Es ist das Jahr 1939 und die Zeichen stehen auf Krieg. Das
merkt auch Klara, eine der Protagonistinnen des Romans „Zwischen den Sommern“,
dem zweiten Band der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Beim
Betrachten des Buchumschlags fiel mir auf, dass die abgebildete weibliche
Person, anders als beim ersten Teil „Die karierten Mädchen“, an die Hand
genommen wurde. Später erfuhr ich beim Lesen der Geschichte, dass Klara ihren
geliebten Gustav, den sie liebevoll „Täve“ nennt, heiratet und auch ein erstes
Kind nicht lange auf sich warten lässt. Der Bände lassen sich unabhängig
voneinander lesen.
Ihrer Aufgabe als Leiterin eines Frauenbildungsheims wird
Klara weiterhin gerecht. Sie ist stolz über die von ihr erreichte Position und
übt ihren Beruf mit Freude, aber auch Pflichtbewusstsein aus. Über die Jahre
hinweg hat sie sich der Reglementierung durch die Nationalsozialisten in immer
mehr Bereichen des täglichen Lebens anzupassen gewusst. Dabei hat sie das Wohl
ihrer Schülerinnen immer im Blick gehabt. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs stellt
sie vor neue Herausforderungen, nicht nur beruflich, sondern auch privat. Ein neunjähriges
jüdisches Mädchen, dass sie als Tochter vor Jahren angenommen hat, versucht sie
über ein jüdisches Waisenhaus nach England in Sicherheit zu bringen. Die Sorge um
das Kind begleitet sie ständig und ebenso der Zweifel, ob ihr Handeln richtig war.
Auf einer zweiten Zeitebene erzählt Alexa Hennig von Lange
von Isabell, der Enkelin von Klara, die ihre Großmutter tot auffindet. Sie
entdeckt zahlreiche Kassetten, die ihre Oma mit ihrer Lebensgeschichte
besprochen hat. Dabei lernt sie Großmutter von einer anderen Seite kennen. Die
ihr manchmal streng und hartherzig erscheinende Großmutter offenbart ihre
Gefühle, während sie über ihre Erinnerungen redet.
Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin im zweiten Band
noch besser als im ersten herauszuarbeiten, mit welcher schwierigen Aufgabe
Klara betraut war. Einerseits hatte sie sich an die durch die Partei gesetzten Vorschriften
zu halten, andererseits nahm sie durchaus wahr, dass die Vorgaben nicht immer
gerecht und rechtfertigt waren. Dennoch war ihr bewusst, dass Zuwiderhandlungen
bemerkt und mit einer sofortigen Strafe belegt werden würden. Nach außen
spielte sie ihre Rolle, auch um die unter ihrer Obhut gestellten Schülerinnen
zu schützen, innerlich war sie jedoch im ständigen Zweispalt und haderte wie
viele andere damit, keinen Widerstand zu leisten. Auch diesmal bietet ihre
langjährige Freundin Susanne wieder Gelegenheit die Weltlage kontrovers zu
diskutieren.
Alexa Hennig von Lange zeigt sowohl Klara als auch Isabell
im Umgang mit dem Nachwuchs. Ich fand es schön zu sehen, dass die Liebe zu
allen Zeiten eine sichere Konstante für die Heranwachsenden ist, auf die sie aufbauen
können. Der Weltkrieg zerstörte manche Zukunftsvorstellung der
Haushaltsschülerinnen von Klara, doch sie versuchte durch eine nach außen gezeigte
Zuversicht, ihnen Mut zu verleihen und die Hoffnung auf andere Zeiten aufrecht
zu erhalten. Auch bei deren Abwesenheit wissen sowohl Klara wie auch Isabell,
dass sie von ihren Partnern nach Möglichkeiten Unterstützung erhalten, was
ihnen selbst Halt gibt. Auf beiden Handlungsebenen erzählt die Autorin chronologisch
bis nahe zum Ende des Kriegs.
Der Roman „Zwischen den Sommern“ von Alexa Hennig von Lange
setzt sich noch intensiver als der erste Band der Heimkehr-Trilogie mit dem
inneren Konflikt auseinander, den Klara, eine der Protagonistinnen, als
angepasst agierende Leiterin einer Frauenbildungsanstalt zu Zeiten des
Nationalsozialismus mit sich austrägt. Dadurch, dass die Großmutter der Autorin
gesprochene Zeitzeugnisse hinterlassen hat, auf denen die Erzählung basiert,
kam die Geschichte sehr authentisch und realistisch bei mir als Leserin an. Ich
freue mich schon sehr auf den abschließenden Band und vergebe gerne eine
Leseempfehlung für den vorliegenden mit dem zusätzlichen Tipp, ebenfalls den
ersten Teil zu lesen.