Rezension von Ingrid Eßer
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Im Buch „Mann im Mond“ von Lana Bastašić vereinen sich zwölf Erzählungen, die einzig durch ihr
Eigentümlichkeit und dem kindlichen Alter ihrer ProtagonistInnen verbunden
sind. Es sind Geschichten rund um Furcht und Angst in ihrer vielfältigen Form
und zeigen die Reaktionen des betroffenen Kinds, manche männlich, aber meist
weiblich. Die Handlungen siedelt die Autorin zu verschiedenen Zeiten an ohne
eine genaue Einordnung vorzunehmen. Beispielsweise
spielt die titelgebende „Mann im Mond“-Erzählung zur Zeit der ersten
Mondlandung Ender der 1960er und „Papa kommt heim“ vermutlich im Dezember 1995
als der Bosnienkrieg beendet war. Social Media oder auch nur ein Handy sind
keine Themen im Buch.
Mich erinnerten die
Geschichten an meine eigene Kindheit und die Unsicherheiten, die ich damals
empfunden habe. Jedoch treibt Lana Bastašić die Situation immer wieder auf die Spitze, übertreibt und lässt
sie abstrus enden. Aber vorher erleben die Kinder Sorge und Beklemmung. Sie
leben mit einem Vater, der gewalttätig wird, an sich selbst Hand anlegt oder
provoziert. Andere erfahren eine alkoholisierte Mutter oder eine bei der das
Kind für andere zurückstehen muss. Die Kinder stellen sich solche Fragen wie
zum Beispiel, was die Folge sein wird, wenn das oder jenes passiert oder wenn
es selbst das oder jenes tut. Wird darüber jemand böse sein und es bestrafen?
Ob solches, was es selbst beobachtet, alltäglich ist oder einmalig? Ihre Fragen
stellen sie niemandem, sie bleiben unbeantwortet, denn das Kind kann nicht
ermessen, ob die Frage selbst Ärger auslösen wird.
Aus den Geschichten
liest sich heraus, dass es besser zu sein scheint, sich so zu verhalten wie
allgemein angemessen. Aber wie kann ein Kind wissen, was angebracht ist? Die
Unsicherheit, das Nichtwissen verbunden mit Unerfahrenheit sammelt sich zu
einer Mischung, die einige Male explodiert und zu Reaktionen führt, die
beängstigen und dem Lesenden nicht nur die Absurdität vor Augen führen, sondern
auch zu rufen scheinen: nehmt uns Kinder wahr, erklärt uns die Welt und sorgt
für unser geistiges und körperliches Wohl.
Die Erzählungen im Band „Mann im Mond“ von Lana Bastašić bestechen durch die ungewöhnlichen Handlungen, die die kindlichen Hauptfiguren als Reaktion auf ihr Umfeld zeigen. Sie brachten mich zum Nachdenken über soziale Gerechtigkeit, Erziehungsstile und unsere Verantwortung gegenüber Schwächeren. Es sind Geschichten, die nachhallen und daher empfehle ich sie gerne weiter.