Rezension von Ingrid Eßer
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Im Roman
„Fräulein vom Amt“ bildet das reizvolle Thema der Fernsprechvermittlung den
Hintergrund für einen fiktiven Kriminalfall im Jahr 1922, was sich auch im
Titel widerspiegelt. Hinter dem offenen Pseudonym Charlotte Blum verbergen sich
die beiden Autorinnen Regine Bott und Dorothea Böhme. Ihre Geschichte siedeln
die beiden in Baden-Baden an, das seit Langem für seine heißen Thermalquellen
bekannt ist. Die Gebäude, die für die vor Ort weilenden Touristen entstanden
sind, bilden eine opulente Kulisse. Außerdem werden seit 1858 internationale
Pferderennen in der Nähe der Stadt veranstaltet, was ebenfalls Eingang in die
Erzählung gefunden hat.
Alma Täuber,
die junge Protagonistin des Romans, arbeitet als Telefonistin auf dem Postamt.
Dank des Covers konnte ich mir ihren Arbeitsplatz vor einem Schaltschrank gut
vorstellen. Zusammen mit der Floristin Emmi, ihrer besten Freundin, wohnt sie
im Dachgeschoß eines Mietshauses und genießt ihre Unabhängigkeit vom
Elternhaus. Eines Tages hört sie zufällig bei der Vermittlung eines Telefonats,
dass der Anrufende einen erledigten Auftrag meldet und die betroffene Person in
der Geschäftspassage beim Kurhaus zu finden ist. Kurze Zeit später liest Alma
in der Zeitung von einer jungen Frau, die ebenda ermordet aufgefunden wurde.
Sie wendet sich an die Kriminalpolizei, deren Leiter keinen Zusammenhang zwischen
Anruf und Tat sieht. Daher beginnt Alma auf eigene Faust mit unkonventionellen
Methoden zu ermitteln.
Charlotte Blum
stellt Alma weitere Figuren zur Seite, die ihr mit ihren Beziehungen oder ihren
Kenntnissen behilflich sind. Emmi ist aufgrund von Blumenlieferungen
in den Hotels der Umgebung bekannt. Almas Cousin
Walter glänzt durch sein Wissen aus dem Medizinstudium. Besonders erfreut ist
Alma darüber, dass sie das Interesse von Ludwig Schiller wecken kann, einem
Anwärter zum Kriminalkommissar. Aber keiner von ihnen kann Alma davon abhalten,
sich nach einem einmal getroffenen Entschluss in gefährliche Situationen zu
begeben, was zur Steigerung der Spannung beiträgt, die sich nach dem
mysteriösen Anruf zu einem frühen Zeitpunkt im Roman langsam aufbaut. Als dann
ein Unfall auf der Rennbahn geschieht, bei dem auch Alma anwesend ist, glaubt
sie nicht an den von der Polizei angenommenen Ablauf des Geschehens. Ihr Mut
und ihre Beherztheit die Wahrheit aufzudecken, nimmt parallel zur Spannung
nochmals zu.
Aus dramaturgischen Gründen geben die beiden Autorinnen ihrer Protagonistin mehr Freizeit, als es bei den Fernsprechvermittlungsstellen damals üblich war. Auch geschehen einige Indiskretionen mehr als in der Realität. Aber ich konnte mir gut vorstellen, dass der Stil des Umgangs der Personen miteinander sich damals genauso abgespielt haben könnte. Es wurde sehr viel Wert auf die Konventionen der Zeit gelegt. Alma an ihrem Arbeitsplatz im Umfeld ihrer Kolleginnen zu erleben, fand ich ansprechend, die Beschreibungen dazu waren aufschlussreich. Aufgrund des Settings erhielt ich einen Einblick in die mondäne Welt eines über die deutschen Grenzen hinweg bekannten Kurbads.
Mit dem historischen Roman "Fräulein vom Amt - Die Nachricht des Mörders" hat Charlotte Blum, eine stimmige Geschichte vor dem Hintergrund des unverbrauchten Themas der Vermittlerinnen im Fernmeldeamt, zu denen die Protagonistin Alma Täuber gehört, geschrieben. Während der Beruf von Alma eine wichtige Rolle bei den Ermittlungen der aufzuklärenden Verbrechen spielt, bietet das Kurbad Baden-Baden eine reizvolle Kulisse für die im Jahr 1922 spielende kriminelle Handlung. Gerne empfehle ich das Buch weiter und freue mich auf die Fortsetzung, die im Januar 2023 erscheinen wird.