Es geht um ein erfolgreiches Rennpferd, es geht um ein
Bildnis dieses Pferdes, aber vor allem geht es im Roman „Das Gemälde“ der
US-Amerikaner Geraldine Brooks um Diskriminierung unter verschiedenen Aspekten.
Die Handlung spielt auf drei Zeitebenen und basiert auf der wahren Geschichte
des Pferds „Lexington“, das im Jahr 1850 in Kentucky geboren wurde. Von diesem
Zeitpunkt an, über die nächsten Jahre hinweg, erzählt die Autorin von den
Erfolgen des Tiers. Die Kapitel werden unterbrochen von Ereignissen im Jahr
2019, als ein Gemälde des Rennpferds auf dem Sperrmüll gefunden wird. Dieser
Teil des Romans ist ebenso fiktional wie die Begebenheiten im Jahr 1954, als
eine Galeristin ebenfalls ein in Öl gemaltes Bild eines Pferds entdeckt.
Wie es damals in Kentucky üblich war, wurde dem Rennpferd
Lexington, der zunächst Darley hieß, ein versklavter Junge zur Seite gestellt,
der sich um dessen Wohl zu kümmern hatte. Geraldine Brooks gibt ihm den
Vornamen Jarret. Weil die Kapitel mit den Namen der Protagonist(inn)en
überschrieben sind, lässt sich beim Durchblättern bereits erkennen, dass sich
der Nachnamen von Jarret, in Abhängigkeit von seinem Besitzer, mehrfach ändern
wird. In jugendlichem Alter avanciert er zum Trainer des erfolgreichen Pferds,
doch er bleibt stets von seinem Eigentümer abhängig und davon, ob dieser es ihm
erlaubt, an der Seite von Lexington zu verweilen.
Als Ich-Erzähler berichtet in einigen Kapiteln ein Künstler von
der Schwierigkeit, ein Pferd realistisch abzubilden. Der Maler kämpft später im
Sezessionskrieg der Nord- gegen die Südstaaten um die Abschaffung der
Sklaverei, wodurch Geraldine Brooks auch diesen Teil der US-amerikanischen
Geschichte dem Lesenden näherbringt. Mit gut recherchierten Fakten unterbaut,
arbeitet sie die Ungerechtigkeit der Sklaverei deutlich heraus und thematisiert
dabei auch den Verkauf von Menschenleben. Gleichzeitig beschreibt sie gekonnt,
die faszinierende Welt des Pferderennens und lässt manchen Wettkampf auf der
Rennbahn lebendig werden.
Die Begebenheiten in den Jahren von 1954 bis 1956 schließen
die Verbindung zum Jahr 2019, in welchem Theo, ein nigerianisch-amerikanische
Doktorand der Kunstgeschichte, das von seiner Nachbarin entsorgte Gemälde eines
braunen Hengstfohlens findet. Währenddessen wird die australische
Wissenschaftlerin Jess, die am Smithsonian Museum in Washington D.C.
beschäftigt ist, gebeten, einer Forscherin das Skelett eines Pferds zugänglich
zu machen. Jess begegnet Theo an ihrer Arbeitsstätte, nachdem dieser das Bild
zu einem Konservator gebracht hat. Die beiden entwickeln im Laufe der Zeit
Gefühle füreinander.
Die Autorin gewährte mir Einblicke in die Tätigkeiten des
Smithsonian genauso wie in die Welt der Kunst. Anhand der Geschichte von Jess,
Theo und deren Umfeld zeigt sie, dass der Rassismus bis heute nicht überwunden
ist. Gleichzeitig verdeutlicht sie beispielhaft die Diskriminierung von Frauen,
der nationalen Herkunft und der sozialen Klasse.
Es ist eine erstaunlich große Vielzahl sehr
unterschiedlicher Themen wie Rennpferde, Kunst, Rassismus und Klimawandel, die
Geraldine Brooks in ihrem Roman „Das Gemälde“ auf einzigartige Weise
miteinander verknüpft. Dank bester Konstruktion fesselt er von Beginn an und
wirkt aufgrund der guten Recherche überaus realistisch. Ich war fasziniert von den
Fakten, die die Autorin nahtlos mit der Fiktion verwebt und empfehle sehr gerne
den Roman uneingeschränkt weiter.