Sonntag, 15. Januar 2023

Rezension: Die Süße von Wasser von Nathan Harris

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Die Süße von Wasser
Autor: Nathan Harris
Übersetzer: Tobias Schnettler
Verlag: Eichborn (Link zur Buchseite des Verlags)
Erscheinungsdatum: 28.10.2022
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783847901211

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In seinem Debüt „Die Süße von Wasser“ schreibt Nathan Harris über die fiktiven Brüder Prentiss und Landry aus Georgia, die nach der ab 1863 für die amerikanischen Südstaaten geltenden Emanzipationserklärung, ihre Freiheit erhalten haben und sich auf Arbeitssuche begeben. Die Süße von Wasser nach einem anstrengenden Tag auf dem Feld war während ihrer Versklavung eine ihrer großen Freuden. Der kauzige Farmbesitzer George Walker gibt ihnen unweit der Plantage ihres bisherigen Besitzers Arbeit und Unterkunft.

Die Brüder begegnen ihrem zukünftigen Arbeitgeber beim Umherstreifen in den Wäldern. Nicht nur die beiden haben sich verlaufen, sondern auch George, der auf der Suche nach einem großen Tier ist, von dem er glaubt, es vor vielen Jahren einmal gesehen zu haben. Seither drängt es sich immer wieder beim Aufwachen in seine Gedanken. Als Caleb, der Sohn von George vom Kriegseinsatz heimkehrt, stellt er erstaunt fest, dass sein Vater ein Stück seines Farmlands angefangen hat zu bebauen. Caleb sehnt sich danach, eine frühere Liebesbeziehung wieder aufzunehmen, die aber nicht an die Öffentlichkeit dringen darf. Argwöhnisch beobachten die Einwohner des naheliegenden Orts die Bewohner der Farm und deren Tun und Lassen, das nicht der von ihnen gesetzten Norm entspricht.

Nathan Harris große Stärke ist die Gestaltung seiner Figuren. Durch zahlreiche Rückblicke erklärt er deren eigenwillige Verhaltensweisen. Er gewährt einen Einblick in den Alltag der beiden Brüder, während sie versklavt waren, welches erklärt, wodurch ihre zahlreichen körperlichen und psychischen Verletzungen herrühren. George hat eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber vielen Themen entwickelt. Er wurde durch die Ansichten seines Vaters geprägt, die er schon in jungen Jahren hinterfragt hat.

Caleb beginnt, hinter die Fassaden der Menschen zu blicken, die ihn für ihre Zwecke bisher instrumentalisierten. Ihm gelingt es immer besser, den Mut zu finden, für sich selbst einzustehen. Eine weitere wichtige Person im Figurengeflecht ist Isabelle, die Frau von George. Sie steht seit Jahren an der Seite ihres Mannes und respektiert seine Marotten. Sie hat einen Teil ihrer Ängste überwunden und weiß, wann sie resolut durchgreifen oder sich zu ihrem eigenen Schutz zurückziehen muss.  

Jede der Figuren ist auf ihre Art verletzlich und sucht sich auf eigene Weise einen geschützten Rückzugsort, was nicht nur räumlich gemeint ist. Ruhige Wälder und weite Felder geben dem Roman Atmosphäre ebenso wie machthungrige Bürger und beeinflussbare Gesetzeshüter.

Der Roman „Die Süße des Wassers“ von Nathan Harris ist eine wunderbar geschriebene, berührende Geschichte über Humanität und Leidenschaft, Mut und Selbstbehauptung, die nachhallt. Dem gegenüber steht die betrübende Seite einiger Farmbesitzer, die ihr Ansehen in der Gesellschaft in Gefahr sehen. Daher vergebe ich sehr gerne eine uneingeschränkte Leseempfehlung.


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