Titel: Die Buchhändlerin - Die Macht der Worte
Autorin: Ines Thorn
Erscheinungsdatum: 15.02.2022
Verlag: Rowohlt Polaris (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Broschur mit gestalteten Klappen
ISBN: 9783499008146
Der Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“ von Ines
Thorn ist der zweite Band der Serie rund um die Buchhändlerin Christa, die in
Frankfurt am Main lebt. Nachdem ich die Protagonistin im ersten Band bis 1949
begleitete, beginnt die Fortsetzung im Jahr 1951. Christa arbeitet weiterhin
als Buchhändlerin. Zusätzlich hat sie nach Abschluss ihres Germanistikstudium damit
begonnen, ihre Doktorarbeit zu schreiben.
Das Leben hat es nicht immer gut mit ihrer Familie gemeint,
aber Christa war hilfsbereit und hat häufig ihre eigenen Wünsche
hintenangestellt. Die Ehe, die sie eingegangen ist, war ein gutes Arrangement.,
doch sie ist immer noch in den Lyriker Jago verliebt, dem sie nach mehreren
Jahren wieder begegnet. Aber die Beziehung ist belastet durch die Vergangenheit
von Jagos Vater. Durch ihn wird sie weiterhin mit den Gräueln des Zweiten
Weltkriegs konfrontiert. Sie vermeidet den Kontakt, möchte damit gleichzeitig
aber auch Jago nicht brüskieren. Währenddessen kehrt der leibliche Vater ihres
adoptierten Sohns Heinz aus der Kriegsgefangenschaft zurück und erhebt
Ansprüche auf seinen Nachwuchs.
Es ist für Christa keine leichte Zeit bis 1968, dem Jahr in
dem der Roman endet. Zwischenzeitlich ergeben sich mögliche Freiräume für sie,
in denen sie endlich ihren eigenen Wünschen folgen könnte, doch dann werden ihr
wieder aus ihrem Umfeld heraus andere Aufgaben angetragen. Von ihrer Mutter
wurde sie auf eine spätere Heirat und den damit verbundenen Pflichten als
Ehefrau vorbereitet. Christa hat sich gegen diese Rollenzuordnung aufgelehnt. Jetzt
fechtet sie einen inneren Kampf mit sich. Einerseits möchte sie den Anforderungen
als Hausfrau und Mutter entsprechen, andererseits wünscht sie sich, ihren Beruf
auszuüben und zu promovieren. Es ist allgemein schwierig, sich in einer immer
noch von Männern dominierten Gesellschaft zu behaupten.
Nach einem Beginn, der fließend an den ersten Teil
anschließt und für Christa manche Überraschung bereithält, gelegentlich
unangenehm, aber auch mal schön, ließ das mich ansprechende Geschehen im
mittleren Teil etwas nach. Statt selbstbewusst ihren Weg zu gehen, lässt die
Protagonistin von ihren Zielen ab. Dadurch konnte ich ihr Handeln teils nicht
mehr nachvollziehen. Nachdem sie dann allerdings ihrem Herzen folgt, wird die
Geschichte wieder facettenreicher.
Durch die Freundin von Heinz erfährt sie die Einstellung
einer neuen Generation, die aktiv ihre Meinungen zum Ausdruck bringt
beispielsweise in den Studentenunruhen der 1968er. Durch die Auseinandersetzung
mit den ungewohnten Ansichten wird Christa deutlich, was sie im Leben nicht
verwirklicht hat. Aber noch ist es nicht zu spät für sie, einen Teil ihrer
Träume umzusetzen.
Auch diesmal spielt die Geschichte vor dem Hintergrund der
Literaturlandschaft. Über die Jahre hinweg bindet Ines Thorn wichtige
Entwicklungen auf dem Buchmarkt mit ein. Ein Thema, das breiten Raum einnimmt,
bilden antiquarische Bücher über deren Chancen und Risiken beim Handel ich auf diese Weise mehr erfahren
konnte. Aber auch weitere kulturelle Begebenheiten lässt die Autorin einfließen
genauso wie Ereignisse politischer Art.
Mit dem Roman „Die Buchhändlerin – Die Macht der Worte“
zeigt Ines Thorn, welche Bedeutung dem geschriebenen und gesprochenen Wort in
Deutschland in den 1950ern und 1960er Jahren zukam. Ihre Protagonistin Christa
durchläuft dabei verschiedene Phasen der Selbstfindung, die sich an den
Konventionen der Zeit orientieren. Die Autorin ummantelt ihre Geschichte mit
wichtigen gesellschaftsrelevanten Themen. Gerne empfehle ich das Buch weiter.