In ihrem Roman „Die Formel der Hoffnung“ beschreibt Lynn
Cullen den Werdegang der Ärztin und Forscherin Dr. Dorothy Millicent Horstmann,
die sich über viele Jahre ihres Lebens hinweg für eine Prävention gegen
Kinderlähmung eingesetzt hat. Sie starb 2001 im Alter von 90 Jahren. Als
Leserin konnte ich die Wissenschaftlerin in der Zeit von 1940 an bis zum Jahr
1963 begleiten.
Dorothy M. Horstmanns Eltern sind deutscher Herkunft. Wenige
Jahre nach ihrer Emigration wird die Mutter zur Alleinverdienenden, doch sie
setzt alles daran, Dorothy den Weg für eine Karriere zu ebnen. Die Ärztin fällt
immer wieder durch ihre Größe auf und überragt meist ihre Kollegen. Doch bei ihrer
Stellensuche wird ihre Bewerbung bewusst übergangen, denn es ist damals
schwierig, als Frau eine leitende Position zu erhalten. Nur durch einen Irrtum gelingt
ihr der berufliche Einstieg in einem Assistenzprogramm. Doch unbeirrt geht sie
ihren Weg, denn ihr Ziel ist es, Kindern eine Zukunft ohne Sorge vor Lähmungen
und Tod zu geben.
Der Weg zu einem Impfstoff gegen Polio ist gefüllt mit
Hoffnung und vielen Rückschlägen. Es gibt mehrere Virologen, die sich am
Wettlauf zur Entwicklung einer Impfung beteiligten. Zweien von ihnen gelingt es
schließlich, entsprechende Fortschritte zu verzeichnen. Lynn Cullen
verdeutlicht, dass deren Forschung abhängig von Geldgebern war, was für Dorothy
ein Problem darstellte. Immer wieder wird sie aufgrund ihres Geschlechts übergangen.
Einer Frau wurden Haushalt und Familie zugestanden und erwartet, dass sie ihren
Beruf nach einer Heirat aufgab. Die Autorin führt dazu im Roman zahlreiche
Beispiele in Form von historischen, weiblichen Personen an. Im Roman spielen
sie zwar nur eine Nebenrolle, aber sie in der Realität leisteten sie wichtige
Beiträge, damit der Impfstoff gefunden werden konnte, ohne dass ihr Name in
Abhandlungen zum Thema Eingang gefunden hat.
Vermutlich blieb Dr. Dorothy M. Horstmann auch deshalb unverheiratet
und ohne Kinder, weil sie aufgrund häufig spontan anfallender Reisetätigkeiten
in den Fällen von Polioausbrüchen rund um die Welt, immer wieder und auch
manchmal lange andauernd von Daheim abwesend war. Dennoch erdenkt die Autorin
sich für die Wissenschaftlerin eine Liebe, die sich ganz natürlich in deren
Leben einfügt.
Die Ärztin sichert sich die Schätzung ihrer Kollegen durch
die Entdeckung, dass das Virus über das Blut in die Nervenbahn eindringt. Obwohl
ihr damit eine Ehrung durch einen Nobelpreis verwehrt bleibt, wie sicherlich vielen
weiteren Wissenschaftlern auch, erarbeitete sich Dr. Horstmann immer mehr
Respekt unter den mit der Erforschung von Polio Beschäftigten.
Lynn Cullen verknüpft in ihrem Roman „Die Formel der
Hoffnung“ die ihr durch eine sehr gute Recherche bekannten Fakten des Lebens
der Ärztin Dr. Dorothy M. Horstmann mit erdachten, aber überaus passenden
Begebenheiten und bringt damit einem breiten Publikum eine bedeutende, aber
eher unbekannte weibliche Persönlichkeit näher. Nebenher übt sie Kritik an der
Gesellschaft in den mittleren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts im Umgang mit
Frauen, die eine berufliche Karriere anstreben. Als Leserin erfuhr ich viele
Details über den Wettlauf zur Entwicklung des Impfstoffs gegen Polio, die die
Autorin verständlich und auf unterhaltsame Weise in ihre Erzählung einfließen
lässt. Sehr gerne empfehle ich das einfühlsam geschriebene Buch weiter.