Jaap Robben erzählt in seinem Roman „Kontur eines Lebens“
die Geschichte von Frieda Tendeloo, die inzwischen über achtzig Jahre alt und
gerade in ein Pflegeheim im niederländischen Nimwegen gezogen ist, in dessen
Nähe sie ihr ganzes Leben verbracht hat. Eigentlich hätte es nicht dazu kommen
dürfen, denn sie war diejenige mit den zunehmend schlimmer werdenden
Altersbeschwerden, aber dann starb unerwartet ihr Ehemann Louis, der sich immer
um ihr tägliches Wohl gekümmert hat.
Im Heim hat sie viel Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen.
Vielleicht denkt sie an eine Liebschaft in den frühen 1960er Jahren und der
daraus resultierenden Schwangerschaft, weil ihr Sohn bald zum ersten Mal Vater
wird. Davon wusste weder Louis noch ihr Sohn. Mit und mit erfuhr ich als
Leserin zunächst von ihrem Freund Otto, von dem sie bald wusste, dass er
verheiratet war. Beide treffen Vorkehrungen, doch dann passiert, was nie hätte
eintreten dürfen, denn sie wird schwanger. Was dann geschieht ist ein wahres
Spießrutenlaufen. Im katholischen Elternhaus erfährt sie keine Unterstützung.
Stattdessen werden ihr Ratschläge erteilt, wie mit dem zu erwartenden Kind zu
verfahren ist. Niemals gesteht man ihr dabei zu, es selbst aufzuziehen. Doch
sie hält wider aller Umstände daran fest, sich selbst um ihr Kind kümmern zu
wollen. Sie sinkt immer tiefer in ihrer Würde und ihre Verzweiflung nimmt zu.
Endlich findet Frieda den Mut, über diese Phase in ihrem
Leben zu sprechen. Es beginnt mit der Suche nach ihrem früheren Liebsten,
wodurch sich lange zurückgehaltene Gefühle einen Weg bei ihr bahnen. Als
Leserin machte Frieda auf mich einen resoluten Eindruck. Manchmal fällt ihre
Reaktion meiner Meinung nach recht schroff aus, was sie nicht unbedingt zur
Sympathieträgerin macht. Selbst ihr Sohn fühlt sich von ihr undankbar
behandelt. Erst nachdem sie ihr jahrelanges Schweigen bricht, nähern sie sich
wieder einander an. Bis beinahe zum Ende des Buchs versucht Frieda
herauszufinden, was mit dem Kind nach der Geburt geschehen ist, was ich als
Lesende auch unbedingt wissen wollte.
Die Erzählung ist mitreißend und feinsinnig erzählt. Sie
beschreibt ein historisches Kapitel des Umgangs mit ledigen Müttern, das aus
heutiger Sicht kaum zu glauben ist, leider aber zur Realität gehört. Sehr gerne
vergebe ich eine Leseempfehlung für diesen noch lange nachhallenden Roman.