Rezension von Ingrid Eßer
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Titel: Die unglaubliche Grace Adams
Autorin: Fran Littlewood
Übersetzerin aus dem Englischen: Katharina Naumann
Erscheinungsdatum: 27.04.2023
Verlag: Ullstein (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Broschur mit gestalteten Klappen
ISBN: 9783864932083
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Bereits die erste Szene des Romans „Die unglaubliche Grace
Adams“ der Engländerin Fran Littlewood zeigte mir als Leserin, wozu die
titelgebende Protagonistin in der Lage ist: mitten im Stau steigt sie aus Frust
aus ihrem Auto und lässt es stehen, denn sie hat eine Mission und die kann
nicht warten. Es ist der Tag des 16. Geburtstags ihrer Tochter, die nach einem
Familienstreit vor kurzem zu ihrem Vater gezogen ist, von dem Grace getrennt
lebt. Aus diesem Anlass möchte sie ihr unbedingt gratulieren und ihr eine ganz
besondere Torte schenken, die sie noch abholen muss. Sie will ihrem Kind aber
auch zeigen, dass sie sie noch liebt, und sie will sie wieder zu sich nach
Hause holen.
Für ihr Empfinden benötigt die Bäckereifachverkäuferin viel
zu lange, um ein Geschenkband um die Tortenschachtel zu binden. Als ihre Kräfte
unterwegs schwinden, besorgt sie sich einen Golfschläger und benutzt ihn als
Stütze. Das Titelbild zeigt eine euphorische Grace mit Geschenk und Putter. Die
leuchtenden Farben symbolisieren die Hitze des Tages. Der Untertitel „Grace
kann alles. Außer ruhig bleiben“ zeigt, dass von der Protagonistin einige
spontane, übersteigerte Reaktionen im Roman zu erwarten sind. Ich wurde nicht
enttäuscht.
Die Geschichte spielt auf drei Handlungsebenen. Während
Grace auf dem Weg zu ihrer Tochter ist, denkt sie an verschiedene Ereignisse
zurück. Einerseits erfuhr ich, wie die Hauptfigur mit 28 Jahren ihren Ehemann
kennenlernte und was in den darauffolgenden Jahren geschah, andererseits konnte
ich verfolgen, was vor vier Monaten zum Zerwürfnis mit ihrem Kind führte. Ich
las von dem Sprachtalent der Protagonistin, von heiteren gemeinsamen Momenten
mit ihrem Mann, aber auch von ihren Problemen mit seiner Mutter. Aktueller war
die Sorge um ihre Tochter, nachdem sie den Tipp erhalten hatte, deren
Instagram-Account zu checken. Ihre Kommunikation fand nicht mehr auf einer
Ebene statt und war zunehmend gestört. Erst mit dem Aufdecken weiterer Details der
Vergangenheit von Grace verstand ich, dass es ein Ereignis gab, über das sie
den Mantel des Schweigens gehüllt hat, was zunehmend die Beziehung mit ihrem
Mann belastete. Die Rückblenden führen zum Ende hin durch das Einhalten des
chronologischen Ablaufs zu kleinen Längen.
Die bunte Umschlaggestaltung covert die Probleme von Grace,
die tiefer gehen und berühren. Zunehmend konnte ich ihre Wut und ihre
überzogenen Handlungen verstehen über all diejenigen, die versuchten, sie von
ihrem Plan abzuhalten. Ich nahm ihre Traurigkeit beim Lesen wahr, ihre Liebe und
ihre Verzweiflung, aber auch ihren unnachgiebigen Willen, alles dafür zu geben,
um ihr Ziel zu erreichen.
Fran Littlewood sorgt mit ihrem Debüt „Die unglaubliche
Grace Adams“ durch manche unvorhersehbare Wendung für eine ansprechende und
teils amüsante Unterhaltung. Der Wunsch von Grace, eine gute Mutter zu sein und
ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen führt für die inzwischen Mitte
40-jährige zu einiger Tragik in Bezug darauf, ein selbstbestimmtes Leben zu
haben. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für diese emotional einfühlsam
erzählte Geschichte.