studentische und das klinische
Umfeld bieten einige neue liebevoll kreierte und wandelbare Personen. Mit viel Gespür
für ihre Figuren beschreibt die Autorin die zwischenmenschlichen Beziehungen. Im
Laufe der Zeit erfuhr ich mehr aus der Vergangenheit von Cordula, die bis nach
Frankreich führt und schließlich wird sogar das Geheimnis um Millis Vater
gelüftet.
Die romantische Liebeskomödie mit Herz und Verstand „Auf und
mehr davon“ von Lisa Keil bringt vom Titel her mit, was denkbar möglich wäre,
weil ich als Leserin die Figuren sympathisch finde und den Schreibstil der
Autorin schätze. Darum vergebe ich gerne eine Leseempfehlung und könnte mir eine
weitere Geschichte im Umfeld der Schwestern Kaya und Cordula gut vorstellen