Allegra Bird lebt in Dublin und arbeitet dort als Überwacherin des ruhenden Verkehrs. Sie sieht sich dabei als eine Art Hilfspolizistin, nachdem sie ihren ursprünglichen Plan von einem Job bei der Polizei nicht verwirklichen konnte. Ein Dorn im Auge ist ihr ein gelber Ferrari, dem sie jeden Tag einen Parkzettel ausstellt - bis der Besitzer sie wütend zur Rede stellt. Er wirft er ihr an den Kopf, dass jeder Mensch eine Mischung aus den fünf Menschen ist, mit denen er oder sie am meisten Zeit verbringt und diese in ihrem Fall offenbar alle Versager sind. Allegra ist tief gekränkt und kommt gleichzeitig ins Grübeln, wer ihre fünf Personen überhaupt sind. Wen kann sie seit ihrem Umzug nach Dublin noch dazu zählen? Und wen hätte sie gern als Teil der fünf?
Im ersten Kapitel erklärte Allegra mir als Leserin, woher sie ihren Spitznamen „Freckles“, also Sommersprosse, hat. Während ihrer Schulzeit auf einem Internat hat sie die Sommersprossen auf ihren Armen zu Sternbildern verbunden. Erst mit Tinte, als man ihr diese wegnahm mit spitzen und scharfen Gegenständen. Inzwischen ist sie vierundzwanzig Jahre alt und trägt die Narben jener Zeit für immer auf der Haut.
Ihr Leben in Dublin ist geprägt von Routine. Ihr Wecker klingelt jeden Werktag zur selben Zeit, sie kauft beim selben Bäcker eine Waffel zum Frühstück, läuft ihr Gebiet ab und isst auf derselben Bank ihr Mittagessen. Doch nach der Begegnung mit dem Fahrer des gelben Ferraris ist alles aus dem Takt und seine Worte lassen sie nicht mehr los. Wen kann sie zu ihren fünf Personen zählen außer ihrem Vater, einem Musikprofessor, der auf Valentia Island wohnt? Ihre Mutter hat sie nie kennengelernt und zu ihren alten Freunden hat sie nur noch wenig Kontakt. In Dublin hat sie sich zur Einzelgängerin entwickelt.
Immer wieder zeigt sich, dass Allegra sich mit sozialen Situationen schwer tut und beispielsweise ihr Gegenüber falsch interpretiert. Sie tat mir manchmal schon ein wenig Leid und ich hoffte mit, dass es ihr gelingt herauszufinden, wer „ihre“ fünf Menschen sind. Die Antwort darauf war für mich vorhersehbar, doch es war schön, sie auf ihrem Weg zur Erkenntnis zu begleiten. Das Tempo ist sehr ruhig und kommt nur langsam in Schwung. Irritiert hat mich Allegras relativ sorgloser Umgang mit Drogen, da sie es für eine Frau, die gerne Polizistin geworden wäre, eigentlich besser wissen sollte.
„Sommersprossen“ ist eine Geschichte über Familie, Freundschaft und Liebe, in deren Zentrum die Verkehrsüberwacherin Allegra Bird steht. Mich konnte der Roman vor allem mit seinen Überlegungen zu der Aussage, dass man die Mischung aus den fünf Personen ist, mit denen man am meisten Zeit verbringt, nachdenklich stimmen. Dieser Roman ist für alle, die dieser Frage ebenfalls auf den Grund gehen und Allegra auf ihrem Weg zur Antwort begleiten wollen.