Titel: Die Bibliothek der Hoffnung
Autorin: Kate Thompson
Übersetzerin aus dem Englischen: Anja Schünemann
Erscheinungsdatum: 01.03.2023
Verlag: Knaur (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783426529867
Der Titel des Romans „Die Bibliothek der Hoffnung“ von Kate
Thompson weist darauf hin, dass das Eintauchen in Buchgeschichten für viele
Londoner im Zweiten Weltkrieg zu einer Flucht aus dem Alltag wurde. Allerdings
ist es keine übliche Bücherei, die im Fokus der Erzählung steht, denn sie
befindet sich in der noch nicht fertiggestellten U-Bahn-Station Bethnal Green
im Londoner East End.
Nachdem zu Beginn des Blitz, wie die deutschen Luftangriffe
in dieser Zeit genannt werden, eine Bombe in das Dach der öffentlichen
Leihbibliothek des Viertels eingeschlagen ist, wird die Idee umgesetzt, die
Ausleihe unterirdisch weiterzubetreiben. Die ungenutzten Gleise werden mit
Holzbohlen abgedeckt und in der Station entsteht nicht nur eine Bücherei,
sondern auch andere kulturelle Angebote und außerdem die Möglichkeit für
tausende Londoner, die inzwischen obdachlos geworden sind, in Stockbetten zu
übernachten. Dieser Teil der Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten.
Die Autorin kreiert mit den beiden Protagonistinnen Clara
und Ruby zwei interessante Figuren, die beste Freundinnen sind. Beide arbeiten
als Bibliothekarinnen und sind Mitte Zwanzig. Die verwitwete Clara leitet die unterirdische
Bücherei. Ihr Herz schlägt vor allem für Kinder, die sie in jeder Form ans
Lesen heranführen möchte. Im Vergleich mit ihr ist Ruby offener damit, eine
Liebschaft einzugehen und putzt sich gerne heraus. Sie liebt Romanzen und gönnt
jedem älteren Lesenden eine leichte Lektüre, um sich von der Realität abzulenken.
Immer wieder kommen den zwei Freundinnen neue Ideen, wie sie Leser und
Leserinnen jeden Alters und gleich welchen Stands gewinnen können. Ihren
Aufgaben gehen sie mit viel Engagement und Herz nach.
Obwohl die beiden versuchen, es den Kunden der Bibliothek
gegenüber nicht zu zeigen, hat jede von ihnen ihre ganz eigenen privaten
Probleme. Auf diese Weise bringt Kate Thompson die damaligen Konventionen in
ihren Roman ein sowie die bittere Tragik des Krieges. Dennoch stellt sie den
Protagonistinnen Figuren zur Seite, die ihnen in Zeiten dunkler Gemütsverfassung
behilflich sind, wobei die Liebe nicht fehlen darf. Gleichzeitig schildert sie
auch manch amüsante Geschichte als Kontrast zu den verheerenden Folgen des
Krieges unter denen fast jede handelnde Person leidet.
In der U-Bahn-Bücherei Londons ist zu Kriegszeiten eine
Schicksalsgemeinschaft entstanden, die Kate Thompson in ihrem Roman „Die
Bibliothek der Hoffnung abbildet. Persönliche Verluste wollen überwunden
werden, Missverständnisse von Liebenden geklärt und die eigene Position
verteidigt werden. Durch gute Recherche und mit einigen geschickten
Konstruktionen gelingt ihr ein beeindruckend wirklichkeitsnahes Bild der unterirdisch
Zuflucht suchenden Gesellschaft, das beim Lesen berührt und mitreißt. Gerne
empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.