Zehn Jahre sind vergangen, seit Smillas beste Freundin Juli bei einer Übernachtung im Wald beim Faunfelsen verschwunden ist. Von ihr fehlt seither jede Spur und jeglicher Hinweis, was mit ihr geschehen ist. Inzwischen arbeitet Smilla als Volontärin bei einer Lokalzeitung und versucht privat, mehr über diverse Vermisstenfälle in der Gegend in den letzten Jahren herauszufinden. Unterdessen kommt es zu einem weiteren Vorfall: Die Schülerin Rebekka verschwindet während der großen Pause. Sie und Jesse stammen aus dem kleinen Dorf Jakobsleiter hoch oben in den Bergen, wo sie als Teil einer Täufergemeinde ein einfaches Leben führen. Im Tal begegnet man den Sonderlingen entweder mit Argwohl oder Verachtung. Verzweifelt versucht Jesse, Hilfe bei der Suche nach Rebekka zu erhalten.
"Wolfskinder" ist der erste Thriller von Vera Buck. Ich kenne bisher nur "Runa" von der Autorin, das mich mit seiner düsteren Atmosphäre fesseln konnte. Die Geschichte wirft gleich zu Beginn mit einer beklemmenden Szene Fragen auf. In dieser versucht jemand, in völliger Dunkelheit einen Ausgang zu finden, wird aber wieder zurückgezogen.
Danach lernte ich die Journalistin Smilla und den Schüler Jesse kennen, aus deren Perspektive die meisten Kapitel geschrieben sind. Zusätzlich kommen die Lehrerin Laura sowie Isaiah, der Prieser von Jakobsleiter, zu Wort. Und auch in die Gedankengänge von Edith, die in Jakobsleiter lebt, nicht spricht, aber eine aufmerksame Zuschauerin ist und die Welt auf ihre Art und Weise interpretiert, erhielt ich Einblicke. Jeder von ihnen hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Erzählsound.
Ich hatte leider Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Nachdem die erste Spannung wieder abgeflacht ist lernt man das Umfeld der einzelnen Erzählstimmen besser kennen. Dabei verhält sich fast in ihrem Umfeld unfreundlich bis feindselig: Die Mitschüler von Jesse und Rebekka, die anderen Bewohner von Jakobsleiter, ja selbst die Journalisten in der Redaktion von Smilla. Überall warten geballte negative Emotionen, erst später in der Geschichte tauchen ein paar freundliche Charaktere auf.
Im Mittelteil fehlt dem Buch aus meiner Sicht der Schwung, durch die bedrohliche Stimmung gibt es psychologische Spannung, aber die Handlung kommt nicht so recht voran. Mehr Bewegung entsteht erst, als Smilla ein Mädchen vors Auto läuft, das ihrer verschwundenen Freundin Juli ähnelt. Die Situation wird schon in der Buchbeschreibung angekündigt, findet aber erst auf der Hälfte des Buches statt.
Zum Ende hin wird es dann noch einmal besonders dramatisch und gefährlich, doch auch die Auflösung hat in Sachen Glaubwürdigkeit für mich nicht hundertprozentig funktioniert. Für mich bleibt "Wolfskinder" daher nur ein durchschnittlicher Thriller, der vor allem für Fans atmosphärischer Beschreibungen und psychologischer Spannung interessant sein dürfte.