Der Vater von Helene von Ratschek, der Protagonistin des
historischen Romans „Die Fabrik der süßen Dinge“ von Claudia Romes, betreibt in
Köln ein Süßwarenunternehmen in zweiter Generation. Für ihn steht fest, dass
seine beiden Söhne die Firma weiterführen werden. Er ordnet an, dass seine
einzige Tochter einen Zulieferer heiratet, wodurch im Nebeneffekt die
Geschäftsbeziehungen gefördert werden. Das Buch trägt den Untertitel „Helenes
Hoffnung“, dementsprechend sie nicht als Hausfrau und Mutter, deren Meinung in
der Firma nicht zählt, ihr Leben verbringen möchte. Sie will ihr Talent als
Bonbonmacherin zeigen und Anteil an der Führung des Familienunternehmens
erhalten. Doch zunächst scheint sich alles gegen sie verschworen zu haben, bis
sie gewisse Entscheidungen selbst in die Hand nimmt.
Claudia Romes hat mit der Protagonistin eine Figur nach
historischem Vorbild geschaffen, jedoch Namen, Orte und die Zeit der Handlung
verändert. Helenes Familie ist betucht und lebt dadurch im Jahr 1927 in einer
Gesellschaftsschicht, bei der Mann und Frau üblicherweise die klassischen
Geschlechterrollen einnehmen, ganz so wie Helenes Eltern. Von ihrem Vater wird
der Protagonistin die eigene Auswahl ihres Ehemanns abgesprochen. Das ist der entscheidende
Auslöser, der Helene dazu bringt, ihren eigenen Weg zu suchen.
Helene findet unter neuem Namen ihr Glück in Hamburg.
Nachdem sie dort angekommen ist, bewegt sie sich zunächst noch auf unsicheren
Füßen, gewinnt aber zunehmend an Selbstsicherheit. Die Figur war mir in dieser Situation
sympathisch. Helene genießt ihre Freiheiten. Sie entdeckt ihre Gefühle zu einem
Mann und später noch zu einem weiteren, was sie in einen Gewissenszwiespalt
bringt. Während sie in Hamburg deutlich respektvoller behandelt wird als Daheim,
reift sie emotional, so dass sie traut, sich den familiären Zwistigkeiten zu
stellen. Sie verzeiht, ist zu Kompromissen bereit und findet teils Anerkennung
für ihr Tun. Nicht immer handelte sie so, wie ich es mir gewünscht hätte. Ob sie
sich ihren Wunsch erfüllen kann, Liebe und ihre Leidenschaft für die Gestaltung
von Süßigkeiten immer miteinander zu vereinbaren, wird sich in einem zweiten
Band zeigen.
Im Roman „Die Fabrik der süßen Dinge“ erzählt Claudia Romes
von der Hoffnung der Fabrikantentochter Helene, die ihrem Vater und den Brüdern
Ende der 1920er Jahre zeigen möchte, dass sie sich als Frau gleichwertig ins
Unternehmen einbringen kann. Die Geschichte liest sich locker und leicht und
sorgt für einige unterhaltsame Stunden, auch wegen des ungewöhnlichen Berufs
der Protagonistin und daher empfehle ich es gerne weiter.