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Donnerstag, 30. März 2023

Rezension: Maman von Sylvie Schenk

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Maman
Autorin: Sylvie Schenk
Erscheinungsdatum: 20.02.2023
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783446276239
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Sylvie Schenk hat in ihrem Buch „Maman“ eine Romanform entwickelt, mit der sie versucht, sich der Persönlichkeit ihrer längst verstorbenen Mutter Renée zu nähern. Deren Herkunft blieb der Tochter zeitlebens ein Rätsel.

Erst durch die Recherche ihrer Schwester erfuhren sie den Namen ihrer Großmutter Cécile, einer Arbeiterin in einer der Fabriken zur Seidenherstellung in Lyon, die unter der Geburt im Jahr 1916 verstarb. Sie wurde nur 45 Jahre alt. Der Vater von Renée ist unbekannt. Einige Jahre lang wuchs die Mutter der Autorin mit wenig Liebe auf dem Land auf, bevor sie von einem gut betuchten Ehepaar in Pflege genommen wurde. Dennoch hat sie aufgrund ihrer unklaren Abstammung nie die gewünschte Anerkennung in ihrer Schwiegerfamilie gefunden.

In ihrer Fantasie blickt die Autorin ihren Vorfahren über die Schulter. Auf diese Weise malt sie sich Situationen aus, die ihre Großmutter Cécile und ihre Mutter erlebt haben und lässt sie für den Lesenden lebendig werden. Sie stellt sich das Sterben ihrer Großmutter vor und ergründet in diesem Zusammenhang das Umfeld, in dem Cécile gelebt hat.

Sylvie Schenk versetzt sich in die Gefühlswelt ihrer Mutter, erkundet ihr Schweigen, ihre Ansprüche bis hin zur Vorstellung ihres Liebeslebens. Die ersten Jahre bleiben im Dunkeln, weil Renée verdrängt, was ihr widerfahren ist. Aber dennoch bleibt das Erlebte tief in ihr, denn es lässt sich nicht ungeschehen machen. Für ihre neue Pflegemutter ist es schwierig, ihr Sicherheit zu vermitteln und ihr Vertrauen zu gewinnen. Die seelischen Wunden heilen langsam.

Untrennbar ist das Leben von Renée mit dem ihrer Kinder verbunden, die sich von ihr wenig geliebt fühlten. Sie hat durch Erfahrung oder Beobachtung gelernt, wie man sich wann verhält, aber nicht, wie man Freude vermittelt. Wenn sie eine Meinung kundtat, auch gegenüber dem Dienstmädchen und dem Vater, empfanden die Geschwister sie oft als ungerecht.

Es gelingt der Autorin nicht, alle Schleier über dem Leben der Mutter zu lüften wie beispielsweise Teile eines von der Familie als Fauxpas bezeichneten Ereignisses. Dabei verbleibt ein Spielraum für eine weitere Facette, die jedes der Kinder nach eigener Vorstellung füllt. Die innere Zerrissenheit der Mutter zwischen Pflicht und der Suche nach Identität begleitet sie ein Leben lang.

In ihrem Roman „Maman“ nähert sich Sylvie Schenk anhand ihrer eigenen und der Erinnerungen ihrer Verwandtschaft einem Bild ihrer Mutter an, das sie mit ihrer Fantasie ausgemalt, aber dennoch nicht vollständig sein kann. Eine Recherche führt sie über einhundert Jahre in der Zeit zurück und verbindet sich mit der Familiengeschichte über Jahrzehnte hinweg. Es war ein aufwühlendes und bewegendes Lesen für mich, während ich mehr über die Autorin und ihrer Angehörigen erfahren durfte. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Mittwoch, 29. März 2023

Rezension: Wir hätten uns alles gesagt von Judith Hermann


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Wir hätten uns alles gesagt
Autorin: Judith Hermann
Hardcover: 192 Seiten
Erschienen am 15. März 2023
Verlag: S. FISCHER

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Im Sommersemester 2022 hat Judith Hermann die Gastprofessur für Poetik an der Goethe-Universität in Frankfurt übernommen und in diesem Rahmen an drei Abenden die sogenannten Frankfurter Poetikvorlesungen gehalten. Diese sind nun in "Wir hätten uns alles gesagt" in gedruckter Form erschienen.

Zu Beginn des ersten Abschnitts schildert Hermann, wie sie zwei Jahre nach dem Ende ihrer Psychoanalyse zum ersten Mal ihren Psychoanalytiker außerhalb seiner Praxis in einem Späti in Berlin getroffen hat. Diese Begegnung lässt sie an die Entstehung der Erzählung "Träume" zurückdenken. Sie beschreibt, wie diese Erzählung durch Hinzufügen und Weglassen aus ihrer tatsächlichen Erfahrung entstanden ist. Letztendlich gebe sie ihre Erlebnisse an eine Figur "die ist, wie ich immer sein wollte, niemals war oder sein werde" (S.17).

Im weiteren Verlauf erhielt ich vielfältige Einblicke in Erlebnisse und Personen, die Judith Hermanns Schreiben geprägt haben. Dabei stellt sie fest: "Ich verhöre mich selbst." (S.98) Die Schilderung ihrer Erinnerungen und die Reflektion, was sie geprägt hat, nimmt viel Raum ein. Ich erfuhr aber auch mehr über die Entstehung diverser Erzählungen, zum Beispiel auch die ihrer ersten Erzählung "Rote Korallen", welche sie mit fünfundzwanzig während eines Aufenthaltsstipendiums für Autoren im Haus von Günther Grass in Wewelsfleth schrieb.

Besonders interessant fand ich ihre Überlegungen zum Thema Streichungen. Sie beschreibt, wie jede sie Erzählung von Fassung zu Fassung verändert, Dinge herausnimmt "und das, was in der letzten Fassung unwiederbringlich verloren ist, ist das, wofür ich die Geschichte geschrieben habe." (S. 127) Außerdem setzt sie sich damit auseinander, welche Erlebnisse zur Inspiration für Erzählungen geworden sind und welche nicht und was diese voneinander unterscheidet. Dabei schlussfolgert sie: "[Mir fällt] auf, dass ich hier beinahe ausschließlich über die Geschichten schreibe, die ich nicht schreiben werde oder nicht geschrieben habe, das ist der Aufgabe diametral entgegengesetzt, und es ist trotzdem, oder gerade deshalb, der Versuch einer Antwort." (S. 146)

Judith Hermanns Eintauchen in ihre Erinnerungen und ihre Überlegungen zum Schreiben konnte ich mühelos folgen und die Schlussfolgerungen, die sie aus dieser Reflektion zieht, fand ich nachvollziehbar. Ich empfehle, sich vor diesem Buch mit dem Erzählton der Autorin auseinanderzusetzen und mindestens ein anderes Werk von ihr zu lesen, um besser an die Ausführungen anknüpfen zu können. Sehr gerne empfehle ich das Buch an alle weiter, die sich intensiv mit der Autorin Judith Hermann und den Hintergründen ihres Werks auseinandersetzen möchten.

Montag, 27. März 2023

Rezension: Sommerhaus, später von Judith Hermann


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Sommerhaus, später
Autorin: Judith Hermann
Hardcover: 208 Seiten
Erschienen am 15. März 2023
Verlag: S. FISCHER

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25 Jahre nach dem Erscheinen von "Sommerhaus, später" ist der Titel nun in einer hochwertigen, in Leinen gebundenen Neuausgabe veröffentlicht worden. Für mich war es das erste Buch von Judith Hermann. Es enthält neun Erzählungen, die mich in ganz unterschiedliche Umgebungen mitnahmen.

Gleich der erste Satz von "Rote Korallen" zog mich in seinen Bann: "Mein erster und einziger Besuch bei einem Therapeuten kostete mich das rote Korallenarmband und meinen Geliebten." (S.11) Von Neugier getrieben las ich "Rote Korallen" an einem Stück. Die Erzählerin ließ mich an der Geschichte ihrer Großmutter teilhaben und spannt dabei einen Bogen bis zu ihrer Erzählgegenwart.

Judith Hermanns Sound wurde von Kritikern vielfach gelobt und auch ich erlebte diesen als Interesse weckend und zugänglich. Es gab viele Momente, die bei mir Resonanz erzeugten, auch wenn das Beschriebene sich gelegentlich dem Rationalen entzieht.

Neben der ersten Erzählung hat mich vor allem das titelgebende "Sommerhaus, später" gedanklich länger beschäftigt. Der Charakter Stein fällt in seinem Handeln aus dem Rahmen des Gewöhnlichen heraus und trifft Entscheidungen, die überraschen und nachdenklich stimmen. Andere Erzählungen konnten mich weniger abholen, beispielsweise ließ ich "Bali-Frau" schnell hinter mir.

Insgesamt sind die neun Erzählungen eine gelungene Zusammenstellung, in denen ich Charakteren begegnete, die ein gewöhnliches Leben führen. Ihr Handeln entspringt aus der Sehnsucht nach etwas und führt zu überraschenden Entwicklungen. Auch 25 Jahre nach der Erstveröffentlichung ist "Sommerhaus, später" eine lohnenswerte Lektüre.

Sonntag, 26. März 2023

Rezension: Die Schätze aus Omas Backbuch - Köstliches aus Hefeteig von Rosenmehl (Hrsg.)

 



 


 



Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Die Schätze aus Omas Backbuch - Köstliches aus Hefeteig
Herausgeber: Rosenmehl 
Verlag: Bassermann (Link zur Buchseite des Verlags)
Erscheinungsdatum der Neuauflage: 22.03.2023
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783809447405

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Im Buch „Köstliches aus Hefeteig“ aus der Reihe „Die Schätze aus Omas Backbuch“ gibt es 86 Backrezepte zum Nachbacken. Die MitarbeiterInnen des bayrischen Unternehmens Rosenmehl haben sie aus den Zusendungen der Lesenden ausgewählt, die sie nach einem Aufruf erhalten haben. Die Rezepte wurden in ihrer Backstube nachgebacken und in Hinsicht auf Zutaten, Zubereitung, Herdeinstellung und der damit verbundenen Backzeit auf einen aktuellen Stand gebracht. Dabei haben sie Mehl aus der eigenen Produktion genutzt, aber selbstverständlich kann Mehl gleichen Typs jeden anderen Unternehmens verwendet werden.

Das Inhaltsverzeichnis listet acht Kategorien auf. Dabei kann unter Lieblingskuchen, womit Klassiker der Kaffeetafel gemeint sind, Zöpfe, Stollen, süße Brote, außerdem Kleines und Feines, Mehlspeisen, Schmalzgebackenes sowie Herzhaftes gewählt werden.

Im Kapitel „Tipps rund um den Hefeteig“ finden sich sechs Ratschläge, wie der Teig am besten zu behandeln ist, um optimale Backergebnisse zu erhalten. Des Weiteren habe ich beim Backen die Tipps aus der Rosenmehl-Backstube genutzt, bei denen man unter anderem einen Hinweis liest, wie man die Zutaten, die für ein Backblech gedacht sind für eine Springform umrechnet. Am Buchende sind die Rezepte zum schnellen Nachschlagen in einem alphabetischen Register aufgeführt.

Wie in den beiden anderen Büchern der Reihe „Die Schätze aus Omas Backbuch“ und „Weihnachtsbäckerei“ ist jedes Rezept ansprechend in Szene gesetzt. Die Fotos von Oliver Brachat unter Assistenz von Steffi Neff und gestylt von Jutta Deutscher haben Aufforderungscharakter, selbst zu rühren und zu kneten. Bei jedem Gebäck, ob klein oder groß, ist eine Ablichtung des aufgeschriebenen und eingesandten Originalrezepts zu sehen mit der Angabe des Einreichenden, oft ergänzt um eine Erinnerung an die Erstellerin der Backanleitung und einem Foto von ihr.

Weil es gerade in den Speisenplan passte, habe ich „Oma Renates Nuss-Hefekuchen“ ausprobiert sowie Omas süße Hefepfannkuchen, weil sie mich an meine Kindheit erinnerten. Bei beiden Rezepten stimmte jede Angabe und das Ergebnis hat vorzüglich geschmeckt. Weitere Angebote im Buch sprechen mich an und werden in der nächsten Zeit in meiner Küche nachgebacken.

Das Buch „Köstliches aus Hefeteig“ aus der Reihe „Die Schätze aus Omas Backbuch enthält gut durchdachte Rezepte. Die Anweisungen sind leicht zu befolgen und die Ergebnisse köstlich, darum empfehle ich es gerne jedem Backliebenden weiter.


Samstag, 25. März 2023

Rezension: Immer am Meer entlang von Franziska Jebens


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Immer am Meer entlang
Autorin: Franziska Jebens
Taschenbuch: 416 Seiten
Erschienen am 16. März 2023
Verlag: dtv

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Josi ist Polizistin und hat seit ihrer Kindheit einen großen Traum: Ein Jahr lang mit einem Bulli durch Europa zu fahren, immer am Meer entlang. Die Route ist seit Jahren vorbereitet. Als sie zu ihrem dreißigsten Geburtstag von ihrer Familie damit überrascht wird, dass die Reparatur ihres Bullis abgeschlossen ist und sie einiges an Budget für die Reise erhält, steht der Umsetzung plötzlich nichts mehr im Wege. Zur selben Zeit macht sich auch der Architekt Paul auf den Weg, der sich nach einem Reisevortrag kurzerhand einen Land Cruiser gekauft und seinen Job gekündigt hat. Die erste Begegnung der beiden in Frankreich steht unter keinem guten Stern. Doch auch danach treffen sich die beiden, welche sich bewusst für einen Solotrip entschieden haben, immer wieder. Kann daraus doch noch eine Freundschaft oder sogar mehr entstehen?

Schon das Cover des Romans weckt bei mir Meerweh und ich freute mich darauf, mit Josi und Paul die Küsten Europas zu erkunden. Der Roman ist abwechselnd aus den Perspektiven der beiden geschrieben und ich lernte die beiden kurz vor dem Antritt ihrer jeweiligen Reise kennen. Sie sind charakterlich ganz verschieden: Josi ist ein absoluter Planungsmensch, sie ist tough und unabhängig, hat aber dennoch ihre verletzlichen Seiten. Paul hingegen setzt auf Spontaneität, er erfindet sich auf der Reise neu und entdeckt seine Leidenschaft fürs Reisen.

Als Leserin folgte ich den Erlebnissen der beiden auf ihren Reisen entlang der Küsten Europas und entdeckte gemeinsam mit ihnen versteckte Buchten, malerische Orte und einsame Strände. Besonders schön ist die Entwicklung der Beziehung zwischen Josi und Paul, die sich immer wieder begegnen. Aus ihrer anfänglichen Skepsis gegenüber des jeweils anderen wird allmählich Wertschätzung. Beide hadern damit, sich über ihre Gefühle klar zu werden. Wollen sie eine Freundschaft zulassen oder sind sie eigentlich interessiert an mehr? Da Josi fest entschlossen ist, die Reise allein durchzuziehen, und Paul eine Trennung verarbeitet, ist Gefühlchaos vorprogrammiert und ich war gespannt, ob die beiden zueinander finden.

Insgesamt ist "Immer am Meer entlang" ein Buch, das Lust macht, die Koffer zu packen und die Welt zu erkunden. Josi und Paul erleben eine Reise voller Abenteuer, Entdeckungen und unterwarteter Begegnungen. Ein empfehlenswerter Roman für alle Meersüchtigen, die sich vom Fernweh packen lassen wollen.

Freitag, 24. März 2023

Rezension: Leonard und Paul von Rónán Hession


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Leonard und Paul
Autor: Rónán Hession
Übersetzerin: Andrea O'Brien
Hardcover: 320 Seiten
Erschienen am 20. März 2023
Verlag: Woywod & Meurer

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Leonard und Paul beide sind in ihren Dreißigern, Single und nie zu Hause ausgezogen. Die beiden sind beste Freunde und führen ein ruhiges Leben: Während Leonard als Ghostwriter für Kinder-Sachbücher arbeitet, trägt Paul montags als Aushilfe die Post aus. Mehrmals in der Woche treffen sie sich zum Spieleabend. Doch dann stirbt Leonards Mutter und er lebt plötzlich allein. Bei Paul hat der Entschluss, an einem Wettbewerb teilzunehmen, überraschende Konsequenzen. Beide müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie viel Veränderung sie in ihr Leben lassen möchten.

Das Buch beginnt an dem Tag der Beerdigung von Leonards Mutter, nach welcher dieser abends beschließt, wie so oft seinen besten und einzigen Freund Paul zu besuchen. Die beiden sind stille und zurückhaltende Menschen, welche gern Spieleabende miteinander verbringen und sich von ihrem Alltag erzählen. Leonard hat als Ghostwriter kein Problem damit, dass die Ehre für seine Texte den studierten Herausgebern zukommt, deren Name auf dem Buchumschlag steht. Er freut sich, wenn er mit seiner Arbeit Kinder begeistern kann und die Texte ein wenig aufregender sind als von seinen Auftraggebern beabsichtigt. Paul trägt montags die Post aus, wenn ein Briefträger krank ist, und begleitet seine Mutter bei ehrenamtlichen Besuchen im Krankenhaus. In den Augen seiner Schwester Grace, die gerade ihre Hochzeit plant, fehlt ihm der Antrieb, um endlich etwas aus sich zu machen. Sie findet, dass sein Leben im Elternhaus ihre Eltern davon abhält, endlich ihren Ruhestand zu genießen und eine große Reise anzutreten.

Die Charaktere von Leonard und Paul sind fein ausgearbeitet und die Geschichte zog mich mit ihren ruhigen Tönen und dem Blick für die Schönheit der kleinen Dinge schnell in den Bann. Ich erhielt Einblicke in den Alltag der beiden Protagonisten und lernte ihre Persönlichkeiten kennen, die wie im Klappentext angekündigt von Freundlichkeit, Bescheidenheit und Sanftmut gekennzeichnet sind. Schließlich erhalten beide Männer neue Impulse von außen, durch welche sich neue Chancen bieten und Veränderungen ausgelöst werden.

Die Geschichte zeigt, wie wichtig, aber gleichzeitig herausfordernd es ist, etwas auszuprobieren und neue Wege zu beschreiten. Gleichzeitig ist es eine Erinnerung daran, dass das Leben nicht immer hektisch und laut sein muss, sondern bewusst und mit Bedacht gelebt werden sollte. Der Autor schafft es, seine Protagonisten auf eine einfühlsame Art und Weise darzustellen und den Leser:innen ihre Welt zu öffnen. "Leonard und Paul" ist ein leiser und gleichzeitig eindrücklicher Roman, eine absolute Feelgood-Lektüre, die ich wirklich gerne gelesen habe und daher klar weiterempfehlen kann.

Mittwoch, 22. März 2023

Rezension: Zwischen den Wellen glitzert das Glück von Gabriella Engelmann

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Zwischen den Wellen glitzert das Glück
Autorin: Gabriella Engelmann
Erscheinungsdatum: 01.03.2023
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 9783426525098
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Das Buch „Zwischen den Wellen glitzert das Glück“ von Gabriella Engelmann beinhaltet vier Kurzgeschichten, die Urlaubsflair verbreiten. Bereits das Cover und der Titel wirken einladend dazu. Der Verlag weist darauf hin, dass jede der Erzählungen als ebook erschienen ist sowie einige in einer Anthologie. Ich kannte keine von ihnen und habe mich gerne an der Seite der Protagonistinnen ans Meer mitnehmen lassen.

Die Protagonistinnen der Erzählungen sind unterschiedlich, aber sie vereint der Wunsch auf eine Veränderung in ihrem Leben. Caro ist Bestsellerautorin, gerade wieder Single, aber ohne Ideen für ihren neuen Roman. Im Süden Frankreichs will sie sich den Kopf frei pusten lassen und begegnet dort unerwartet einem hilfsbereiten Mann. Die Redakteurin Olivia benötigt professionelle Hilfe, um eine Lebenskrise zu überwinden. Sie findet bei einem Lebenscoach mehr als nur einen Zuhörer. Die Programmleiterin Lina hilft dem Liebesglück ihrer Freundin Anna ein wenig nach. In der letzten Erzählung des Buchs steht sie selbst im Mittelpunkt, als sie sich während einer spontanen Auszeit auf einer Nordseeinsel verliebt.

Gabriella Engelmann versteht es auch in kurzer Form eine erholsame Atmosphäre zu schaffen, egal ob am Meer oder in der Stadt. Nicht nur als Leserin war das wohltuend, sondern auch den Hauptfiguren gibt die Autorin einen entspannenden Raum, um zu sich selbst zu finden, ihre Gedanken zu ordnen, neue Ideen zu entwickeln und gelassener in die Zukunft zu schauen. Ganz nebenbei ließ sie mich durch die gewählten Berufe ihrer Protagonistinnen Einblicke nehmen in die Verlagsbranche. Bestimmt sind dabei eigene Erfahrungen aus dem Metier eingeflossen.

Die Hauptfiguren sind trotz Ecken und Kanten sympathisch gestaltet. Gabriella Engelmann beschreibt einfühlsam deren Gedanken und Gefühle. Als Lesende hofft man, dass sie Lösungen für die Sorgen in ihrem Leben finden und die Herausforderungen meistern. Die Lektüre ist passend für den Urlaub am Strand, bringt aber auch Behaglichkeit an trüben Tagen.

Mit dem Buch „Zwischen den Wellen glitzert das Glück“ verschaffte Gabriella Engelmann mir eine kleine Auszeit vom Alltag. An der Seite ihrer Protagonistinnen der vier enthaltenen Kurzgeschichten durfte ich träumen, verreisen und auf ein Happy End hoffen. Die Erzählungen sind leichte Unterhaltung, ohne kitschig zu sein. Gerne empfehle ich das Buch weiter. 


Montag, 20. März 2023

Rezension: Leonard und Paul von Rónán Hession

 


Rezension von Ingrid Eßer


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Titel: Leonard und Paul 
Autor: Rónán Hession
Übersetzerin aus dem irischen Englisch: Andrea O'Brien
Erscheinungsdatum: 20.03.2023
Verlag: Woywod & Meurer (Link zur Webseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Leseband
ISBN: 9783000737565

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In seinem Roman „Leonard und Paul“ hat der irische Autor Rónán Hession über mehrere Monate im fiktiven Leben der titelgebenden jungen Männer geschrieben. Beide sind knapp über 30 Jahre alt, wohnen in der gleichen Stadt und sind miteinander befreundet. Sie teilen eine Vorliebe für Brettspiele, doch was sie ebenfalls verbindet ist ihre Eigenschaft zu respektieren, dass Personen verschiedene Auffassungen haben. Sie halten sich an das weitverbreitete Sprichwort „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“, denn ihren alltägliche Umgang mit den sie umgebenden Verwandten, Arbeitskollegen, bekannten und unbekannten Menschen gestalten sie nach eigenem Selbstverständnis fair und gerecht. 

Im Leben der beiden Freunde treten gerade unerwartete Wendungen ein. Leonard hat bisher gemeinsam mit seiner verwitweten Mutter im elterlichen Haus gelebt, doch nun ist sie verstorben. Seine Arbeit bei einem Verlag für Kinderbücher lenkt ihn nur wenig ab. Er ist sich bewusst, dass der Verlust zu Änderungen in seinem Leben führt. Bald darauf scheint sich zum ersten Mal eine Frau für ihn ernsthaft zu interessieren.

Paul lebt bei seinen Eltern und ist vielfältig interessiert. Bisher hat er sich noch nicht entschieden, welche Arbeit ihm beruflich so ansprechend erscheinen könnte, dass er sie zukünftig ausüben möchte. Stattdessen geht er auf Empfehlung seines Vaters einer Aushilfstätigkeit als Postbote an etwa drei Tagen im Monat nach. Während die Hochzeit seiner Schwester kurz bevor steht und die Familienmitglieder in die Vorbereitungen einbezogen werden, nimmt Paul nach einer plötzlichen Idee an einem Wettbewerb teil.

Ich konnte mich gut in die Gefühlswelt beiden Protagonisten einfinden. Viel zu oft ist man im Alltag mit Menschen konfrontiert, die mit harschen Worten um sich werfen oder sich stets versuchen, einen Vorteil zu verschaffen. Leonard und Paul sind anders. In ihnen scheint die Ruhe verwurzelt zu sein, sehr schön auch symbolisiert durch den Fisch auf dem Cover. Hin und wieder geraten sie aber auch selbst in Bedrängnis. Manchmal reagieren sie so, dass es ihnen leidtut. Das Wichtigste dabei ist, dass sie selbst erkennen, dass ihre Worte oder Handlungen fehl am Platz waren. Dadurch wird eine Korrektur möglich, sei es durch eine Entschuldigung oder der Darstellung der eigenen Sicht, eventuell mit Diskussion darüber.

Manchmal stoßen die beiden Freunde aufgrund ihrer Unerfahrenheit im Umgang mit anderen an ihre Grenzen und fragen sich, wie sie anständig handeln können. Auch ihre eigene Freundschaft gerät dabei auf den Prüfstand. Es ist schön darüber zu lesen, wie die sensiblen Hauptfiguren es über einige Klippen hinweg schaffen, unbeirrt ihren Weg zu gehen. Der Autor stattet seine Figuren nebenbei mit Eigenheiten aus, die sie zusätzlich liebenswert machen und einige Male musste ich schmunzeln, wenn ich mich selbst oder andere darin erkannte. Es war sicher nicht einfach, den Text zu übersetzen und dabei den Sinn zu erhalten. Mein Kompliment dafür geht an Andrea O`Brien.

Ich würde mir wünschen, dass noch mehr Menschen so einfühlsam wie Leonard und Paul agieren würden. Sicher kann der vorliegende Roman von Rónán Hession dazu beitragen, denn er enthält Situationen, an denen manch ein Rüpel sich ein Beispiel nehmen könnte. Daher empfehle ich das Buch sehr gerne weiter.


Samstag, 18. März 2023

Rezension: Der Traum vom Leben von Katharina Fuchs



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Der Traum vom Leben
Autorin: Katharina Fuchs
Hardcover: 464 Seiten
Erschienen am 1. März 2023
Verlag: Droemer knaur

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Luise ist siebzehn Jahr alt und lebt mit ihrer Familie auf einem Bauernhof in der norddeutschen Provinz. Als Friseurin arbeitet sie in Gittes Friseursalon und hilft jede freie Minute auf dem Hof aus. Als sie an einem Friseurwettbewerb teilnimmt, wird ein Starfriseur auf sie aufmerksam, der ihr ein verlockendes Angebot macht: Er könne sie mit nach Paris zur Fashion Week nehmen. Dort taucht Luise in ein Leben ein, das völlig anders ist als alles, was sie bislang erlebt hat. Und es soll nicht dabei bleiben, dass sie nur hinter den Kulissen tätig ist...

Der Roman beginnt in einem Dort in Ostfriesland im Jahr 1992, wo Luise als Tochter von Bauern aufgewachsen ist und eine Friseurlehre absolviert hat. Ihre Eltern haben einen kleinen Hof, der kaum Gewinn abwirft, und führen ein eher einfaches Leben. Als Luise mit ihrer Chefin Gitte für einen Friseurwettbewerb nach Bremerhaven reist, ist das ein Abenteuer, das von ihren Eltern mit Skepsis aufgenommen wird. Mit ihrem Entschluss, nach Paris zu reisen, krempelt sie ihr Leben schließlich völlig um.

In Paris taucht Luise in eine Welt ein, die sie sich nie erträumt hätte. Sie lernt Supermodels und Designer kennen, wird schließlich selbst als Model entdeckt und findet sich auf den Laufstegen von Paris wieder. Doch das Leben als Model ist nicht nur glamourös, sondern auch hart und fordernd. Luise muss sich entscheiden, welchen Preis sie für ihren Traum zu zahlen bereit ist und ich war gespannt, was sie alles erleben wird. Dabei steht ihr Leben in der französischen Hauptstadt in starkem Kontrast zu denen Szenen auf dem Bauernhof, die man zuvor erlebt hat.

Katharina Fuchs ist es gelungen, mich in die Welt von Luise eintauchen zu lassen und deren Emotionen und Gedanken authentisch und einfühlsam zu beschreiben. Ich konnte mich gut in ihre Lage hineinversetzen. Besonders beeindruckend fand ich die Beschreibungen des Trubels rund um die Modeschauen und der Aftershow-Partys. Die Autorin, welche selbst in Paris gelebt hat, fängt in diesem Roman die verrückte Welt der Modebranche und des schilldernden Nachtlebens von Paris in den 90er Jahren gelungen ein und hat sich hier von einer wahren Geschichte inspirieren lassen. 

Nachdem die ersten Tage in Paris sehr ausführlich beschrieben sind, nimmt das Tempo im letzten Drittel deutlich zu. Mir persönlich wurde das etwas zu schnell. Da es noch einige lose Fäden und ein relativ offenes Ende gibt scheint eine Fortsetzung naheliegend.

Insgesamt ist "Der Traum vom Leben" ein gelungener Roman, der seine Leser:innen nach Paris und in die Welt der Mode in den 90er Jahren entführt. Dabei geht es nicht nur um den Glamour und die Schönheit der Modewelt, sondern zunehmend auch um die dunklen Seiten des Modellebens wie Erfolgsdruck, Hunger und Ausbeutung. Sehr gerne empfehle ich dieses abwechslungsreiche und faszinierende Buch weiter.

Donnerstag, 16. März 2023

Rezension: Lieblingstochter von Sarah Jollien-Fardel

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Lieblingstochter
Autorin: Sarah Jollien-Fardel
Übersetzerin aus dem Französischen: Theresa Benkert
Erscheinungsdatum: 14.02.2023
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783351041977

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In ihrem Roman „Lieblingstochter“ erzählt Sarah Jollien-Fardel die fiktive Geschichte von Jeanne, der jüngeren Schwester der titelgebenden Person, die ebenso wie diese in ihrer Kindheit unter der Gewalt des Vaters gelitten hat. Jeanne ist in einem kleinen Dorf im Wallis, einem Kanton der Schweiz, aufgewachsen. Sie schildert als erwachsene Ich-Erzählerin ihre Vergangenheit in Rückblicken.

Jeannes Vater war als Fernfahrer häufig mehrere Tage unterwegs. Wenn er aber zu Hause war, ließ er seinen ständigen Frust an seiner Frau und der älteren Tochter aus und wurde übergriffig. Darum haderte Jeanne schon als Kind mit dem Gedanken, dass sie eher wie er wäre. Aber so wollte sie nicht sein. Ein gezeichneter Tiger und ein unbedachtes Wort ließen sie dann jedoch ebenfalls den Zorn des Vaters spüren.

Das Titelbild zeigt die innere Zerrissenheit der Protagonisten und ihr Leben, das durch die erfahrene Gewalt in Scherben liegt. Erst im Laufe der Zeit beginnt sie, Verständnis für das Verhalten ihrer Mutter aufzubringen, für die die Trennung vom Ehemann und damit auch Jeannes Entkommen der wörtlichen und körperlichen Misshandlungen, nie in Frage kam. Später glaubt Jeanne immer wieder, Einzelheiten im Charakter ihres Vaters an sich selbst zu erkennen.

Bildung ist der einzige Ausweg aus dem Elternhaus, den sie sieht. Obwohl es kaum zu glauben ist, gelingt es ihr mit der Hilfe der Mutter und einer Lehrerin eine weiterführende Internatsschule besuchen zu können. Erst sehr viel später erfährt sie, wer ihr die finanzielle Möglichkeit dazu gegeben hat. Die Übergriffe, die sie, ihre Mutter und ihre Schwester erfahren, sind nicht immer vor anderen zu verbergen wie beispielsweise den Einwohnern des Orts, aber keiner schreitet ein, was Jeanne noch im Erwachsenenalter wütend macht und sie nicht verzeihen kann.

Die Autorin schildert die Exzesse nicht ausschweifend, es reichen wenige pointierte Sätze, um sich als Lesende die anwidernden Szenen bildhaft vorzustellen. Die Gefühle von Jeanne sind nachvollziehbar, auch die Überlegungen, warum sie sich zu der Person entwickelt hat, die sie nun ist. Im Rückblick hinterfragt sie ihre Partnerschaften und man spürt auch, dass sie willens ist eine reine, klare Liebe zu geben und zu erfahren, was aber durch ihre Zweifel erschwert ist.

„Lieblingstochter“ ist ein Roman mit vielen Tiefen und Szenen, die beim Lesen schmerzen und den inneren Zwiespalt der Gefühle der Protagonistin nachvollziehbar machen. Eine traurig schöne Erzählung, die nachhallt und ich daher empfehle. Die Geschichte ist eher nicht für empfindsame Personen geeignet.


Mittwoch, 15. März 2023

Rezension: Sommerhaus, später von Judith Hermann

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Sommerhaus, später
Autorin: Judith Hermann
Erscheinungsdatum: 15.03.2023 (Neuauflage)
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783103975116

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Das Buch „Sommerhaus, später“ ist der erste Erzählband von Judith Hermann, den sie vor etwa 25 Jahren geschrieben hat und der jetzt neu aufgelegt wird. Die Geschichten fanden damals große Beachtung und Lob. Insgesamt sind neun Erzählungen beinhalten. Der Titel wurde einer von ihnen entlehnt. Einige der Kurzgeschichten wurden inzwischen verfilmt und beziehungsweise oder vielfach als Schullektüre analysiert. Sie sind sehr unterschiedlich, jedoch konnte ich auch einige Gemeinsamkeiten erkennen. Allem voran fiel mir auf, dass häufig geraucht wird, sehr viel. Oft wird Alkohol konsumiert, manchmal gekifft und weil es noch nicht erfunden war, schaut niemand auf sein Handy oder tippt darauf herum. Dennoch stellt sich das Ambiente als nicht so entspannt dar, wie es vielleicht zunächst klingt. Jede der Geschichten überraschte mich mit unterschiedlichem Inhalt und interessanten Figuren.

In allen Erzählungen ist eine der ProtagonistInnen eine junge Frau, die das Leben zu genießen sucht, was ihr aber nicht immer nach ihrer Vorstellung gelingt. Dabei erscheint es so, als ob sie ihren Wunsch manchmal nicht genauer spezifizieren können. Ihr Verhalten findet zuweilen wenig Verständnis bei Bekannten und Unbekannten, Freunden und Verwandten. Sie sind Suchende nach einer haltbaren Tragfähigkeit ihres Lebens. Auch die übrigen Figuren sind abwechslungsreich gestaltet wie beispielsweise ein Künstler, der sich nicht zwischen zwei Frauen entscheiden will, ein alternder Hausbewohner mit Herz für die Jugend und ein Autor, der die Abgeschiedenheit sucht.

Der einfühlsame Sprachstil der Autorin hat über die Jahre hinweg nichts an Reiz verloren. Es gelingt ihr, die die Gefühle ihrer Figuren zum Lesenden hinzutransportieren. Rund um die von ihr geschilderten Handlungen schafft sie eine besondere Atmosphäre, die aus den Zeilen zu spüren ist. Ihre Fähigkeit, das Handeln der Personen begreiflich zu beschreiben, warf bei mir die Frage auf, ob Judith Hermann die Situationen, zumindest einige, aus eigener Erfahrung her aufgeschrieben hat.

Auch viele Jahre nach Erscheinen der Erstausgabe zeigen die Erzählungen im Buch „Sommerhaus, später“ ein Lebensgefühl in verschiedenen Szenarien, die Ende der 1990er spielen, bei dem für die ProtagonistInnen gilt, dass vieles Kann und nichts Muss. Das offene Ende regt dazu an, sich die folgenden Handlungen der Figuren vorzustellen. Meiner Meinung nach haben die Geschichten einen Platz in jedem Bücherregal verdient und daher vergebe ich gerne eine Leseempfehlung.


Rezension: Wir hätten uns alles gesagt von Judith Hermann

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wir hätten uns alles gesagt
Autorin: Judith Hermann
Erscheinungsdatum: 15.03.2023
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783103975109
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Das Buch „Wir hätten uns alles gesagt“ von Judith Hermann gibt die Vorlesungen wieder, die die Autorin im Rahmen einer Poetik-Vorlesungsreihe an der Goethe-Universität in Frankfurt an drei Abenden gehalten hat. Jedes Semester wird ein Autor oder eine Autorin zur Dozentur über Fragen zur poetischen Produktion und ihren Bedingungen ausgesucht. In diesem Rahmen kann er oder sie das Thema frei wählen. Dem vorgenannten Titel des Buchs wurde erläuternd ein „Vom Schweigen und Verschweigen im Schreiben“ angehängt. Hierin deutet sich an, dass Judith Hermann den Versuch wagt, den zuhörenden StudentInnen beziehungsweise den Lesenden ihres Buchs ihren Schreibkosmos zu erläutern.

Im Buch erklärt sie in einem kurzen Prolog wie der Text der Vorlesungen beziehungsweise des Buchs entstanden ist, in den sich persönlich Erlebtes eingemischt hat. Bewusst bringt sie sich dabei nicht selbst ins Spiel, sondern aus einer überlegenden späteren Draufsicht, ohne dafür die Gründe zu benennen, aber passend zum anschließenden Mysterium, wieviel Wahrheit in den autobiografisch angelehnten, erzählten Begebenheiten liegt.

Ausgangspunkt für die Geschichte ist Judith Hermanns Begegnung mit ihrem früheren Psychoanalytiker. Allerdings warfen ihre Aussagen über das, was und wie sie Selbsterlebtes beim Schreiben festhält, die gewollten Zweifel bei mir auf, ob das Erzählte der Realität entspricht. Denn die Autorin wendet das Geschehene wieder und wieder und reduziert dabei auf das, was ihr bemerkenswert erscheint. Ihr ist bewusst, dass dabei Vieles verlorengeht, aber rund um das Zurückbleibende baut sie ihre Geschichten auf und füllt sie mit Fantasie. Ich empfinde das als eine besondere Kunstform.

Bisher war die Autorin zurückhaltend damit, Informationen über sich selbst an die, Öffentlichkeit zu geben. Im vorliegenden Buch „Wir hätten uns alles gesagt“ erzählt Judith Hermann beispielhaft von Geschehnissen, in die ihre Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte eingebunden sind, die sie seit ihrer Kindheit durchs Leben begleitet haben. Dennoch erhält sie sich aufgrund ihres individuellen Schreibstils das Rätsel um den Wahrheitsgehalt des Erzählten. Ein Buch, wie kein anderes, das ich daher gerne empfehle.


Dienstag, 14. März 2023

Rezension: Wolfskinder von Vera Buck


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Wolfskinder
Autorin: Vera Buck
Paperback: 416 Seiten
Erschienen am 14. März 2023
Verlag: Rowohlt Taschenbuch

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Zehn Jahre sind vergangen, seit Smillas beste Freundin Juli bei einer Übernachtung im Wald beim Faunfelsen verschwunden ist. Von ihr fehlt seither jede Spur und jeglicher Hinweis, was mit ihr geschehen ist. Inzwischen arbeitet Smilla als Volontärin bei einer Lokalzeitung und versucht privat, mehr über diverse Vermisstenfälle in der Gegend in den letzten Jahren herauszufinden. Unterdessen kommt es zu einem weiteren Vorfall: Die Schülerin Rebekka verschwindet während der großen Pause. Sie und Jesse stammen aus dem kleinen Dorf Jakobsleiter hoch oben in den Bergen, wo sie als Teil einer Täufergemeinde ein einfaches Leben führen. Im Tal begegnet man den Sonderlingen entweder mit Argwohl oder Verachtung. Verzweifelt versucht Jesse, Hilfe bei der Suche nach Rebekka zu erhalten.

"Wolfskinder" ist der erste Thriller von Vera Buck. Ich kenne bisher nur "Runa" von der Autorin, das mich mit seiner düsteren Atmosphäre fesseln konnte. Die Geschichte wirft gleich zu Beginn mit einer beklemmenden Szene Fragen auf. In dieser versucht jemand, in völliger Dunkelheit einen Ausgang zu finden, wird aber wieder zurückgezogen. 

Danach lernte ich die Journalistin Smilla und den Schüler Jesse kennen, aus deren Perspektive die meisten Kapitel geschrieben sind. Zusätzlich kommen die Lehrerin Laura sowie Isaiah, der Prieser von Jakobsleiter, zu Wort. Und auch in die Gedankengänge von Edith, die in Jakobsleiter lebt, nicht spricht, aber eine aufmerksame Zuschauerin ist und die Welt auf ihre Art und Weise interpretiert, erhielt ich Einblicke. Jeder von ihnen hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Erzählsound.

Ich hatte leider Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Nachdem die erste Spannung wieder abgeflacht ist lernt man das Umfeld der einzelnen Erzählstimmen besser kennen. Dabei verhält sich fast in ihrem Umfeld unfreundlich bis feindselig: Die Mitschüler von Jesse und Rebekka, die anderen Bewohner von Jakobsleiter, ja selbst die Journalisten in der Redaktion von Smilla. Überall warten geballte negative Emotionen, erst später in der Geschichte tauchen ein paar freundliche Charaktere auf.

Im Mittelteil fehlt dem Buch aus meiner Sicht der Schwung, durch die bedrohliche Stimmung gibt es psychologische Spannung, aber die Handlung kommt nicht so recht voran. Mehr Bewegung entsteht erst, als Smilla ein Mädchen vors Auto läuft, das ihrer verschwundenen Freundin Juli ähnelt. Die Situation wird schon in der Buchbeschreibung angekündigt, findet aber erst auf der Hälfte des Buches statt. 

Zum Ende hin wird es dann noch einmal besonders dramatisch und gefährlich, doch auch die Auflösung hat in Sachen Glaubwürdigkeit für mich nicht hundertprozentig funktioniert. Für mich bleibt "Wolfskinder" daher nur ein durchschnittlicher Thriller, der vor allem für Fans atmosphärischer Beschreibungen und psychologischer Spannung interessant sein dürfte.

Montag, 13. März 2023

Rezension: Fatmanurs fabelhafte Backwelt von Fatmanur Kilic

 


Rezension von Ingrid Eßer



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Titel: Fatmanurs fabelhafte Backwelt
Lieblingsrezepte von süß bis herzhaft
Autorin: Fatmanur Kilic
Erscheinungsdatum: 01.03.2023
Verlag: Gräfe & Unzer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783833889226
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Fatmanur Kilic bietet in ihrem Buch „Fatmanurs fabelhafte Backwelt“ etwa 60 Rezepte an. Sie ist gelernte Konditorin, Mitte 20 und in den Sozialen Medien unter dem Namen „Kilic-Story“ zu finden. Bei ihren Rezepten achtet sie darauf, dass sie einfach zu backen oder zu erstellen sind, lecker schmecken und appetitlich anzusehen sind.

Nach einem Vorwort, einer Kurzvorstellung der Bäckerin und einem Interview mit ihr, beginnt der Rezeptteil. Das Buch ist untergliedert in die Kategorien Basics & Grundrezepte, Klassiker à la Fatmanur, Easy peasy & megalecker, Schönes für besondere Anlässe, Kleine Köstlichkeiten & Dessert sowie Brot, Brötchen & Herzhaftes. Im ersten Kapitel zeigt Fatmanur Kilic auf jeweils einer Doppelseite welche Backzutaten in ihrer Küche nie fehlen und welche Utensilien sie immer zur Hand hat. Dann folgen die Rezepte für vier Grundteige und vier Cremes zum Füllen oder Verzieren des Gebäcks, die begleitet werden mit anregenden Fotos, meist vom Resultat.

Die Rezepte werden ansprechend in Szene gesetzt mit ganzseitigen Fotos von Julia Hoersch und gestylt von Anne Haupt, wobei sich Meike Graf um die Requisite gekümmert hat. Fatnamur Kilic gibt zu manchen Zubereitungen gute Tipps. Zu einigen Rezeptangeboten findet sich auf der Foto- oder Anleitungsseite ein Barcode zum Scannen, mit dem man eine Video-Anleitung aufrufen kann. Mehrfach finden sich im Buch doppelseitige Lifehacks zum Dekorieren des Backwerks, die zum Auffinden leider nicht einzeln gelistet sind. Ein alphabetisches Register am Ende des Buchs hilft dabei, Rezepte zu finden. Hier kann man auch nachschlagen, wenn man eine bestimmte Hauptzutat wie beispielsweise eine Obstsorte vorrätig und damit etwas backen möchte, denn bestimmte Backzutaten oder -arten sind hervorgehoben.

Inzwischen habe ich sowohl die fluffigen Amerikaner wie auch die Dinkel-Quark-Brötchen mit Schokodrops nachgebacken. Die Zubereitung war einfach erklärt und ausführlich. Die Backzeit und -temperatur war passend, so dass das Ergebnis köstlich war. Es fehlte die Angabe, dass mit Ober- und Unterhitze gebacken wird und eine alternative Einstellung für den Heißluftherd.

Das Buch „Fatmanurs fabelhafte Backwelt“ bietet neben schmackhaften Rezepten eine attraktive Aufmachung, die zum Backen anregen. Meine Familie wird sicherlich noch mit mancher Leckerei daraus verwöhnt werden. Daher empfehle ich das Buch gerne weiter. 



Samstag, 11. März 2023

Rezension: Morgen, morgen und wieder morgen von Gabrielle Zevin


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Morgen, morgen und wieder morgen
Autorin: Gabrielle Zevin
Übersetzerin: Sonia Bonné
Hardcover: 560 Seiten
Erschienen am 24. Februar 2023
Verlag: eichborn

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Die elfjährige Sadie und der zwölfjährige Sam lernen sich Mitte der 90er Jahre in einem Krankenhaus in Kalifornien kennen. Sadies Schwester ist an Krebs erkrankt, während Sams Fuß bei einem Autounfall zertrümmert wurde und er seine Mutter verloren hat. Er hat seit Wochen mit niemandem geredet, doch nun erklärt er Sadie, wie sie mit Super Mario oben auf der Fahnenstange landen kann. Die beiden freunden sich über Monate hinweg an, bis Sam etwas herausfindet, das Sadie ihm verheimlicht hat, und den Kontakt abbricht.

Jahre später studiert Sam in Harvard und Sadie am MIT. Die beiden sehen sich in einer U-Bahn-Station wieder, wo Sadie ihm ein von ihr programmiertes Spiel überreicht. Sam ist begeistert und schlägt ihr vor, gemeinsam ein Computerspiel zu entwickeln. Mit dabei ist auch Sams Mitbewohner Marx, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich um Sam zu kümmern. Das Spiel wird ein durchschlagender Erfolg. Doch Meinungsverschiedenheiten und verletzte Gefühle sorgen für Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Können sie trotzdem gemeinsam weitermachen?

Ein Roman über Computerspiele! Mit diesem Thema hat die Autorin mein Interesse geweckt und ich war gespannt auf die Umsetzung. Die beiden Protagonisten Sadie und Sam sind beide in Los Angeles aufgewachsen, Sadie jedoch im vornehmen Beverly Hills und Sam im ärmeren Koreatown. Trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe finden sie in ihrer gemeinsamen Liebe zu Computerspielen eine Verbindung. Beide Charaktere sind nicht frei von Schwächen, so fühlt sich Sam immer wieder als Außenseiter und Sadie findet, dass ihre Leistung nicht genug gewürdigt wird. Daraus entsteht Konfliktpotenzial, das dafür sorgt, dass die Handlung unvorhersehbar bleibt.

Die Geschichte konnte mich schnell fesseln. Besonders gut gefallen hat mir die Vielschichtigkeit der Themen. Es geht unter anderem um den Umgang mit Erfolg und Erfolgsdruck, Freundschaft und Zusammenhalt, Frauen in der Computerspielbranche, toxische Beziehungen, unerfüllte Liebe und den Umgang mit Krankheit und Verlust. Die Autorin beschreibt einfühlsam, wie die Figuren mit den sich ihnen stellenden Herausforderungen umgehen. Sie erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, was mir einen tiefen Einblick in die Gedanken und Gefühle der Charaktere ermöglichte.

Das Buch ist eine Hommage an die Computerspiele der 80er, 90er und 2000er, von Oregon Trail über Super Mario und Donkey Kong bis hin zu Farmspielen wie Harvest Moon. Sadie und Sam zocken leidenschaftlich gern. Die zahlreichen Einblicke in die Welt der Computerspielbranche und die Herausforderungen der Spieleentwicklung fand ich interessant. Erfreulicherweise ist die Bandbreite an Spielen, über die gesprochen wird, ebenso groß wie die der Themen und Charaktere.

Insgesamt ist "Morgen, morgen und wieder morgen" ein großartiges Buch, das mich durchweg begeistern konnte. Ich spreche eine Leseempfehlung an alle aus, die eine bewegende Geschichte voller schöner ebenso wie dramatischer Momente suchen, in dem die Liebe zum Spiel das zentrale Element ist, was alles zusammenhält.

Montag, 6. März 2023

Rezension: Das kleine Bücherdorf - Frühlingsfunkeln von Katharina Herzog


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Das kleine Bücherdorf - Frühlingsfunkeln
Autorin: Katharina Herzog
Broschiert: 384 Seiten
Erschienen am 14. Februar 2023
Verlag: Rowohlt Taschenbuch

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Shona führt im Bücherdorf Swinton-On-Sea in Schottland ein erfolgreiches Café. Was niemand ahnt ist, dass sie schon seit Jahren den Blog "What I wanted to tell you" betreibt, auf dem sie nie abgeschickte Briefe veröffentlicht. Angefangen hat alles mit ihrem eigenen Brief an ihren verstorbenen Freund Alfie, dessen Tod bis heute bei ihr Schuldgefühle auslöst. Kurz vor seinem zehnten Todestag taucht plötzlich Nathan in der Stadt auf, mit dem sie und Alfie früher ein unzertrennliches Dreiergespannt gebildet haben. Inzwischen ist er Bestsellerautor und hat schon lange keinen Kontakt mehr zu Shona. Doch noch immer hat er Gefühle für sie - und ein großes Geheimnis, das er seit Alfies Tod hütet...

Ich habe mich darauf gefreut, ein zweites Mal ins Bücherdorf zu reisen und mehr über Shona zu erfahren, die ich im ersten Band bereits als eher unterkühlte Schwester von Graham kennengelernt habe. Die Geschichte beginnt mit einem viele Jahre zurückliegenden Prolog, in dem sich Shona, Alfie und Nathan schwören, immer füreinander da zu sein. Doch in der Gegenwart ist Alfie seit 10 Jahren tot, und zu Nathan hat Shona den Kontakt verloren.

Schnell stellte ich fest, dass hinter Shonas kühler Fassade eine verletzliche Person steckt, die ihre schmerzhaften Erinnerungen weggesperrt, aber nie ganz verarbeitet hat. Als das Haus, in dem Alfie einst lebte, zum Verkauf steht, ist sie entschlossen, dies trotz aller Herausforderungen, die dies mit sich bringt, zu erwerben. Eine große Überraschung erwartet sie, als sie im Haus ausgerechnet auf Nathan trifft, der heimlich nach Swinton zurückgekehrt ist.

Gespannt verfolgte ich, ob es Shona gelingen wird, das nötige Geld für den Hauskauf aufzutreiben. Die Gespräche mit Nathan bringen alte Erinnerungen zurück an die Oberfläche. Das Gefühlschaos wird noch dadurch verstärkt, dass ihr plötzlich jemand im Namen von Alfie eine Antwort auf den Brief schickt, den sie auf ihrem Blog an ihr gerichtet hat. Mit unerwarteten Entwicklungen konnte mich die Autorin in ihren Bann ziehen und die Spannung aufrecht erhalten. Ich konnte mich gut in Shona hineinversetzen und hoffte mit, dass sie und Nathan zueinander finden. Doch vorher gibt es allerlei Herausforderungen, Geheimnisse und Missverständnisse zu bewältigen.

Neben Shona und Nathan gibt es ein Wiedersehen mit vielen tollen Charkteren, die ich schon aus dem ersten Band kannte, sodass ich das Gefühl hatte, das ganze Dorf immer besser kennenzulernen. Katharina Herzog schafft mit ihren Beschreibungen von Switon und seinen Einwohnern eine warmherzige und gemütliche Atmosphäre. Zum Glück folgen noch zwei weitere Bände! Ich spreche eine klare Leseempfehlung für alle aus, die eine berührende und unterhaltsame Geschichte suchen!

Sonntag, 5. März 2023

Rezension: Blautöne von Anne Cathrine Bomann

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Blautöne
Autorin: Anne Cathrine Bomann
Übersetzerin aus dem Dänischen: Franziska Hüther
Erscheinungsdatum: 20.02.2023
Verlag: hanserblau (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783446273870
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Im Roman „Blautöne“ nimmt die Dänin Anne Cathrine Bomann sich des interessanten Themas an, ob es gegen anhaltende Trauer ein Medikament geben sollte. Der Titel ist eine Anspielung auf die Blue Notes in der Musik, die sich meist im Blues in drei unterschiedlichen Tonstufen Ausdruck finden und auch als traurige Noten bezeichnet werden. In der Erzählung stehen die Blautöne in Bezug auf die Abweichungen von den Normalwerten innerhalb einer Skala, die beachtenswert sein sollten, aber aus Gründen lieber unberücksichtigt bleiben, weil sie den Durchschnitt verzerren.

Thorsten Gjeldsted ist Psychologieprofessor an der Universität Aarhus und Leiter eines Teams, dass ein kurz vor der Zulassung stehendes Trauermedikament einer Feldstudie unterzieht. Das Pharmaunternehmen rechnet mit einem großen Erfolg des Arzneimittels. Nach Vorlage einer Statistik fallen Thorsten Werte auf, die einen Zusammenhang zeigen zwischen der Verbesserung des Gemütszustands der Probanden und der Abnahme ihrer Empathie. Die Besorgnis von Elisabeth Nordin wächst zusehends, weil sie um die Schwächen des Medikaments weiß. Sie ist Forschungsleiterin des Pharmaherstellers und hat das Medikament selbst erprobt, ohne das andere davon wissen. Es beginnt ein spannender Wettlauf mit der Zeit, ob die Arznei eine Zulassung erhält.

Anne Cathrine Bomann verpackt das Für und Wider, anhaltende Trauer durch die Einnahme eines Medikaments zu lindern, in eine ansprechende Geschichte. Die Autorin arbeitet als Psychologin und jederzeit hatte ich das Gefühl, sie weiß, wovon sie schreibt, eventuell auch aufgrund eigener Erfahrung und Kenntnis. Es gelingt ihr die Vermittlung an den Lesenden auf verständliche Weise. Neben Thorsten und Elisabeth stellt sie außerdem die beiden Studentinnen Anna und Shadi in den Fokus, die sich in der Phase des Schreibens ihrer Masterarbeit befinden. Im Laufe des Lesens erfuhr ich mehr über die psychischen Probleme der beiden und darüber, wie sie diese auf sehr unterschiedliche Weise verarbeiten. Auch hierbei wird das den Roman überlagernde Thema des Nutzens einer Medikation aufgeworfen.

Zu Beginn der Geschichte erzählt Anne Cathrine Bomann aus welchem Grund Elisabeth auf die Idee kam, eine Arznei gegen pathologische Traurigkeit zu erforschen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich Verständnis für die Figur aufbringen, doch ihre Handlungen ließen ihre Sympathiepunkte bei mir zusehends schwinden. Dennoch ist eine solche Entwicklung realistisch vorstellbar. Die Protagonistin verkörpert nachvollziehbar die Sichtweise der Pharmazie.

Der Roman „Blautöne“ von Anne Cathrine Bomann hat mich begeistert aufgrund der unaufdringlichen Argumentation, ob und wann ein Arzneimittel hilfreich ist. Gleichzeitig zeigt sie beispielhaft auf, wie wichtig es ist, Gefühle zuzulassen. Sie findet mit ihrem Schreibstil genau den passenden Ton einer konstruktiven Auseinandersetzung, ohne sich selbst fest zu positionieren. Ihre Figuren überzeugen durch ihre Realitätsnähe. Das Thema des Buchs ließ mich nach dem Lesen nachdenklich zurück. Sehr gerne empfehle ich es weiter. 

Freitag, 3. März 2023

Rezension: Die kleine Bucht in Kroatien von Julie Caplin


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Die kleine Bucht in Kroatien
Autorin: Julie Caplin
Übersetzerin: Christiane Steen
Taschenbuch: 448 Seiten
Erschienen am 14. Februar 2023
Verlag: Rowohlt Taschenbuch

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Maddie hat Kunstgeschichte studiert und träumt davon, ihre eigenen Bilder in einer Galerie auszustellen, doch bislang hat das nicht geklappt. Als sie von ihrer Freundin Nina das Angebot erhält, zweieinhalb Wochen auf einem Boot in Kroatien als Haushälterin zu arbeiten, sagt sie begeistert zu. Besonders neugierig ist sie auf Ninas Bruder, der mit seiner Model-Freundin zu den Gästen gehört, doch der fällt gleich bei der ersten Begegnung mit seiner Überheblichkeit bei ihr durch. Die traumhafte Kulisse der kroatischen Inseln bietet Maddie reichlich Entschädigung, während die Gäste ihr einiges an Drama bieten, in das sie mit hineingezogen wird.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass der Rowohlt Verlag sich entschieden hat, dieses Buch zu übersetzen, denn es ist im Original ein früherer Teil der Reihe, der in den deutschen Veröffentlichungen bislang übersprungen wurde. Im ersten Kapitel lernte ich Nick kennen, der in Schottland als Schafzüchter arbeitet und bei einem Shooting auf den Ländereien seiner Familie das Model Tara kennenlernt. Danach springt die Geschichte zu Maddie, die schon nach wenigen Seiten in Kroatien das Boot besteigt, auf dem sie als Haushälterin arbeiten soll.

Mit Maddie an Bord ist der sympathische Skipper Ivan, der sie vor der Abfahrt noch mit zu seiner Familie nimmt, sowie sechs Gäste, die ein Luxusleben gewöhnt sind. Die beiden Models Tara und Cory sind von sich selbst eingenommen und behandeln Maddie herablassend, während Douglas als Sponsor der Reise ebenso wie Siri freundlich und gelassen ist und Simon beginnt, mit ihr zu flirten. Nick, ist anfangs ziemlich arrogant, im Laufe der Geschichte lernt man ihn aber besser kennen und er erweist sich als charmanter und liebenswerter Charakter.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht zu lesen, so dass ich schnell in die Geschichte eintauchen konnte. Als Leserin wurde ich mitgenommen auf die Reise durch eine malerische Landschaft, die zum Wegträumen einlud.  Die Konflikte, in die Maddie hineingezogen wird, geben der Geschichte zusätzliche Tiefe und sorgen dafür, dass ich bis zum Ende mitfieberte. Im Hinblick auf die Übersetzung hat mich leider erneut wie auch schon bei den vorherigen Teilen der Reihe gestört, dass sich die Charaktere aus meiner Sicht viel zu lange Siezen. Vor allem die Kombination aus Vorname + Sie ist für Charaktere diesen Alters nicht üblich.

Insgesamt ist "Die kleine Bucht in Kroatien" von Julie Caplin eine schöne Liebesgeschichte, die eine Auszeit vom Alltag bietet. Wer nach einer leichten und unterhaltsamen Lektüre vor der malerischen Kulisse der kroatischen Inseln sucht, der wird dieses Buch sicherlich genießen.