Titel: Das gekaufte Leben
Autor: Tobias Sommer
Verlag: dtv (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783423289979
Der Roman „Das gekaufte Leben“ von Tobias Sommer beschäftigt
den Lesenden mit der Frage, ob es möglich ist, sich nicht nur das Haus einer
anderen Person zu kaufen, sondern auch deren Arbeitsstelle anzutreten und deren
Platz unter Freunden und im Vereinsgeschehen einzunehmen. Sein Protagonist
Clemens Freitag ist Mitte 30, lebt in Berlin und hat bisher wenig Erfolg im
Leben gehabt. Seine Eltern sind vor zwanzig Jahren verstorben. Ihr Erbe hat er
bisher nicht angetastet. Als auf einer Verkaufsplattform der ihm völlig
unbekannte Götz Dammwald sein Leben anbietet, ergreift er die Möglichkeit und
ersteigert es sich. Es steht ihm nichts im Weg, das ihn aufhalten könnte, innerhalb
weniger Tage in einem kleinen Ort im Osten Deutschlands in das Leben des
Anbieters zu schlüpfen.
Freitag ist selbst überrascht wie gut und schnell er sich in
seine neue Umgebung einlebt. Von allen Seiten wird er herzlich aufgenommen und
erfährt fast nur Gutes über Dammwald, was ihn zum Grübeln über die Tatsache
führt, dass dieser sein Leben im Ort aufgegeben hat. Es warfen sich dadurch
einige Fragen auf: Welche Faktoren müssen gegeben sein, damit man gerne dort
lebt, wo man sich niedergelassen hat. Was führt dazu, dass man woanders wohnen
möchte oder sogar wer anders sein will?
Immer tiefer lässt der Autor seine Hauptfigur in das soziale
Gefüge des Orts eindringen. Mit jeder Situation nimmt Freitag mehr von den
Stimmungen auf, dadurch dass er auf Hinweisen in den Gesprächen mit seinen
Mitmenschen achtet. Er beginnt diese auf veschiedene Weise auszulegen. Langsam erhält
die glatte Oberfläche des gesellschaftlichen Zusammenhalts erste Risse. Es kommt
zu einigen schauerlichen Situationen, die Tobias Sommer authentisch vorstellbar
beschreibt.
Während er noch an dem Augenscheinlichen zweifelt und durch
gewisse Begebenheiten aufgewühlt nach dem Grund für den Verkauf durch Dammwald
sucht, wird Freitag von den guten Zusprüchen aus seinem Umfeld auf eine lange
vermisste emotionale Höhe gehoben. Ich fand es interessant zu verfolgen, welche
Gefühle bei ihm die Oberhand gewinnen und ob er im übernommenen Leben sich
dauerhaft zurechtfindet, denn in den letzten Jahren hat Freitag es nicht
geschafft über seinen Schatten zu springen. Immer noch bemitleidet er sich
selbst aufgrund des frühen Verlusts seiner Eltern, was ihn bisher auf gewisse
Weise ausgebremst hat. Unterschwellig spürte ich eine subtil aufgebaute
Spannung.
Tobias Sommers Roman „Das gekaufte Leben“ basiert auf einer Idee auf, die nicht nur real denkbar ist, sondern die von ihm auch so schon zur Kenntnis genommen wurde. Der Autor bezieht etwaige Probleme und Chancen in seine Erzählung mit ein. Dank seiner Fähigkeit, sich in seinen Protagonisten Clemens Freitag hineinzuversetzen und dessen Gefühle nachvollziehbar zu beschreiben wurde die Geschichte für mich glaubhaft. Gerne empfehle ich das Buch weiter.