Mit seinem Roman „Blue Skies“ unterhält T.C. Boyle den
Lesenden mit einem besorgniserregenden Szenarium, das sich an der Ost-
beziehungsweise Westküste der USA abspielt. Der Titel wird zum Homonym, wenn
die Sonne nicht nur auf die Erde strahlt, sondern ihre gesamte Kraft
ununterbrochen wirkt. Die Geschichte spielt irgendwann zwischen heute und der
nahen Zukunft. Es ist unverkennbar, dass die Figuren der Geschichte zunehmend
die Folgen des Klimawandels spüren und damit lernen müssen umzugehen. Die
Umschlaggestaltung reizt durch Gegenfarben, die mich neugierig auf den Inhalt
machten.
Die Protagonistin Ottilie hat das Rentenalter bereits
erreicht, aber ihr Ehemann wird als Arzt seine Praxis noch eine Weile
weiterführen. Die beiden leben in Kalifornien, das von Hitze geplagt wird,
unter Wassermangel leidet und infolgedessen Brände drohen. Ihr Sohn Cooper ist
Entomologe. Er hat seiner Mutter empfohlen, ihre Ernährung umzustellen und
Insekten statt Fleisch zu essen. Während Cooper unweit von zuhause seine
Studien betreibt, lebt Ottilies Tochter Cat seit geraumer Zeit in Florida. Der
Bundesstaat wird zunehmend von Stürmen und Überschwemmungen heimgesucht. Aus
Langeweile und damit ihre Fotos in den Sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit
erhalten kauft die Influencerin sich einen Tigerpython. Doch sie hat die
Gefahr, die von der Schlange ausgeht, unterschätzt. Außerdem hat sie mit dem
Kauf das Unverständnis ihres Bruders auf sich gezogen, der sich durch seine
Lebensweise für die Natur in jeder Form einsetzt.
Der Klimawandel ist da, in den unterschiedlichsten Formen
und bedroht Existenzen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen. Ottilie
und ihre Familie gehören zur oberen Mittelschicht. Der Autor verdeutlicht
beispielhaft, dass sie sich von ihrem Geld sicher einen guten Lebensstil
leisten, aber sie die Erwärmung der Erde allein mit monetären Mitteln nicht aufhalten
können. Wesentlich dafür wäre ein Umdenken. Auch in dieser Hinsicht setzt T.C.
Boyle seine Figuren mit Bedacht. Während Cooper seine Arbeit dem Naturschutz
widmet, hat seine Schwester zwar einen Hass gegen die extremen Wetterlagen
entwickelt, hält aber an ihrem Status quo fest. Der Autor spitzt ihr Schicksal
durch zahlreiche Wendungen zu. Insgesamt fließt in Cats Umfeld reichlich
Alkohol, mit dem man sich ironischerweise zwar die Welt schön trinken, aber auf
keiner Weise ändern kann, im Gegenteil.
Ich spürte beim Lesen, dass dem Autor das Thema Klimaschutz sehr
am Herzen liegt. Die Erzählung erfordert Hintergrundwissen, das T.C. Boyle dank
seines Interesses und sehr guter Recherche ganz nebenher einflechtet. Es fehlt
auch in diesem Roman nicht an Zynismus, der zu seinem Schreibstil gehört. Aus
eigener Erfahrung heraus kann ich empfehlen, den Roman an sehr warmen Tagen zu
lesen, denn damit intensiviert sich die Vorstellung der fiktiven Geschehnisse.
T.C. Boyle konnte mich in seinem Roman „Blue Skies“ immer
wieder neu mit den Handlungen seiner abwechslungsreich gestalteten Figuren überraschen.
Er zeigt, dass das alltägliche Leben durch den Klimawandel zur ständigen
Herausforderung werden kann. Die Geschichte bleibt auf diese Weise im Gedächtnis
und hallt nach, weswegen ich sie gerne weiterempfehle.