Mittwoch, 15. März 2023

Rezension: Wir hätten uns alles gesagt von Judith Hermann

 


Rezension von Ingrid Eßer

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Titel: Wir hätten uns alles gesagt
Autorin: Judith Hermann
Erscheinungsdatum: 15.03.2023
Verlag: S. Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783103975109
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Das Buch „Wir hätten uns alles gesagt“ von Judith Hermann gibt die Vorlesungen wieder, die die Autorin im Rahmen einer Poetik-Vorlesungsreihe an der Goethe-Universität in Frankfurt an drei Abenden gehalten hat. Jedes Semester wird ein Autor oder eine Autorin zur Dozentur über Fragen zur poetischen Produktion und ihren Bedingungen ausgesucht. In diesem Rahmen kann er oder sie das Thema frei wählen. Dem vorgenannten Titel des Buchs wurde erläuternd ein „Vom Schweigen und Verschweigen im Schreiben“ angehängt. Hierin deutet sich an, dass Judith Hermann den Versuch wagt, den zuhörenden StudentInnen beziehungsweise den Lesenden ihres Buchs ihren Schreibkosmos zu erläutern.

Im Buch erklärt sie in einem kurzen Prolog wie der Text der Vorlesungen beziehungsweise des Buchs entstanden ist, in den sich persönlich Erlebtes eingemischt hat. Bewusst bringt sie sich dabei nicht selbst ins Spiel, sondern aus einer überlegenden späteren Draufsicht, ohne dafür die Gründe zu benennen, aber passend zum anschließenden Mysterium, wieviel Wahrheit in den autobiografisch angelehnten, erzählten Begebenheiten liegt.

Ausgangspunkt für die Geschichte ist Judith Hermanns Begegnung mit ihrem früheren Psychoanalytiker. Allerdings warfen ihre Aussagen über das, was und wie sie Selbsterlebtes beim Schreiben festhält, die gewollten Zweifel bei mir auf, ob das Erzählte der Realität entspricht. Denn die Autorin wendet das Geschehene wieder und wieder und reduziert dabei auf das, was ihr bemerkenswert erscheint. Ihr ist bewusst, dass dabei Vieles verlorengeht, aber rund um das Zurückbleibende baut sie ihre Geschichten auf und füllt sie mit Fantasie. Ich empfinde das als eine besondere Kunstform.

Bisher war die Autorin zurückhaltend damit, Informationen über sich selbst an die, Öffentlichkeit zu geben. Im vorliegenden Buch „Wir hätten uns alles gesagt“ erzählt Judith Hermann beispielhaft von Geschehnissen, in die ihre Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte eingebunden sind, die sie seit ihrer Kindheit durchs Leben begleitet haben. Dennoch erhält sie sich aufgrund ihres individuellen Schreibstils das Rätsel um den Wahrheitsgehalt des Erzählten. Ein Buch, wie kein anderes, das ich daher gerne empfehle.


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