Sonntag, 27. Februar 2022

Rezension: Ursula und die Farben der Hoffnung. Eine Familie in Berlin von Ulrike Renk

 

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Ursula und die Farben der Hoffnung
Autorin: Ulrike Renk
Broschiert: 465 Seiten
Erschienen am 14. Februar 2022
Verlag: Aufbau Taschenbuch

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Im Sommer 1912 verbringt Ursula die Sommerfrische mit ihrer Familie an der Ostsee in Graal-Müritz, wo sie die bekannte Dichterin Paula Dehmel und ihre Tochter Vera kennenlernt. Ursula liebt die Kunst und vor allem das Zeichnen, doch in ihrer Familie glaubt niemand so recht daran, dass sie damit später ihr Geld verdienen kann. Doch Vera, die selbst Kurse an der Kunstakademie in Hamburg besucht, ermutigt Ursula, ihre Technik durch ein Studium zu verbessern. Als Vera nach Rügen aufbricht, um dort Zeit mit ihren Freunden aus der Kunstgewerbeschule zu verbringen, nimmt sie Ursula kurzentschlossen mit. Immer tiefer taucht Ursula in die Künstlerszene ein und wird schließlich ein Teil von ihr.

Die Geschichte nimmt sich zu Beginn Zeit, mir die Protagonistin Ursula und ihre Familie genauer vorzustellen. Gemeinsam mit ihrer Schwester Hilde verbringt sie die Ferien in Potsdam bei ihren Großeltern, wo ihr Großvater das Amt des Bürgermeisters bekleidet. Ihre Eltern sind geschieden: Während ihr Vater als Arzt allein in Berlin lebt, ist ihre Mutter mit ihrem neuen Mann, der in einer Fabrik arbeitet, nach Vohwinkel gezogen. Niemand in ihrer Familie ist künstlerisch sonderlich begabt und kann ihre Leidenschaft wirklich nachvollziehen. Umso inspirierender ist es für Ursula, Vera kennenzulernen, die ihr Mut zuspricht und Ratschläge gibt, wie sie nach ihrem Schulabschluss Kunst studieren kann.

Die einzelnen Kapitel sind ruhig erzählt und ließen mich tief in die jeweilige Szene eintauchen. Alle paar Kapitel kommt es jedoch zu einem größeren Zeitsprung, sodass die Zeit insgesamt schnell vergeht und das Buch Ursulas Erlebnisse in den Jahren 1911 bis 1917 schildert. Sie verbringt zunehmend Zeit in der Künstlerszene, in welche ich ausführliche Einblicke erhielt. Der Fokus bleibt dabei stets auf Ursula, die ich immer besser kennenlernte. Ihre Fähigkeit, Menschen, Gefühle und Situationen mit Farben zu verknüpfen, fand ich interessant und gelungen beschrieben.

Die Buchbeschreibung nimmt leider schon einen Großteil der Handlung vorweg. Die hier angekündigte Bewerbung für ein Kunststudium reicht Ursula erst nach zwei Dritteln des Buches ein. Zu Beginn des Buches ist sie erst fünfzehn Jahre alt und die Geschichte beschäftigt sich vor allem mit ihrem Weg hin zu dem Entschluss, ihre Leidenschaft für Kunst zum Beruf machen zu wollen. Es wird einen weiteren Band mit ihren Erlebnissen als erwachsene Frau geben, der im August erscheint. Ein Nachwort der Autorin gibt Aufschluss darüber, welche Aspekte des Romans historisch belegt sind. Historisch interessierten Leser:innen, die Lust auf Einblicke in die Künstlerszene Berlins in den 1910er Jahren haben, empfehle ich das Buch gerne weiter.

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