Im Roman „Die Erweiterung“ wirft Robert Menasse einen Blick
auf den langwierigen Prozess entsprechender Anwärterländer, die der
Europäischen Union beitreten möchten. Beispielhaft wählt er Albanien als
Beitrittskandidaten aus. So wie im Buch des Autors „Die Hauptstadt“ ein Schwein
für besondere Aufmerksamkeit sorgt, ist es diesmal ein Helm, zu dem es immer
wieder zu einem Zwischenspiel kommt, ganz zum Amüsement der Lesenden. Die auf
dem Helm angebrachte Figur eines Ziegenkopfs zeigt sich auf dem Cover als
Galionsfigur des albanischen Kreuzfahrtschiffs, das zum Ende der Geschichte hin
von Bedeutung ist.
Dem albanischen Ministerpräsidenten dauert es viel zu lange bis
er die Genehmigung für den Beitritts seines Landes erhält. Schließlich hat er
dafür bei seiner Wahl geworben und möchte nun Erfolge nachweisen. Einer seiner
Berater schlägt vor, dass der Besitz des Helms des Nationalhelden Skanderberg,
der sich bedauerlicherweise in einer Ausstellung in Wien befindet, ihm
Anerkennung beim Volk bringen würde. Es gibt Schwierigkeiten bei der Rückgabe
und daher beschließt man, ein Duplikat anzufertigen. Der Helm und seine
Zweitausgabe geraten immer mehr ins Rampenlicht und werden zu einem Objekt der
Begierde außerhalb der Regierungsreihen, während man sich im Gefolge des
Regierungschefs weitere Gedanken über das Für und Wider seiner Bedeutung macht.
Robert Menasse schaut tief in die Ansichten seiner
Charaktere hinein. Es sind nicht nur die Figuren, die in der Gegenwart agieren,
sondern der Autor betrachtet sie als Personen, die sich aus ihrer Herkunft und
ihrem Werdegang entwickelt haben. Er zieht die Verbindungen zu vergangenen und
gegenwärtigen Freundschaften, zu Bekannten und Familienmitgliedern aus denen
Abhängigkeiten sowie Anrechte entstanden sind.
Die Beschreibungen von Robert Menasse sind überspitzt
dargestellt, aber an die Gegebenheiten angelehnt. Es sind viele Fakten, die er
in den Roman einfließen lässt, beispielweise gibt es den Helm tatsächlich.
Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union dauern aufgrund hoher
Anforderungen an die Länder sehr lange. Mit einer gehörigen Portion Ironie,
aber auch mit fundiertem Wissen stellt der Autor einen Ausschnitt aus dem
aufwändigen Prozess nach. Er vermittelte mir mit manchmal weitschweifenden
Schilderungen Zusammenhänge in der Europapolitik.
Nach seinem Roman „Die Hauptstadt“ ist es Robert Menasse
erneut gelungen einen Teil der Steuerung des Schiffs Europa vielschichtig und
mit beigemischtem Sarkasmus darzustellen. Um seine Handlungsstränge baut er
einen Rahmen, der bis in die Vergangenheit reicht und an den Rändern
weitläufige Verknüpfungen von Figuren und zwischenstaatlichen Handlungen der
europäischen Länder aufspannt. Gerne empfehle ich das Buch weiter.