Titel: Gran Paradiso
Autorin: Grit Landau
Erscheinungsdatum: 02.05.2022
Verlag: Droemer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 978342628270
Der Roman „Gran Paradiso“ von Grit Landau erzählt eine von
einem Geheimnis umhüllte Geschichte, die auf zwei Zeitebenen spielt. Im Jahr
1982 wird die in Turin lebende Journalistin Gianna Perrin von der im kleinen Ort
Sant’Amato an der Riviera lebenden Mafalda Amoretti angerufen. Mafalda ist die
inzwischen 82-jährige Cousine ihrer vor zwei Jahren verstorbenen Mutter Maria,
die die erste Bürgermeisterin von Turin war. Im zweiten Weltkrieg hat Maria
sich aktiv als Partisanin betätigt. Über diese Zeit hat sie ein Tagebuch
geschrieben und veröffentlicht. Mafalda hat Gianna angerufen, damit sie
baldmöglichst kommt um den Inhalt eines Koffers durchzuschauen, den Maria nach
dem Krieg bei ihr abgestellt hat.
Gianna, Mitte 30, hat sich von ihrem Mann getrennt. Im Beruf
benötigt sie eine Auszeit, darum folgt sie dem Anruf von Mafalda. Im Koffer findet
sie Kleidung, ein paar Postkarten, eine Kette mit Anhänger sowie eine Kladde
und zwei Notizbücher. Schnell erkennt Gianna, dass es sich dabei um das Tagebuch
ihrer Mutter handelt. Doch nachdem sie mit dem Lesen begonnen hat, fallen ihr
einige Abweichungen auf und sie findet eine Zeichnung, die einem ihr bekannten
Bild ähnlichsieht. Giannas Interesse ist geweckt und auch ich wurde neugierig
und begleitete die Protagonistin auf die zweite Handlungsebene, die im Jahr
1944 im Aostatal spielt.
Das Buch ist betitelt nach einem über 4000 m hohen Berg in
den Grajischen Alpen, an denen die Regionen Aostatal und Piemont Anteil haben.
An seinem westlichen Fuss liegt das Dorf Cogne in einem Hochtal in dem die
Handlung des Jahrs 1944 spielt. Der Roman basiert auf der Geschichte des Orts.
Dank der sehr guten Recherche der Autorin, auch vor Ort, erweckte sie die
Bergwelt in Gedanken vor meinen Augen beim Lesen. Das Erzbergwerk und seine
Materialeisenbahnlinie spielen eine große Rolle im Kampf der Partisanen. Auch
der Leiter des Werks und seine Familie sind mit dem Widerstand im Aostatal
verbunden. Grit Landau bringt ihre Begeisterung für Geschichte hier ein, drängt
diese aber nicht in den Vordergrund, sondern fügt sie erklärend und
beschreibend in den Gesamtkontext.
Wie bei ihren ersten beiden Romanen besteht auch in „Gran
Paradiso“ wieder eine Verbindung zur fiktiven Familie Lanteri. Jeder Band ist problemlos
unabhängig von den anderen lesbar. Maria ist die Tochter des aus Sant’Amato
stammenden Wildhüters Enrico Lanteri, einem Bruder von Leo, der in den 1920er
Jahren für den Widerstand kämpfte. Gianna kämpfte als Jugendliche und junge
Frau mit dem in öffentlichen Bild ihrer Mutter, die als "Maria Mortale" bezeichnet wurde. Das
Verhalten zu ihr stellt sie dem ihrer jüngeren Brüder gegenüber und fühlt sich
weniger geliebt. Erst mit dem Lesen der Aufzeichnungen von Maria findet sie
eine Erklärung für den Unterschied und den Beinamen. Sie befindet sich in einer Phase, in der
sie ihr Leben hinterfragt und neu ausrichtet.
Ihrem bisherigen eigenen Schreibstil treu bleibend lässt
Grit Landau italienische Wörter und Sätze einfließen, deren Bedeutung sich im
Zusammenhang erschließt, die aber auch in einem Glossar am Ende des Buchs
nachgeschlagen werden können. Dort findet sich auch ein Nachwort zur Realität
und Fiktion im Roman, Kurzbiografien über vier Partisanninen des Aortatals, die
die Autorin zur Figur der Maria inspiriert haben, sowie eine Literaturliste für
diejenigen, die tiefer in die geschichtlichen Hintergründe eintauchen möchten.
Um beim Lesen den Überblick über die handelnden Personen zu behalten, sind die
wichtigsten am Anfang des Romans mit einer kurzen Beschreibung aufgelistet.
Mit ihrem Roman „Gran Paradiso“ lässt Grit Landau den Kampf um die Freiheit im Herbst 1944 im italienischen Aostatal wieder aufleben. Dabei steht die selbstbewusste Partisanin Maria im Mittelpunkt. Ihre Tochter Gianna deckt viele Jahre später ein Familiengeheimnis auf, das ihr Verhältnis zur inzwischen verstorbenen Mutter und ihr ganzes Leben verändert. Gerne empfehle ich das Buch weiter an Lesende mit historischem Interesse.