Titel: Die Zeit der Jäger
Autor: Andreas Götz
Erscheinungsdatum: 23.02.2022
Verlag: Scherz (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783651001060
Der Kriminalroman „Die Zeit der Jäger“ von Andreas Götz ist
der abschließende Teil einer Trilogie bei der der Journalist Karl Wieners und
sein Jugendfreund, Oberkommissar Ludwig Gruber, im Mittelpunkt stehen. Die
Handlung spielt 1958, vorwiegend in München. Die Trümmer des Zweiten Weltkriegs
sind zwar noch nicht vollständig beseitigt, aber die wirtschaftliche Lage ist
gut, die politische allerdings angespannt.
Der inzwischen 47-jährige Karl Wieners hat einen Herzinfarkt
erlitten, ist auf Schonkurs und gibt das Rauchen auf. Von Magda Blohm, seiner
angeblichen Nichte, kann er nicht ablassen. Obwohl ihr schwerreicher Ehemann
sie vor drei Jahren unter Androhung, das Leben ihrer Liebsten zu zerstören, nach
New York City geschickt hat, gibt er die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft
nicht auf. Sowohl Magda als auch Karl beschäftigt der Gedanke, Walter Blohm aus
dem Weg zu räumen.
Am Fronleichnamstag wird der Leibwächter von Blohm in dessen
Haus ermordet aufgefunden. Der Tresor im Büro ist geöffnet und eine große
Blutlache befindet sich am Boden, aber von Blohm fehlt jede Spur. Ludwig Gruber
hat seine Selbständigkeit aufgegeben und arbeitet wieder bei der
Kriminalpolizei. Er ist sich bewusst, dass Blohm mehrere Feinde hatte. Sowohl
Magda wie auch Karl geraten in das Feld seiner Ermittlungen, aber auch eine Organisation
mit Namen Nakam, die Rache für den Holocaust leistet und die es wirklich
gegeben hat.
Die Stärke des Autors ist es, dass er eine verflochtene
Story in einer interessanten Zeit ansiedelt. Das Leben nach dem Zweiten
Weltkrieg bietet wieder Abwechslung und mit Lohn oder Gehalt lässt sich auch
mal was Schönes kaufen. Die Meisten sind mit ihrem Alltag beschäftigt und nicht
mit der großen Politik. Aber bei der Münchener Kriminalpolizei unterlaufen
Mitarbeitern, die noch nach altem Muster einer rechtsextremistischen Denkweise
anhängen, bestimmte Ermittlungen. Die Freundschaft von Ludwig und Karl hat
durch gegenseitiges Misstrauen Risse bekommen. An der Seite von Karl blickte
ich als Leserin zurück auf Kriegstage, die Ludwig lange verdrängt hat. Das
Gefühlsleben der Figuren wird auch im dritten Band ausgiebig von Andreas Götz
beleuchtet. Er wirft immer wieder die Frage auf, ob es Grenzen gibt, die einen
Mitläufer zum Opfer machen. Schuld oder Nichtschuld beschäftigt die Betroffenen
sehr, denen die Konsequenzen ihres Handelns vor Augen geführt werden.
Der Autor bindet den Kalten Krieg in seiner Erzählung anhand
zweier junger Frauen im Umfeld von Magda und Karl ein. Ihre Rolle öffnet er dem
Lesenden, der dadurch einen Vorteil gegenüber den Protagonisten hat, was aber
der Spannung zuwiderläuft. Die Suche nach dem verschwundenen Blohm hält einige
Überraschungen bereit, so dass es bis zum Ende hin interessant bleibt, wenn
auch mit gelegentlichen Längen aufgrund des gemächlichen Erzählstils.
Der Kriminalroman „Die Zeit der Jäger“ von Andreas Götz strahlt
mit der Darstellung einer komplexen Handlung mit Verbrechen in einer politisch
angespannten Lage. Die Trilogie findet einen würdigen Abschluss mit diesem
Band, der Lesende von Kriminalromane mit Sinn für historischen Hintergrund sehr
anspricht.