Der Roman „Für diesen Sommer“ von Gisa Klönne ist eine
Geschichte über die Beziehung einer Tochter, die inzwischen über 50 Jahre alt
ist, zu ihrem immer gebrechlicher werdenden Vater. Als allwissende Erzählerin
schildert die Autorin nicht nur Begebenheiten im Verhältnis der beiden aus der
Gegenwart, sondern schaut auch in deren Vergangenheit.
Die Protagonistin Franziska Roth hat sich in ihrer Jugend
häufig gegen die Ansichten der Eltern, vor allem gegen die ihres Vaters
Heinrich, aufgelehnt. Heinrich war als Vermessungsingenieur am Bau wichtiger
Straßen beteiligt, seine Tochter hat sich dagegen den Natur- und Klimaschützern
angeschlossen und gegen den Bau demonstriert. Sie fühlte sich unverstanden,
hielt aber an ihren Meinungen fest und hat ihr Glück über Jahre hinweg in der
Ferne gesucht. Zuletzt war sie gemeinsam mit ihrem Lebenspartner an einem
Hofprojekt beteiligt, aber die Liebe ging in die Brüche. Ihre ältere Schwester Monika
ist im Vollzeitjob und hat Ehemann und zwei Kinder. Nach dem Tod der Mutter hat
sie sich zusätzlich noch um den Vater gekümmert. Als Monika dringend eine
Auszeit benötigt, bittet sie kehrt Franziska darum, sich um Heinrich zu kümmern.
Gisa Klönne schaut weit in die Vergangenheit ihrer beiden
Protagonisten, um deren Handlungsweisen zu erklären. Heinrich, geboren 1933,
ist von seiner Mutter allein erzogen worden. Er denkt, dass er eine Belastung für
sie war. Im Zweiten Weltkrieg kam er mit der Kinderlandverschickung nach Polen
und erinnert sich mit Schrecken daran. Franziskas Mutter war gebürtig aus
Ostpreußen und lebenslang begleitete sie eine gewisse Schwermut über den
Verlust der Eltern. Franziska spürt, dass es da immer noch etwas anderes
gegeben haben muss, dass sich nicht benennen lässt.
Tatsächlich gibt es ein gut verborgenes Geheimnis, das einen
beständigen Schatten über die Familie geworfen hat. Im Rückblick erkennt
Franziska, dass sie schon als Kind den Trübsinn gespürt und er sie fürs Leben
geprägt hat. Ihr kam es nicht darauf an, sich selbst in den Mittelpunkt zu
stellen und durch beste Leistungen zu glänzen. Stattdessen wollte sie das Gute
auf der Welt suchen und durch ihre Mittätigkeit die Welt lebenswert erhalten.
Heinrich ist stolz darauf, dass er aus kleinen Verhältnissen
heraus eine Familie gründen und durch seine Berufswahl ein angenehmes Leben
führen konnte. Die zunehmenden Einschränkungen des Alters ärgern ihn. Er war
immer korrekt und strebte danach, Regeln einzuhalten. Sich von seiner älteren
Tochter bevormunden zu lassen, gefällt ihm gar nicht.
Für Franziska und Heinrich ist es nicht einfach, den Alltag
gemeinsam zu bestreiten. Viele Auseinandersetzungen und Unverständnis
füreinander gehörten bisher zu ihrem Beisammensein dazu. Auch die Rolle von
Monika als Tochter und Schwester wird mehrschichtig von der Autorin betrachtet.
Durch den Erzählstil mit zahlreichen Rückblenden kommt es zu gewissen Längen.
Obwohl ihre Geschichte fiktiv ist, baut sie auf den eigenen Erfahrungen von
Gisa Klönne auf und wirkt dadurch authentisch.
Der Roman Für diesen Sommer“ von Gisa Klönne ist eine
feinsinnige und berührende Erzählung einer Vater-Tochter-Beziehung. Beide
konnten nicht alle ihre Lebensträume verwirklichen. Durch die Erinnerungen der
beiden werden dem Lesenden die unterschiedlichen Ansichten verständlich.
Gleichzeitig bietet die Geschichte einige realistische Vorschläge, wie man sich
einander annähern kann. Gerne empfehle ich das Buch weiter.