Vera ist die Chefin des Stübchens, einer Kneipe im rheinischen Villrath, die seine besten Tage ebenso wie der ganze Ort hinter sich hat. Einst kamen die Touristen in Scharen in den Kurort mit der Heilquelle. Bis in einer verhängnisvollen Nacht im Jahr 2001 durch ein Erdbeben das Wasser verschwand und trotz zahlreicher Versuche nicht wiedergefunden wurde. Die Touristen blieben aus, viele zogen weg, der Ort verfiel. Jetzt sitzen im Stübchen nur noch die Stammgäste.
Große Aufregung entsteht, als verkündet wird, dass bei einer Sprengung der Bahn für die neue Güterzugtrasse Wasser ausgetreten ist. Mit erhöhtem Mineraliengehalt - das Heilwasser! Vera ist sich sicher: Jetzt geht es bergauf! Als letzte Villrather Nixe, die ihren repräsentativen Status nur acht Wochen auskosten konnte, steht sie bereit, um den Ort in die Zukunft zu führen. Ihr Sohn Johannes interessiert sich vor allem dafür, wie er sich seinen Motorradführerschein finanzieren kann. Und Stammgast und Ordnungshüter Kamps macht sich vor allem Sorgen um seine Sicherheit, denn die Plünderungen in seinem Viertel nehmen zu.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Vera, Johannes und Kamps erzählt, drei Charakteren aus verschiedenen Generationen, die Villrath ihre Heimat nennen. Vera hat das Stübchen von ihrer Mutter übernommen und ist selbst eine ihrer besten Kundinnen. Mit Ach und Krach kann sie ihre Rechnungen zahlen, doch ein Motorradführerschein für ihren Sohn Johannes ist nicht drin. Für den Außenseiter ist der Führerschein zusammen mit einem Motorrad jedoch der größte Traum. Bislang besitzt er nur eine Bikerjacke und liest jeden Monat die Motorradzeitschrift. Ein Job im Supermarkt soll helfen, das nötige Geld anzusparen. Dann wird er jedoch von Harry angesprochen, einem Schrottsammler, der ihm ein deutlich besseres Gehalt verspricht.
Ich war gespannt, wie sich die Wiederentdeckung des Heilwassers auf die Villrather Bevölkerung ausüben wird. Auf die erste Euphorie folgt Ernüchterung, denn um die Quelle nutzbar zu machen, müsste sich Villrath finanziell an einem Umweg für die Bahntrasse beteiligen. Während die Investorensuche beginnt, schmieden viele schon fleißig Pläne für die glänzende Zukunft. Die Charaktere haben ihre Ecken und Kanten und sind alle nicht so richtig sympathisch. Das Erlebte hat seine Spuren bei ihnen hinterlassen. Mal schmunzelnd, mal kopfschüttelnd begleitete ich sie auf ihrem Weg. Sie alle haben ein Ziel, für das sie zu kämpfen bereit sind und dessen Erreichung sie auf ihre eigene, unkonventionelle Art angehen.
Janine Adomeit erzählt von einer abgehängten Dorfbevölkerung und großen Träumen. Dabei steht das Schicksal der Erzählenden im Mittelpunkt der Geschichte. Janine Adomeit ließ mich intensiv an den deren Gedanken und Gefühlen teilhaben. An einigen Stellen hätte ich mir noch mehr Schwung gewünscht, vor allem die Abschnitte aus Kamps’ Sicht zogen sich für mich hin. Auch wenn ich ahnte, in welche grobe Richtung sich der Plot entwickelt, konnten mich die Charaktere zum Ende hin mit ihren Entscheidungen überraschen. „Vom Versuch, einen silbernen Aal zu fangen“ ist eine Tragik-Komödie rund um den Versuch, ein Dorf wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen, die mich erheitern und gleichzeitig nachdenklich stimmen konnte.