Titel: Polizeiärztin Magda Fuchs Das Leben ein großer Rausch
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783423220033
Der Roman „Das Leben, ein großer Rausch“ von Helene
Sommerfeld ist der zweite Teil der Trilogie „Polizeiärztin Magda Fuchs“. Es ist
das Jahr 1922. Die 31 Jahre alte Magda lebt inzwischen seit zwei Jahren in
Berlin. Sie hat die gynäkologische Praxis des verstorbenen Ehemanns ihrer
Pensionswirtin übernommen. Allerdings muss sie die Sprechstunden stark
beschränken, weil ihr auch noch ihrer Tätigkeit als Polizeiärztin beim
Gesundheitsamt nachgeht
Eines Tages wird die ebenfalls in der Pension eingemietete
Doris, die eine Karriere als Schauspielerin anstrebt, im Gewühle des
Silvesterballs, von einem Messer schwer verletzt. Magdas Freund Kuno und seine
Kollegen vom Kommissariat übernehmen die Ermittlungen und schnell stellt sich
heraus, dass der Angriff leider kein Einzelfall war. Unterdessen intensiviert
sich das Verhältnis von Celia, der Tochter der Pensionswirtin, zu ihrem
betuchten Galan Edgar. Wie in Band eins konnte ich neben den vertrauten Figuren
Magda, Doris und Celia ebenfalls über die in der Pension lebende Journalistin
Erika, die manchmal eng mit Magda arbeitende Fürsorgerin Ina und die Anwältin
Ruth lesen.
Anhand der Schicksale ihrer Figuren zeigt das Berliner
Autorenehepaar Licht und Schattenseiten in der Hauptstadt zu Beginn der 1920er
Jahre. Einige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg freuen sich die Berliner, die es
sich leisten können, über Theateraufführungen, Kinofilme und Besuche in
Etablissements mit Musik und Tanz. Das Leben erscheint nach den
entbehrungsreichen Jahren wie ein Rausch, den es zu genießen gilt. Vor allem
Celia und Doris machen gerne davon Gebrauch, wobei sie dabei unterschiedliche
Ziele verfolgen. Doris sucht bei den Gelegenheiten nach einem passenden
Ehemann, während es für Celia ein Ausdruck ihrer Selbstständigkeit ist.
Überhaupt hadert sie mit ihrer Beziehung zu Edgar, der gelegentlich eine
schlechte Seite an ihm zeigt. Außerdem möchte sie sich keineswegs erneut in
eine Ehe begeben, in der sie nur den Anweisungen ihres Manns zu folgen hat.
Neben dem damals allgemeinen Streben der Frauen nach
Gleichberechtigung nimmt das Thema Verhütung im Roman großen Platz ein. Eine
Aufklärung der Frauen ist nur in engem Rahmen möglich, weil man ansonsten gegen
das Gesetz verstößt. Magda setzt sich vehement gegen Abtreibung ein. Mit ihrer
Pensionswirtin, die ihr die Akten in der Praxis führt, gerät sie dabei in
Streit. Helene Sommerfeld beleuchtet anhand mehrerer Schicksale verschiedene
Seiten des Problems und sorgt jedes Mal bei Magda für eine Auseinandersetzung
mit ihrem Gewissen. Es zeigt sich, dass ungewollte Schwangerschaften sowohl bei
reichen wie auch armen Familien eine große Sorge sind, wenn auch aus
unterschiedlichen Gründen. Die zunehmende Geldentwertung führt zu immer
größerer Armut in der Bevölkerung. Magdas Praxis steht dadurch auf dem Spiel,
denn die Kosten sind hoch.
Im Roman „Das Leben, ein großer Rausch“ gelingt es dem
Autorenehepaar unter dem Pseudonym Helene Sommerfeld erneut, das Leben in
Berlin zu Beginn der 1920er lebendig werden zu lassen. Die Protagonistinnen,
die in unterschiedlichen Arbeitsgebieten tätig sind, verfolgen mit
Selbstbewusstsein ihre Ziele und überraschen manchmal mit ihren Entscheidungen.
Auch der vorliegende zweite Band endet wie der erste mit einem Cliffhanger und
macht neugierig auf den abschließenden Teil. Ich fühlte mich von der Geschichte
bestens unterhalten und empfehle das Buch daher gerne an Lesende historischer
Erzählungen.