Die Novelle „Mario und der Zauberer“ von Thomas Mann ist
Ende Oktober 2023 zum ersten Mal in einer attraktiven Leinenausgabe aufgelegt
worden, wurde aber 1930 erstmals publiziert. Der Schriftsteller lässt darin
einen Protagonisten „ein tragisches Reiseerlebnis“, wie es auch im Untertitel
heißt, schildern.
Der unbenannte Ich-Erzähler ist gemeinsam mit seiner Frau,
der acht Jahre alten Tochter und dem etwas jüngeren Sohn an die italienische
Mittelmeerküste gereist. Bereits im ersten Satz fasst er mit der Bezeichnung
„atmosphärisch unangenehm“ zusammen, wie er im Rückblick gesehen, den Urlaub
empfunden hat.
Bei den Touristen und dem Personal des Grand Hotels, in dem
die Familie zunächst gastiert, nimmt er einen Hang dazu wahr, jede Handlung der
Mitmenschen zu bewerten und sich schnell über vermeintlich von den Normen
abweichenden Verhaltens zu empören. Familie Mann macht damit selbst eine
unangenehme Erfahrung. Dennoch beschließen sie, nicht abzureisen. Für die
Kinder steht bald eine besondere Attraktion in dem Besuch einer
Zauberdarbietung bevor. Jedoch erweist sich die Veranstaltung unerwartet als
Vorführung einiger willenlosen Publikumskandidaten, zu denen Mario gehört, ein
Kellner, den auch die Manns kennengelernt haben. Die Novelle endet unerwartet
dramatisch.
Gerade heutzutage ist die Geschichte wieder auf der Höhe der
Zeit. Die Schilderungen lassen auf eine Reise der Familie Mann im Jahr 1926
schließen und auch der Schriftsteller bestätigt, dass die Begebenheiten auf
wahren Ereignissen basieren. Zur damaligen Zeit wurde Italien von einem
faschistischen Regime regiert. Das Niedergeschriebene ist voller Gefühl, die
Abneigung der neuen Stimmungslage durch den Autor ist deutlich zu spüren und
wird von ihm durch Beispiele untermauert.
Die Darbietung des Zauberers macht deutlich, wie leicht es
ist, andere zu manipulieren und zum Mitmachen zu veranlassen. Sie zeigt aber
auch einen Vorführer beziehungsweise Verführer, der sich an der Aufmerksamkeit
seiner Zuschauer labt und dadurch zur Höchstform aufläuft. Die Ereignisse
stimmten mich beim Lesen nachdenklich.
Thomas Mann beschreibt in seiner Novelle „Mario und der Zauberer“ ein persönliches Urlaubserlebnis in einer am Mittelmeer gelegenen Kleinstadt in Italien am Ende der 1920er Jahre, reichert es mit seiner Fantasie an und schafft dadurch ein Abbild der Gesellschaft im beginnenden Faschismus des südlichen Lands. Ich hoffe, dass das Werk noch viele Lesende finden wird, vor allem weil es bestechend aktuell ist.