Rezension von Ingrid Eßer
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Die Geschichte spielt in der brisanten Zeit von 1914 bis 1918. Der Sohn des
Hauses, Carl Seidel, hat sich inzwischen eine Produktionsstätte für Senf in der
Stadt aufgebaut. Seine Verlobte Emma hat ihr Wirtschaftsstudium abgeschlossen
und möchte ihr Können in seinem Unternehmen einsetzen. Eine prachtvolle
Hochzeit der beiden ist geplant. Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus, was in
Metz, das von den Deutschen seit vielen Jahren annektiert ist, sofort zu einer gesellschaftspolitisch
angespannten Situation führt.
Emma hat sich ganz von ihren Eltern gelöst, die für sie ein Leben an der
Seite eines gutsituierten Ehemanns vorgesehen hatten. Gerne würde sie noch selbstbewusster
durchs Leben gehen, aber die Autorin zeigt ihre innere Zerrissenheit. Es ist
nicht leicht sich selbst treu zu bleiben, wenn man vom Umfeld nur in der
klassischen Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter gesehen wird. Außerdem trägt
der Krieg mit den vielen Heeresangehörigen, die in die Stadt gespült werden, seinen
Anteil daran, dass man gelegentlich mit einer gewissen Begierde von Männern in
der Öffentlichkeit angesehen wird.
Ihr Verhältnis zu Carl, seinen Eltern und seiner Schwester ist ebenfalls von
Spannungen gekennzeichnet. Es fällt Emma schwer loszulassen und sich in die
Familie Seidel zu integrieren, obwohl ihre zukünftigen Schwiegereltern sie mit
offenen Armen empfangen. Mit Carls Schwester Louise und deren Mann Antoine
verbindet sie eine mit Problemen belastete Vergangenheit, die im ersten Teil
der Serie dargestellt wurde.
Im vorliegenden Band beschreibt Clara Langenbach die Schwierigkeiten, mit
denen Emma, ihre Freunde und ihre zukünftige Schwiegerfamilie während des
Kriegs zu kämpfen haben. Obwohl sie zu denjenigen gehören, die über ausreichend
Geldmittel verfügen, haben sie mit der Rationierung von Lebensmitteln und der
Beschlagname kriegswichtiger Materialien zu kämpfen.
Mit Metz hat die Autorin sich einen interessanten Handlungsort ausgesucht,
denn die in Lothringen liegende Stadt bildete den wichtigsten Vorposten des Deutschen
Reichs im Westen. Die politischen Fakten bindet sie gekonnt in die Geschichte
ein. Für Carls Unternehmen wird das Militär zu einer tragenden Säule, denn die
bisherigen guten Beziehungen mit französischen Handelspartnern werden verboten.
Auch diesmal wieder bildet die wahre Geschichte von Otto und Frieda
Frenzel, die mit ihrer Senfproduktion in Düsseldorf die Marke „Löwensenf“ etabliert
haben, den Hintergrund der Ereignisse, die Clara Langenbach zugunsten eines
noch mitreißenderen Hergangs des Geschehens fiktionalisiert hat. Die Figuren
handeln in diesem Setting realistisch und vorstellbar. Eine Stärke des Romans
ist es, dass jede von ihnen sich weiterentwickelt und ihr Denken und Handeln
anpasst, nachdem die entsprechende Charaktere sich gefühlsmäßig mit der
bestehenden Situation auseinandergesetzt hat. Ich habe den ersten Band gelesen
und denke, dass die Vorkenntnisse daraus zwar nicht dringend erforderlich sind,
aber das Lesevergnügen steigern können.
Der Roman „Wege des Schicksals“ von Clara Langenbach beschreibt die von den
Kriegsereignissen der 1920er Jahre in der lothringischen Stadt Metz bestimmte
Geschichte der Familie Seidel und ihrer zukünftigen Schwiegertochter Emma
Bergmann. Es ist eine Erzählung von Liebe, Hass, Verlust, Verrat und voller
Hoffnung. In den schwierigen Zeiten stehen die Familienangehörigen füreinander
ein, obwohl sie sich bemühen ihre Selbstbestimmtheit nicht zu verlieren.
Insgesamt finde ich diesen zweiten Teil der Senfblütensaga etwas stärker und
noch berührender als den ersten. Daher freue ich mich schon auf den
abschließenden Band und empfehle das Buch gerne weiter.