Titel: Die Wagemutige
Autorin: Caroline Bernard
Erscheinungsdatum: 16.08.2022
Verlag: Rütten & Loening (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783352009822
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Caroline Bernard greift in ihrem Roman „Die Wagemutige“ das
Leben der Widerstandskämpferin Lisa Fittko in der Zeit zwischen 1940 und 1941 auf
und betrachtet es in Hinblick auf deren Gefühle beim täglichen Kampf für die
Résistance. Lisa Fittko ist eine historisch verbürgte Person, die selbst zwei
autobiographische Bücher geschrieben hat, die der Autorin als Grundlage
dienten. Sie war Jüdin und entwickelte schon als Jugendliche eine sozialistische
und kommunistische Einstellungen. Später verlor sie ihre Stelle bei einer Bank
in Berlin aufgrund ihrer Gesinnung und musste untertauchen. Weiterhin half sie
bei der Verbreitung von Flugblättern mit antinazistischem Inhalt. Der Titel des
Buchs trifft den Kern ihres Charakters.
Im Jahr 1940 wird Lisa Fittko als feindliche Ausländerin von
den Deutschen, die inzwischen Frankreich besetzten, in das Camp de Gurs, einem Internierungslager
für Frauen am Rand der französischen Pyrenäen gebracht. Caroline Bernard lässt
die schwierigen Bedingungen in den Barackenunterkünften lebendig werden. Ihre
Protagonistin entwickelt behutsam einen Plan zur Flucht aus dem Lager. Es wird
deutlich, dass sie sich dort Sorgen um ihre Liebsten macht, um ihren festen
Freund Hans, ihren Bruder und seine Familie sowie ihre Eltern, fast mehr als um
sich selbst.
Sie flieht nach Marseille und versucht dort, Ausreise-Visa
für sich und Hans zu erhalten. In dieser Zeit lernt sie einen Mann kennen, von
dem sie sich angezogen fühlt. Diese Figur ist fiktiv und steht für den
möglichen Wunsch von Lisa nach einem Leben in Frieden und Freiheit. Die Autorin
beschreibt ihren inneren Aufruhr darüber, sich zwischen Liebe und
Widerstandskampf entscheiden zu müssen. Als Leserin konnte ich nachvollziehen,
dass es nicht einfach ist, sich dem Schicksal zu ergeben. Ich fand es bedauerlich,
dass Hans zu diesem Zeitpunkt in ihrem Herzen keinen größeren Platz eingenommen
hat. Lisas Entscheidung für die Résistance hat später vielen Menschen das Leben
gerettet.
Dank der sehr guten Recherche ist Caroline Bernard das Bild
einer forschen starken Frau gelungen, die sich nicht blind einer Idee
verschreibt, sondern auch Zweifel hat und sich selbst hinterfragt. Die Entschlossenheit
von Lisa Fittko machte anderen Mut, obwohl sie in ihrem Leben auch von der
ständigen Angst aufzufliegen, begleitet wurde. Sie war eine Meisterin im
Organisieren. Viele Male geleitete sie bekannte und unbekannte Persönlichkeiten
ihrer Zeit über eine feste Fluchtroute von Frankreich nach Spanien. Dabei
stellt sie sich jedes Mal ihren eigenen Ängsten. Die Aktivitäten bleiben nicht
unbemerkt und schließlich fliehen Hans und sie selbst.
Caroline Bernard setzt mit ihrem Roman „Die Wagemutige“ allen
Frauen, die im Verborgenen im Widerstand gegen die Nationalsozialisten
kämpften, ein Denkmal. Einfühlsam gelingt es ihr, eine gefühlvolle Seite der
historisch verbürgten Person Lisa Fittko zu zeigen. Gerne empfehle ich das Buch
weiter.