Madina ist in Österreich „angekommen“, dem Krieg Daheim, in
einem unbenannten Land, ist sie mit ihrer Familie vor fast drei entflohen.
Julya Rabinowich hat über die fiktiven Ereignisse, die Madina in den
vergangenen Jahre erlebt hat, zwei Bücher geschrieben hat. Im Roman „Der Geruch
von Ruß und Rosen“ lässt die Autorin ihre Protagonistin zunächst von ihrem
jetzigen Alltag erzählen, aber die furchtbaren Erinnerungen an die Kriegstage, kann
sie nicht vergessen. Der Geruch von Ruß hängt in ihrer Nase ebenso fest wie der
Blumenduft der Rosen im Garten der Großmutter. Vor allem vermisst Madina ihren
Vater, der sich als Arzt um jede und jeden gekümmert hat, der sich an ihn
wendete. Irgendwann hat er seine Familie zurückgelassen und ist wieder in die
Heimat zurückgereist.
Doch dann erhält die Protagonistin endlich die Nachricht,
dass der Krieg beendet ist. Bestimmt wird sich nun ihr Leben zum Besten hin
ändern, wenn erst der Vater heimgekehrt. Zeit vergeht, aber es kommt keine
Nachricht von ihm. Sie nimmt die Gelegenheit wahr, ihre Tante zurück ins
Heimatland zu begleiten. Dort macht sie sich auf die Suche nach ihrem Vater, damit
sie zu dritt die Rückfahrt antreten können. Ihre Reise endet in einer Tragödie.
Die Geschichte wird tagebuchartig von Madina in der Ich-Form
erzählt. Dadurch kam ich den Gefühlen der Protagonistin sehr nah. Aus ihren
Beschreibungen konnte ich ihre Stimmung erfassen, ihre Trauer und Wut, ebenso
wie ihre Dankbarkeit und Zuneigung. Manchmal spürte ich ihre innere Erregung
und hatte Verständnis dafür, dass es ihr vermutlich schwerfiel, sich in Worten auszudrücken,
denn dann blieben die Einträge relativ kurz. Julya Rabinowich wählt eine
einfache und coole Sprache, so dass auch Jugendliche sich gut in die Erzählung
einfinden können. Immer wieder las ich starke Sätze, die augenöffnend sind.
Madina hat sich inzwischen gesellschaftlich angepasst. Eine
neue Bekannte führt ihr vor Augen, dass sie zunehmend auf das herabschaut, was
ihre Kultur früher ausmachte und sich nun dafür schämt. Die Protagonistin
lernt, selbst zu entscheiden, was sie für ihre Zukunft als wichtig empfindet.
Als Madina in ihre Heimat zurückkehrt, werden ihre schlimmsten Vorstellungen
übertroffen. Ich war tief berührt von dem, was sie dort erlebt. Die
Protagonistin war mir auch deswegen sympathisch, weil sie über andere Meinungen
nachdenkt und ihnen Respekt zollt, auch wenn sie nicht immer Verständnis dafür
hat.
Die Handlung ist rein fiktiv, steht aber für viele
Schicksale, von denen die Autorin erfahren hat. Daher weist sie dem Krieg auch
kein Land zu, denn er könnte überall spielen. Wer vor dem Krieg aus seiner
Heimat flüchtet, hat in der Regel Schreckliches erlebt. Das Wo spielt keine
Rolle.
Anhand der Geschichte der erdachten Figur Madina zeigt Julya
Rabinowich in ihrem Roman „Der Geruch von Ruß und Rosen“ das, was Krieg
ausmacht. Sie führt den Blick auf die Gefühle der Menschen, die als Flüchtlinge
ein neues Daheim gefunden haben, allerdings oft, ohne mit dem Schrecken
abschließen zu können. Gerne empfehle ich das Buch uneingeschränkt weiter.