Titel: Meine Freundin Lotte
Autorin: Anne Stern
Erscheinungsdatum: 17.08.2021
Wer Anne Sterns Romane rund um die Hebamme Hulda Gold kennt,
erlebt die Autorin im Roman „Meine Freundin Lotte“ von einer ganz anderen
Seite. Titelgebend und Protagonistin des Buchs ist die Malerin Lotte
Laserstein, geboren 1898. Die Geschichte beginnt im Jahr 1961, als die
Protagonistin ihre Freundin Gertrud Rose, genannt Traute und deren Ehemann
Erich als Gäste in ihrer neuen Heimat Kalmar zu Besuch in Schweden hat. Im
Wechsel übernehmen Lotte und Traute die Erzählperspektive in der Ich-Form. Doch
nicht nur das aktuelle Miteinander, sondern vor allem ihre langjährige
Freundschaft und die gemeinsamen Jahre in Berlin sind Gegenstand der Erzählung.
Die Freundinnen lernten sich im Winter 1924 bei der Ausgabe
kostenloser Suppe an Bedürftige kennen. In Traute fand Lotte das perfekte
Modell für ihre Malerei. Sie ist eine der wenigen Frauen, die damals bereits an
der Kunstakademie Berlins studieren können. Da das Einkommen in Lottes Familie
gering ist, unterrichtet sie und verkauft einige ihrer Bilder. Es entwickelt
sich eine vertrauensvolle Beziehung zwischen der Malerin und Traute, die als
Fotografin ihre eigenen Wege geht und mit Erich schon als junge Frau einen
Partner zur Seite hat. Während Lotte stur ihrer malerischen Leidenschaft
nachgeht und sich dennoch gerne mal fröhlich und ausgelassen ins Getümmel
stürzt, ist die herbe Schönheit Traute die einfühlsamere von beiden, die in unangenehmen
Situationen zu klären versteht.
In Kalmar kommt es immer wieder zu misslichen
Auseinandersetzungen bei denen Vieles unausgesprochen bleibt zwischen den Frauen.
Bis dato bedauert Traute, dass Lotte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder
nach Deutschland zurückgekehrt ist. Als Jüdin hat die Malerin 1937 eine
Möglichkeit gefunden nach Schweden zu emigrieren und für einige Zeit verloren
die beiden den Kontakt zueinander. Doch auch kleine Geheimnisse und verborgene
Gefühle liegen in der Luft. Anne Stern schreibt auf eine ruhige Art über die besondere
Beziehung der Freundinnen, wobei auch die Kunst von Lotte in ihrer Berliner
Zeit nicht zu kurz kommt. Anhand der von Anne Stern vorgenommenen, teil
poetischen Beschreibung entstehen die Bilder vorstellbar im Kopf und forderten
mich dazu heraus, im Internet nach Abbildungen zu suchen.
„Meine Freundin Lotte“ von Anne Stern ist das feinsinnige
Porträt zweier Künstlerinnen, Lotte Laserstein und ihrer Freundin Traute, über
viele Jahre hinweg, die über ihre Arbeit miteinander verbunden waren und deren
Zuneigung dabei zunahm. Die Autorin lässt dabei beide Frauen ihre Gedanken und
Gefühle mit dem Leser und der Leserin teilen. Gerne empfehle ich den Roman denen
weiter, die sich für Biografien historischer Personen interessieren.