25 Jahre nach dem Erscheinen von "Sommerhaus, später" ist der Titel nun in einer hochwertigen, in Leinen gebundenen Neuausgabe veröffentlicht worden. Für mich war es das erste Buch von Judith Hermann. Es enthält neun Erzählungen, die mich in ganz unterschiedliche Umgebungen mitnahmen.
Gleich der erste Satz von "Rote Korallen" zog mich in seinen Bann: "Mein erster und einziger Besuch bei einem Therapeuten kostete mich das rote Korallenarmband und meinen Geliebten." (S.11) Von Neugier getrieben las ich "Rote Korallen" an einem Stück. Die Erzählerin ließ mich an der Geschichte ihrer Großmutter teilhaben und spannt dabei einen Bogen bis zu ihrer Erzählgegenwart.
Judith Hermanns Sound wurde von Kritikern vielfach gelobt und auch ich erlebte diesen als Interesse weckend und zugänglich. Es gab viele Momente, die bei mir Resonanz erzeugten, auch wenn das Beschriebene sich gelegentlich dem Rationalen entzieht.
Neben der ersten Erzählung hat mich vor allem das titelgebende "Sommerhaus, später" gedanklich länger beschäftigt. Der Charakter Stein fällt in seinem Handeln aus dem Rahmen des Gewöhnlichen heraus und trifft Entscheidungen, die überraschen und nachdenklich stimmen. Andere Erzählungen konnten mich weniger abholen, beispielsweise ließ ich "Bali-Frau" schnell hinter mir.
Insgesamt sind die neun Erzählungen eine gelungene Zusammenstellung, in denen ich Charakteren begegnete, die ein gewöhnliches Leben führen. Ihr Handeln entspringt aus der Sehnsucht nach etwas und führt zu überraschenden Entwicklungen. Auch 25 Jahre nach der Erstveröffentlichung ist "Sommerhaus, später" eine lohnenswerte Lektüre.