Der Roman „Sommerschwestern“ von Monika Peetz ist eine
Familiengeschichte mit einem Geheimnis, das Henriette Thalberg vor ihren vier
Töchtern, den Protagonistinnen des Romans, verbirgt. Die Erzählung nahm mich
mit an die nordholländische Küste nach Bergen. Hier verbrachte die Familie
jeden Sommer bis es vor über 20 Jahren zum tragischen Unfalltod des Vaters kam.
Das Cover zeigt das stilisierte Bild einer Frau im sommerlichen Kleid, die aufs
Meer blickt und vermittelte mir dadurch eine gewisse Leichtigkeit, die man
sonnigen Tagen anhängt. Doch hinter der Fassade brodelt es im Privatleben der
Schwestern Doro, Yella, und der Zwillinge Amelie und Helen. Über das anstehende
Ereignis tauschen sie sich bereits vorab in einer Chatgruppe aus, die den Titel
des Buchs als Namen hat, mit dem sie Erinnerungen an die Vergangenheit verbinden.
Henriette hat ihre Töchter mit einer plötzlichen Einladung
nach Bergen überrascht. Den Grund dafür hat sie nicht angegeben. Eigentlich
sind nicht nur die Geschwister, sondern auch Partner und Enkelkinder eingeladen,
aber Yellas Familienmitglieder hatten andere Termine. In der Chatgruppe fällt
auf, dass die älteste sich nicht daran beteiligt, über den Anlass zu
spekulieren. Die anderen mutmaßen, ob Doro mehr weiß als sie und wenn, warum
ist das so?
Die Schwestern sind sehr unterschiedlich. Während Doro
erfolgreich ist als Kostümbildnerin und mit einer großen Portion Selbstbewusstsein
durchs Leben geht, hat Yella ihr Architekturstudium aufgegeben und arbeitet als
Fachkraft im Büro, Amelie hilft einer Freundin auf deren Weg in die
Selbständigkeit und Helen ist Naturwissenschaftlerin. Aufgewachsen sind sie in
Köln, aber nur noch Henriette und Doro leben dort. Henriettes Art, ihre Töchter
für ihr Tun abzuurteilen und ihnen ihre Meinung darüber mitzuteilen, bringen
eine gewisse Distanz der Familienmitglieder zueinander nicht nur räumlich mit
sich. Familienfeste sind selten geworden.
Die Einladung nach Bergen ist mit gemischten Gefühlen bei
den Schwestern verbunden. Einerseits erwachen dadurch Kindheitserinnerungen an
unbeschwerte Tage am Meer, andererseits wird das dramatische Ende durch den Tod
des Vaters wieder lebendig. Aufgrund des Tonfalls der Aufforderung der Mutter,
dem ihre Töchter Dringlichkeit entnehmen, machen sie sich Sorgen. Aber es
erwacht auch ein Stück Heimat vor Ort in Bergen und sehr schön lässt die
Autorin dank eigener Erfahrungen holländische Lebensart in den Roman
einfließen.
Der Fokus der Erzählung ruht am häufigsten auf Yella, die
mit ihrer Rolle als Frau und Mutter hadert. In Bergen bringt der Abstand zum
Alltag und die Möglichkeit des Beisammenseins die Geschwister dazu, sich gegenseitig
zu vergleichen und ihr jeweiliges Verhältnis zur Mutter auf den Prüfstand zu
stellen. Wie in jeder Familie mit mehreren Kindern ist Verbundenheit, Respekt
und Treue füreinander, aber auch Missgunst zwischen den Zeilen zu spüren. Der
Streit um den Platz im Familiengefüge stellt sich, so wie früher, schnell
wieder ein. Die Sorgen der Schwestern um die Mutter unter Nennung ihrer
Vermutung senken ein wenig die Spannung auf das Ende, an dem diese ihr
Geheimnis lüftet.
„Sommerschwestern“ von Monika Peetz ist nicht nur ein Roman,
der den Lesenden mitnimmt zu Erinnerungen an unbeschwerte Sommertage an der
niederländischen Küste und ein anstehendes freudiges Fest, sondern offenbart
auch die Probleme im Alltagsleben der Geschwister und ihrer Mutter. Die
unterhaltsame Familiengeschichte empfehle ich gerne weiter.