Dienstag, 17. Dezember 2024

Rezension: Die Frau des Serienkillers von Alice Hunter

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Die Frau des Serienkillers
Autorin: Alice Hunter
Übersetzer aus dem Englischen: Rainer Schumacher
Erscheinungsdatum: 29.11.2024
Verlag: Lübbe (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Paperback
SBN: 9783757700966

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An dem Thriller „Die Frau des Serienkillers“, aus der Feder von Alice Hunter, hat mich interessiert, ob die Handlung einen hohen Spannungsbogen aufweisen kann, wenn der Titel bereits Aussagen über den Täter macht. Außerdem wollte ich mehr darüber erfahren, welche Rolle der Frau des Mörders zukommt. Die Geschichte spielt zum größten Teil in Banbury, einer Kleinstadt vor den Toren Londons.

Die Hauptfiguren Beth und Tom Hardcastle führen eine nach außen hin perfekte Ehe. Sie haben eine dreijährige Tochter und wohnen in einer Gegend, in der man seine Nachbarschaft kennt. Tom pendelt jeden Tag bis London, wo er in einer Bank arbeitet, während Beth in Banbury ein Café betreibt. Eines Tages wird Tom, nach einer verspäteten Heimkehr, zu Hause von der Polizei aufgesucht und mitgenommen. Zunächst heißt es, dass er nur ein paar Fragen zum spurlosen Verschwinden einer früheren Freundin von ihm beantworten soll. Schließlich wird er jedoch in Haft gesetzt.

Für Beth ist die Situation verstörend. Sie versucht ihren Mann vor dem Klatsch und Tratsch im Umfeld zu verteidigen, damit ihre Familie nicht in Verruf gerät. Gleichzeitig kämpft sie dafür, Imageschaden von ihrem Café fernzuhalten. Ihrer kleinen Tochter verheimlicht sie den Grund der Abwesenheit ihres Vaters. Sie will alles dafür tun, damit ihr Kind nicht stigmatisiert wird.

Die Geschichte wird hauptsächlich von Beth aus der Ich-Perspektive über die gegenwärtigen Ereignisse geschildert. Interessanterweise wechseln die Kapitel hin und wieder auch zu Tom, der darin von sich erzählt. Später erfährt man in Rückblicken mehr und mehr über die Ehejahre der beiden. Beinahe jedes der kurzen Abschnitte endet mit einer Andeutung, die den Lesenden veranlasst, rasch weiterzulesen, um die Information einordnen zu können. Am Anfang könnte man daran zweifeln, dass Tom ein Verbrechen begangen hat, denn er wird als smarte Person beschrieben. Langsam kristallisiert sich das Motiv von ihm als Täter heraus. Später erfährt man, wie es ihm gelungen ist, nach außen hin unbescholten zu bleiben.

Die Autorin liefert mit dem Buch ihr Debüt ab. Sie ist Psychologin und hat mit Strafgefangenen gearbeitet. Ihr Wissen über die Denkweise von Tätern hat sie in den Thriller einfließen lassen, wodurch das Handeln der Personen authentisch erscheint. Sehr bald wird dem Lesenden bewusst, dass Beth ebenfalls Geheimnisse haben muss. Es ist jedoch bis zuletzt kaum zu ahnen, in welchem Ausmaß die Protagonistin nicht nur eine Tatsache verbirgt.

Der Thriller „Die Frau des Serienkillers“ von Alice Hunter hält die Spannung bis zum Schluss, der nochmals mit einer Wendung aufwartet. Daraus wird auch das stellenweise eigenwillige Verhalten von Beth verständlicher. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Sonntag, 15. Dezember 2024

Rezension: Eine Nachtigall in New York von Ben Aaronovitch


Eine Nachtigall in New York
Autor: Ben Aaronovitch
Übersetzerin: Christine Blum
Taschenbuch: 208 Seiten
Erschienen am 12. September 2024

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August Berrycloth-Young, Spitzname Gussie, erhält in New York überraschend Besuch von seinem ehemaligen Schulkameraden Thomas Nightingale. Dieser ermittelt im Fall eines verzauberten Saxophons, wobei ihm Gussie helfen soll. Es sind die 1920er Jahre, und die Spur führt schnell in die Clubszene der Stadt. Durch die Hilfe von Gussies farbigem Partner Lucy, mit dem er eine heimliche Beziehung führt, erhalten die beiden Zauberer Zutritt zu Orten, an denen Weiße ansonsten nichts verloren haben. Als schließlich auch noch eine verzauberte Trompete auftaucht, verdichten sich die Hinweise, die zu mächtigen Männern führen, die in der Stadt im Hintergrund die Strippen ziehen…

Während die magische Welt rund um den Zauberlehrling Peter Grant immer komplexer wird und seine Erlebnisse in seitenstarken Romanen festgehalten werden, sind die Stories aus der magischen Welt für mich immer wieder eine willkommene Ergänzung. Diesmal reiste ich an der Seite von Thomas Nightingale ins New York der 1920er. Dort will er herausfinden, woher das verzauberte Saxophon, das er bereits konfisziert hat, stammt. Gemeinsam mit seinem ehemaligen Schulkameraden Gussie hangelt er sich von einem Hinweis zum nächsten und dabei quer durch die Stadt, mitten hinein ins Nachtleben und bis hin nach Long Island.

Gussie ist ein homosexueller weißer Charakter, der sich in einer Beziehung mit einem schwarzen Mann befindet. Seine Erlebnisse in der Stadt zwischen Heimlichkeit und ausgelassenem Dolce Vita bieten an sich schon einiges an Erzählstoff. Hinzu kommt die „klassische“ magische Ermittlungsarbeit, in der er und Nightingale Bekanntschaft mit einigen Fae machen sowie mit Männern, die nichts Gutes im Schilde führen. Actionreiche Szenen sorgen für spannende Momente und ich habe bis zum Schluss mitgefiebert. Für mich ist „Eine Nachtigall in New York“ wieder einmal eine absolut gelungene Ergänzung zur Hauptreihe, die sich Fans des Autors nicht entgehen lassen sollten.


Freitag, 13. Dezember 2024

Rezension: Zwischen Ende und Anfang von Jojo Moyes


Zwischen Ende und Anfang
Autorin: Jojo Moyes
Übersetzerin: Karolina Fell
Hardcover: 528 Seiten
Erschienen am 10. Dezember 2024
Verlag: Wunderlich (Rowohlt)
Link zur Buchseite des Verlags

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Lila tut sich schwer mit ihrer aktuellen Situation: Ihr Mann hat sie für eine andere Frau verlassen, kurz nachdem ihr Ratgeber für glückliche Beziehungen ein Bestseller geworden ist. Das Verhältnis zu ihren Töchtern ist angespannt, ihr Stiefvater ist seit dem Tod ihrer Mutter quasi bei ihr eingezogen und für ihr neues Buch ist noch kein Kapitel geschrieben. Als sie erfährt, dass ihr Mann mit seiner neuen Freundin ein Kind erwartet, denkt sie, dass dies die Spitze des Eisberges ist. Doch dann steht auch noch ihr leiblicher Vater vor der Tür, der sich jahrelang nicht hat blicken lassen und nicht mal bei der Beerdigung ihrer Mutter war. Damit ist das Chaos in Lias Leben perfekt. Sie muss sich fragen, wie es für sie weitergehen soll und was ihr wirklich wichtig ist.

Als Leserin wurde ich vom ersten Kapitel an mitten hineingeworfen in Lilas trubeliges Leben, mit dem sie aktuell alles andere als zufrieden ist. Nichts scheint nach Plan zu laufen und es kommen immer mehr unerfreuliche Entwicklungen hinzu. Eine wichtige Stütze für sie ist ihre beste Freundin Eleanor, die sie ermutigt, positiv nach vorn zu blicken und auf ein Date zu gehen. Doch davon will Lila zunächst nichts wissen. Das Buch beinhaltet viele herausfordernde Themen, gleichzeitig gibt es immer wieder amüsante Situationen, die der Lektüre eine gewisse Leichtigkeit geben. 

Ich konnte zum einen gut nachvollziehen, dass Lila die Situation belastet, in der sie sich befindet und warum sie sich so schwer damit tut, die Weichen für ihre Zukunft zu stellen. Auf der anderen Seite hatte ich oft das Gefühl, dass sie wirklich an allem etwas auszusetzen hat und sie sich damit das Leben noch schwerer macht, was ich anstrengend fand. Im Hinblick auf ihr neues Buchprojekt trifft sie eine Entscheidung, über die ich nur den Kopf schütteln konnte und bei der ich die weiteren Ereignisse sehr vorhersehbar fand.

Wie der Titel andeutet, gibt es allmählich positive Entwicklungen, die Lila Hoffnung auf einen Neuanfang schöpfen lassen. Es erscheinen neue Charaktere auf der Bildfläche, welche neue Dynamiken in die Handlung bringen. Mit zwei Vätern im Haus und zwei Love Interests wird es plötzlich recht voll in Lias Leben. Es gibt viele tolle Figuren, die ich mit der Zeit immer mehr ins Herz schloss. Ich fand es schön, auch tiefere Einblicke zum Beispiel in das Leben von Lias Tochter Celie sowie ihrem Stiefvater Gene zu erhalten, sodass ich auch hier mithoffte, dass auch sie ihr Glück finden werden. Auch wenn es mir Lila als Protagonistin nicht immer einfach gemacht hat, so ist „Zwischen Ende und Anfang“ insgesamt ein warmherziger Roman mit einer guten Mischung aus unterhaltsamen und nachdenklich stimmenden Szenen, den ich gerne weiterempfehle.


Donnerstag, 12. Dezember 2024

Rezension: Unsichtbar von Eloy Moreno

 


Rezension von Ingrid Eßer

*Werbung*
Titel: Unsichtbar
Autor: Eloy Moreno
Übersetzerin: Ilse Layer
Erscheinungsdatum: 15.03.2023
als Serie auf Disney+ ab 13.12.2024
Verlag: Sauerländer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783737372152
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Lange hat der junge Protagonist des Romans „Unsichtbar“ von Eloy Moreno geglaubt, dass er eine Superkraft entwickelt hat, dank der er vor allen Augen verschwinden kann. Aber leider funktioniert seine Fähigkeit nicht immer zur rechten Zeit. Was sich wie eine Fantasy anhört, ist eine Geschichte, wie sie täglich passieren  kann und unter die Haut geht. Die Vorstellung des Jungen, sich unsichtbar machen zu können, entspringt seinem Wunsch, es seinen Comic-Helden gleichzutun. Die Gegenwart ist für ihn mit derartigen Ängsten vor weiterem Mobbing verbunden, dass er Zuflucht in einer Illusion sucht.

Am Beginn des Buchs lernte ich in einem kurzen Kapitel eine Frau kennen, die sich ein großes Kunstwerk auf ihren Rücken tätowieren lässt. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nicht ahnen, dass es sie erinnert, ihr gleichzeitig aber die Kraft verleiht, Beobachtungen zu hinterfragen und unbequeme Schritte zu gehen. Sie kommt für den Protagonisten fast zu spät. Das nächste Kapitel wird von dem Jungen selbst erzählt. Er liegt im Krankenhaus und versucht einen Panikanfall zu überwinden. Er hatte einen Unfall und kann sich nicht daran erinnern, was danach geschah.

Die Erzählperspektive wechselt immer wieder zu einem auktorialen Erzähler, der dem Lesenden Informationen über Freunde, Bekannte, Familienmitglieder und Lehrende gibt, indem er gegenwärtige Szenen schildert. Später schaut er auf Ereignisse, die vor dem Unfall liegen und führt aus, wie es dazu kam. Der Schreibstil des Autors ist kreativ. Die kurzen Kapitel sind prägnant und ermöglichen einen schnellen Lesefluss.

Nachdem der im Krankenhaus liegende Junge über mehrere Tage hinweg den Mut gefasst hat, sich einer Person anzuvertrauen, die bisher nicht zu seinem Umfeld gehörte, beginnt er zu erzählen, wie er gemobbt wurde. Bewusst gibt Eloy Moreno dem Jungen keinen Namen, denn das, was ihm geschieht, könnte jedem passieren. Er ist vor kurzem auf eine weiterführende Schule gewechselt, lebt in einer intakten Familie, hat Freunde und erhält gute Noten, sehr gute sogar. Er ist nicht besonders auffallend, weder im Äußeren noch durch Äußerungen. Was ihm widerfährt ist berührend und verstörend. Es entwickelt sich eine Spirale der Angst.

Der Autor nimmt nicht nur das Opfer in den Fokus, sondern beschäftigt sich auch mit dem oder den Tätern, dessen oder deren Handlung dadurch bestätigt wird, wenn sie ohne Konsequenzen bleibt. Er blickt ebenfalls auf diejenigen, die wegschauen, weil sie meinen, dafür einen Grund zu haben, sei es aufgrund ihrer Unbeholfenheit oder ihrer eigenen Unfreiheit. „Alle können zwischen Gut und Böse, Spaß und Demütigung, Spiel und Mobbing unterscheiden. Aber keiner weiß, wie man […] stoppen soll, ohne sich selbst zu schaden.“ (S. 188) Dennoch schenkte der Autor mir als Leserin im zunehmenden Gefühlsaufruhr einen Funken Hoffnung.

Eloy Morenos Roman „Unsichtbar“ ist eine emotional mitreißende Geschichte über einen gemobbten Jungen, der sich lieber für sein Umfeld unsichtbar machen möchte als weiterhin seinen Ängsten ausgesetzt zu sein. Es ist ein wichtiges Buch, das zur Pflichtlektüre in Schulen werden sollte. Der Protagonist ist Schüler, aber ähnliche Situationen sind auch für Erwachsene denkbar zum Beispiel im beruflichen Umfeld. Daher empfehle ich den Roman nicht nur an jugendliche Lesende ab 14 Jahren, sondern auch an Ältere. Ich schätze es, dass im Anhang einige wichtige Aspekte zum Mobbing erklärt werden. 


Mittwoch, 11. Dezember 2024

Rezension: Rosa von Anne Cathrine Bomann

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Rosa
Autorin: Anne Cathrine Bomann
Übersetzerin aus dem Dänischen: Franziska Hüther
Erscheinungsdatum: 21.10.2024
Verlag hanserblau (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783446281547
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Der Titel „Rosa“ auf dem orangefarbigen Cover des gleichnamigen Buchs von Anne Cathrine Bomann überrascht. Es ist der Name des Oktopus, dessen Pflege die Protagonistin Vigga bei ihrem Beschäftigungsverhältnis im Ozeaneum in Kastrup, einem Stadtteil einer Vorstadt von Kopenhagen, übernimmt. Dementsprechend ziert ein blauer Krake den Buchdeckel.

Vigga hat bisher nur in Jobs gearbeitet, die das Jobcenter ihr zugewiesen hat. Diesmal ist es eine halbjährige Tätigkeit im Aquarium, die ihr angeboten wird. Bereits zu Beginn ihrer Arbeit stellt sie sich die Frage, wie lange es dauert, bis sie kündigt oder gekündigt wird. Schnell ist sie gelangweilt, findet aber nicht aus dem Kokon, den sie selbst um sich herum gesponnen hat. Sie sucht das Alleinsein, denn dann kann niemand sie mit Worten verletzten. Inzwischen kommt sie besser mit dem Gefühl emotionaler Taubheit zurecht, das sie seit ihrer Kindheit begleitet.

Erst vor wenigen Jahren hat sie Freundschaft mit der etwa gleichaltrigen Maiken geschlossen. Die beiden sind nicht immer einer Meinung, aber sie respektieren sich in besonderem Maße. Sie lachen gemeinsam, gehen zusammen auf Reisen und sie besuchen verschiedene Aktivitäten. Während sie im Ozeaneum arbeitet, wird ihre beste Freundin schwanger. Vigga muss sich auf zukünftige neue Verhältnisse in der vertrauensvollen Beziehung einstellen. Gleichzeitig wird ihr an ihrer Arbeitsstelle die Betreuung des Oktopus Rosa übertragen. Feinfühlig beschäftigt sie sich mit der Lebensform der Kraken und versucht sich in Rosa einzudenken. Sie hinterfragt die Art und Weise der Unterbringung im Aqauarium hinter Schaugläsern. Durch Viggas Recherchen zu Tintenfischen erfuhr auch ich als Leserin einige interessante Details über Oktopusse.

Anne Cathrine Bomann gelingt es auf sensible Weise die Eigenwilligkeit ihrer Hauptfigur herauszustellen. Vigga ist immer wieder zurückgewiesen worden und war zahlreichen Konflikten ausgesetzt. Daher beobachtet sie andere Menschen, um sich deren Verhalten anzueignen und es selbst in ähnlichen Situationen zu zeigen. Kraken sind Einzelgänger, daher glaubt sie in Rosa etwas von ihrem eigenen Charakter wiederzufinden. Statt sich anzupassen, zeigt der Kraken seinen eigenen Willen bis zum Schluss und lässt sich von außen nicht beeinflussen. Für Vigga wird Rosa zum Antrieb, Neues auszuprobieren.

Mit dem einfühlsam geschriebenen Roman „Rosa“ zeigt Anne Cathrine Bomann, dass eine Veränderung jenseits der selbst gesetzten Grenzen gelingen kann. Gerne empfehle ich das Buch weiter.


Sonntag, 8. Dezember 2024

Rezension: Murdle Vol. 1 - 100 mörderisch gute Rätsel von G.T. Karber

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Murdle Vol. 1: 100 mörderisch gute Rätsel
Werde mit Köpfchen, Logik und klugem Kombinieren 
zum Meisterdetektiv
Autor: G.T. Karber
Übersetzer aus dem Englischen: Stephan Kleiner
Erscheinungsdatum: 22.07.2024
Verlag: hanserblau (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Paperback
ISBN: 9783446281554
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Das Buch Murdle Vol. 1 enthält einhundert Rätsel, die mit Logik und Kombinationsgabe gelöst werden können. Sie wurden von dem US-amerikanischen Autor Greg T. Karber erdacht. Er arbeitet als Informatiker und besitzt einen Studienabschluss sowohl in Mathematik wie auch englischer Literatur. Seine beiden Leidenschaften hat er in die Denkspiele einfließen lassen. Die Rätsel sind unterteilt in vier Kategorien mit jeweils Denksportaufgaben. Von „Elementar“ über „Okkultes Medium“, „Schwer gefährlich“ bis zu „Unmöglich“ steigert sich beständig der Schwierigkeitsgrad.

Zu Beginn des Buchs gibt es eine ausführliche Anleitung mit einem konkreten Beispiel. Alle Rätsel sind anhand der Indizien und Hinweise lösbar. Manchmal enthalten auch Beschreibungen der Verdächtigen, der Orte oder Waffen des Falls hilfreiche Angaben. Auch die sogenannten Anlagen vor jedem neuen Schwierigkeitsgrad sind beim Lösen nützlich. Greg T. Karber hat sich für sein Buch eine durchgehende Geschichte ausgedacht, in deren Mittelpunkt Deduktiv Logico steht. Vor jeder Kategorie und vor jedem Fall wird die Erzählung weitergeführt. Das ist unterhaltsam und amüsant, aber für die jeweilige Mordaufklärung belanglos. Wichtig ist es, dass Logico bei jedem Rätsel eine Mörderin oder einen Mörder überführen muss.

Im ersten Schwierigkeitsgrad erhält der Lösende Fakten über die bereits erwähnten potenziellen Täterinnen und Täter sowie über Orte, die für den jeweiligen Mord in Frage kommen Außerdem sind mögliche Waffen aufgeführt, mit denen das Verbrechen begangen wurde. Ein Gitternetz hilft dabei, zum Ergebnis zu kommen. Um die Rätsel schwieriger zu gestalten, kommen in der zweiten Kategorie Aussagen der Verdächtigen hinzu. Dabei ist zu beachten, dass nur die Mörderin oder der Mörder lügt. Anhand der Indizien ist also zu prüfen, welche Behauptung als einzige ins Schema passt. Der Schwierigkeitsgrad steigt erneut durch die Hinzunahme von Motiven für die Tat, so dass aus einem 3x9 Lösungsraster eines mit 6x16 Kästchen wird. Die höchste Schwierigkeit wird durch die Hinzunahme von Aussagen erreicht, wie es bei der zweiten Kategorie bereits geübt werden konnte.  

Wer bei einem der Denkspiele nicht weiterkommt, kann sich im Anhang einen Tipp holen. Außerdem enthält das Buch alle Lösungen. Die Murdles Volume 1 von G.T. Karber sorgen für etliche Stunden kniffligen Rätselvergnügens. Logisches Denkvermögen und Kombinationsgabe führen zur Beantwortung der Fragen: Wer hat die Tat begangen? Welche Waffe wurde benutzt? Und Wo war der Tatort?“ Ich mag solche Rätsel und kann sie jedem empfehlen.

Samstag, 7. Dezember 2024

Rezension: Das Haus der Bücher und Schatten von Kai Meyer

 


Das Haus der Bücher und Schatten
Autor: Kai Meyer
Hardcover: 528 Seiten
Erschienen am 4. November 2024

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Im Jahr 1933 arbeitet Cornelius Frey in Leipzig als Nachtwächter in der Deutschen Bücherei. Einige Monate zuvor wurde er von den Nazis als Kommissar entlassen, weil er sich geweigert hat, den Mord an sechs Menschen den Kommunisten in die Schuhe zu schieben. Auf dem Heimweg von seiner Schicht kann er eine junge Frau davon abhalten, von einer Brücke aus vor einen Zug zu springen – nur um sie in der darauffolgenden Nacht erschossen vor der Deutschen Bücherei aufzufinden, mit einer Pistole gleich neben ihrer Hand. Gleich neben ihr liegt die ebenfalls erschossene Leiche von Kommissar Zirner. Cornelius darf in seinen alten Beruf zurückkehren, um die beiden Morde aufzuklären. Dabei dringt er tief in die okkulte Szene vor. Und was haben die Ereignisse im Jahr 1913, bei denen zwei Lektoren aus Leipzig den zurückgezogen lebenden Erfolgsautor Aschenbrand im Baltikum besuchen, um sein neues Manuskript abzuholen, damit zu tun?

Der neue historische Roman von Kai Meyer ist der inzwischen dritte rund um das Graphische Viertel in Leipzig. Von Beginn an legt er ein ordentliches Tempo vor: Schon nach wenigen Seiten wird der Protagonist Cornelius beauftragt, wieder bei der Polizei zu arbeiten, um im Fall des ermordeten Polizisten und des Mädchens zu ermitteln. Unterbrochen wird dieser Handlungsstrang von Kapiteln im Jahr 1913, in denen die Lektoren Paula gemeinsam mit ihrem Kollegen und Verlobten Jonathan die lange Reise aus Leipzig ins Baltikum zu dem von ihr betreuten Schriftsteller Aschenbrand auf sich nimmt. Sein neues Manuskript ist überfällig und sie soll dieses in Empfang nehmen.

Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Handlungssträngen ist lange nicht klar. Ich fand sie auch getrennt voneinander auf ihre Art spannend und interessant. Cornelius‘ Ermittlungen sind ein klassischer Kriminalfall, die ihn in die okkulte Szene führen, wo mächtige Männer die Strippen ziehen. Auch politische Entwicklungen und Verwicklungen sind immer wieder Thema. Von der Atmosphäre her erinnerte mich das ganze ein wenig an Babylon Berlin. Die Geschichte rund und Paula und Jonathan, die den Schriftsteller Aschenbach in einem abgelegenen Herrenhaus auffinden, bietet Mystery- und Gruselelemente. Woher stammen die seltsamen nächtlichen Geräusche und ist Aschenbach wirklich der, der er vorgibt zu sein? Zum Ende hin wird die Verbindung zwischen den Strängen klar, gleichzeitig dreht der Roman in Sachen Spannung und Drama noch einmal voll auf. Für meinen Geschmack wurde es aber zu wild, es hätten auf den letzten Seiten auch ein paar Leichen weniger sein dürfen.

Insgesamt ist „Das Haus der Bücher und Schatten“ ein atmosphärischer historischer Roman, in dem zahlreiche Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden und der eine gute Mischung aus ruhigen und hochspannenden Szenen bietet.

Donnerstag, 5. Dezember 2024

Rezension: Vergissmeinnicht - Was die Welt zusammenhält von Kerstin Gier (Vergissmeinnicht-Trilogie Band 3)

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Vergissmeinnicht:
Was die Welt zusammenhält
Autorin: Kerstin Gier
Erscheinungsdatum: 27.11.2024
Verlag: Fischer (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Farbschnitt
ISBN: 978394946192
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Der dritte und abschließende Band der Vergissmeinnicht-Trilogie von Kerstin Gier trägt den Untertitel „Was die Welt zusammenhält“. Er bezieht sich auf einen angeblichen Auserwählten, der sich laut der Sternentorprophezeiung verschiedenen Prüfungen stellen muss, wenn der Schicksalskomet eines Tages das Ende der Welt bringt. Nur der Auserlesene wird dann den Untergang des Universums verhindern können und den Wesen des Saums, einer weiteren Dimension der Welt, Erinnerungen zurückbringen. Der Komet zieht etwa alle sechshundert Jahre vorbei, doch sein Erscheinen hat bisher keine Auswirkungen gezeigt.

Zu Beginn der Story fasst der aus den vorigen Bänden bekannte Baximilian Grimm, ein Wasserspeierdämon und kurz Bax genannt, das bisherige Geschehen in salopper Sprache zusammen. Mir hat es als Leserin geholfen, rasch wieder in die Geschichte eintauchen zu können. Während der Protagonist Quinn es kaum begreifen kann, dass er zu den Auserwählten gehört, vergnügt sich Mathilda als weitere Hauptfigur mit Traumwandlungen, die sie inzwischen exzellent beherrscht. Die beiden sind weiterhin ein verliebtes Paar, das alles dafür geben würde, um vom jeweils anderen Unheil fernzuhalten.

Einige Wochen vor Ende des Schuljahrs beginnt die ewig junge Jeanne d’Arc, die sich derzeit Johanna Bogen nennt, die große Abiturfeier des örtlichen Gymnasiums vorzubereiten. Gemeinsam mit Quinn und Mathilda besucht sie die Abschlussklasse. Es soll ein rauschendes Fest im Regency-Stil werden. Unterdessen sind die mehrere bösgesinnte Saumbewohner in Anbetracht des kommenden Kometen besonders angespannt und nervös. Sowohl Quinn wie auch Mathilda geraten ins Fadenkreuz, weil sie ihre Pläne vereiteln könnten.

Über die beiden ersten Teile der Serie hinweg sind mir die beiden Hauptfiguren sympathisch geworden. Daher hoffte ich während der ganzen Geschichte, dass sich alles zum Guten wendet, damit die beiden eine gemeinsame Zukunft haben werden. Doch diesmal mutet Kerstin Gier dem Lesenden ein besonders hohes Wechselbad der Gefühle zu. Durch das Verschwinden des Göttlichen Orakels entsteht bereits am Anfang des Romans Spannung. Sowohl Quinn wie auch Mathilda sind im Laufe des Kampfs für das Gute froh darüber, Freunde aus beiden Dimensionen an ihrer Seite zu wissen.

Der Buchumschlag sowie das Vorsatzpapier wurden erneut wunderschön gestaltet von der Illustratorin Eva Schöffmann-Davidov. Partiell gesetzter Relieflack hebt einige Elemente glänzend hervor. Zur Orientierung dienen ein Personenverzeichnis und ein Glossar am Ende des Buchs. Außerdem liest man dort Kerstin Giers „Regelbuch der Träume“ und zwei Rezepte, die in der Geschichte vorkommen.

„Vergissmeinnicht – Was die Welt zusammenhält“ ist ein All-Age-Roman für Leserinnen und Leser ab etwa 14 Jahren. Bedrückende Stimmungen, friedvolle Momente im Traum, gefährliche Situationen und etliche Wendungen sorgen für ein hohes Lesevergnügen. Lose Enden werden verbunden und Geheimnisse enthüllt. Zum Ende erwartet den Lesenden ein furioses Finale. Ich empfehle die Reihe an alle weiter, die eine erstklassige Fantasy lesen möchten.


Freitag, 29. November 2024

Rezension: Baskerville Hall - Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente von Ali Stanish

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Baskerville Hall - Das geheimnisvolle
Internat der besonderen Talente
Autorin: Ali Stanish
Übersetzerinnen aus dem Englischen: Sandra Knufinke und Jessika Komina
Erscheinungsdatum: 22.07.2024
Verlag: Hanser (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783446279797

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Der Roman „Baskerville Hall – Das geheimnisvolle Internat der besonderen Talente“ nimmt Kinder ab 10 Jahre, Jugendliche und Erwachsene mit ins 19. Jahrhundert, genauer gesagt ins Jahr 1968. Die US-amerikanische Autorin Ali Standish hat für ihren fiktiven Protagonisten bewusst den Namen Arthur Doyle gewählt. Damit nimmt sie Bezug auf den Schriftsteller; der die Roman über den Detektiv Sherlock Holmes geschrieben hat. Nach dessen Freund Dr. John Watson ist ein Lehrer des Protagonisten benannt. In der Geschichte begegnet der Lesende noch mehr bekannten Namen aus den Büchern des berühmten Autors. Beispielsweise heißt Arthurs bester Freund James Moriarty und weitere Mitschülerinnen sind Mary Morstan und Irene Eagle.

Der neunjährige Arthur ist bisher in ärmlichen Verhältnissen in Edinburgh aufgewachsen. Er beschließt, sich eine Arbeit zu suchen, statt weiter zur Schule zu gehen. Doch dann erhält er eine Einladung dazu, bereits ab dem nächsten Tag das englische Internat Baskerville Hall zu besuchen. Es fallen für die Familie keine Kosten an. Er wundert sich zwar, aber seine Mutter ist begeistert. Die Unterrichtsmethoden der Schule sind unkonventionell. Leider findet Arthur nicht nur Freunde. Eines Tages erhält er ein mysteriöses Schreiben, dass ihn zu mehreren Prüfungen auffordert. Nach deren Bestehen würde er einer geheimen Vereinigung angehören, die dafür sorgt, dass ihre Mitglieder nach Abschluss der Schule erfolgreich im Berufsleben sind. Nach ersten Bedenken kann Arthur sich keine bessere Möglichkeit vorstellen, damit seine Familie stolz auf ihn ist.

In diesem Auftakt einer Reihe vermischt die Autorin klassische Elemente eines Detektivromans mit solchen, die man aus der Fantasy kennt. Es gibt ungewöhnliche Tiere, mysteriöse Figuren und einen Zeitreisefaktor. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen Arthurs Beobachtungsgabe und seine Logik gefragt sind. Dann schlussfolgert der Protagonist genauso wie sein Vorbild, nach dem Ali Standish ihn erdacht hat. Die Talente der Schule beschäftigen sich mit Technik, die für die 1860er Jahre fortschrittlich und zukunftsweisend ist. Arthur lernt viel Neues, dass auch für die Lesenden interessant ist.

Durch eine erste Szene, bei der Arthurs kluger Verstand gefragt ist, kommt direkt Spannung auf. Bei seinem Eintreffen im Internat lernt er zunächst seine Mitschülerinnen und Mitschüler sowie die Lehrenden kennen. Danach steigt die Spannungskurve erneut an und bleibt auf einem höheren Level bis zum Schluss. Arthur beteiligt sich an der Aufklärung eines Einbruchs und des mehrfachen Herunterfallens eines Gemäldes. Nicht immer handelt er konform mit den Schulregeln und manchmal bangt der Lesende darum, ob er vom Internat verwiesen wird.

Am Ende des Buchs gibt es außerhalb der Geschichte einen kurzen Abriss zum Leben des Schriftstellers Arthur Conan Doyle, dem sich Fotos und Zeichnungen seiner Person anschließen. Ein Cliffhanger am Schluss lässt mich ungeduldig auf den nächsten Band der Kinderbuchreihe warten, der Anfang 2025 erscheinen wird. Gerne empfehle ich diese abenteuerliche Detektivgeschichte mit mystischen Elementen weiter.

Mittwoch, 27. November 2024

Rezension: Der Drahtzieher von Sarah Pines

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Der Drahtzieher
Autorin: Sarah Pines
Erscheinungsdatum: 21.08.2024
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783257072785
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Im Roman „Der Drahtzieher“ von Sarah Pines wird es Herbst im Jahr 1927 im Sauerland. Vor nicht allzu langer Zeit ist Theodor Hasselt, der das Drahtzieher-Unternehmen seines Vaters übernommen hat, aus Südafrika zurückgekehrt. Er ist mittleren Alters und lebt mit seiner Mutter in einer herrschaftlichen Villa in Iserlohn. Ein Auftrag hatte ihn in den Süden Afrikas geführt, wo er Alba kennenlernte. Sie ist eine Tochter aus der ersten Ehe seiner angeheirateten Tante, die dort mit ihrem Ehemann eine Farm bewirtschaftet. Schnell hatte es zwischen den beiden zu knistern begonnen. Er bittet sie, seine Frau zu werden, auch weil sie von ihm angeblich schwanger ist.

Bereits auf der zweiten Seite des Romans kommt Theodors Widersacher in Thema Liebe ins Spiel: der wenig ältere Albert, seines Zeichens Sohn eines Stahlfabrikanten. Bald nach der Ankunft von Alba hat er ein Auge auf sie geworfen, während Theodors erste Freundin Marthe sich auf die Hochzeit mit ihm freut. Albert ist Theodors bester Freund, denn sie erhielten eine ähnliche strenge Erziehung und teilen gleiche Maßstäbe. Sie stehen jedoch in finanzieller Hinsicht auch in ständiger Konkurrenz zueinander. Im Vergleich mit ihm schneidet Theodor immer etwas schlechter ab. Als Leserin konnte ich verstehen, dass der Drahtzieher darüber missmutig ist. Mit Alba an seiner Seite erhofft er sich mehr Anerkennung in gesellschaftlichen Kreisen. Im Sauerland wird aber zunehmend der diffuse Charakter seiner Geliebten offenbar.

Sarah Pines bleibt bei ihrer Geschichte nicht immer an der Seite von Theodor, sondern beschreibt auch die Gedankenwelt von Alba, manchmal auch von der gut betuchten Marthe. Albas Verhalten erklärt sich dem Lesenden, nicht aber der Titelfigur, aus ihrer Kindheit und Jugend. Der Drahtzieher liebt es, Anweisungen zu geben, sowohl im Unternehmen wie auch zu Hause, vor allem bei der Gestaltung von Mahlzeiten und Tischtafeln. Alba versucht einiges, um die nach außen getragene raue Schale von Theodor zu durchdringen. Sie möchte sich aus den ihr vermittelten Tugenden befreien und gesellschaftliche Konventionen durchbrechen. Zunehmend verlieren beide das angemessene Maß für einen liebevollen Umgang miteinander. Sowohl Alba wie auch Marthe sind Frauen, die ihre eigenen Ideen umsetzen, jedoch auf verschiedene Weise.

Die Handlung spielt Mitte der 1920er Jahre, aber trotz gängiger Mode, Kunst und Musik stellte sich bei mir als Leserin kein tieferes Eindruck der Zeit ein. Eventuell lag es an den überwiegend unabhängig agierenden Frauen im Umfeld von Theodor, was gutzuheißen ist. Die Autorin nutzt manchmal Ausdrücke mit Lokalkolorit. Neben Rückblicken auf Theodors Aufenthalt in Afrika greift die Autorin greift sie hin und wieder vor und lässt die Zukunft von Theodor, aber auch die des Sauerlands aufblitzen. Wenige Wochen nach Theodors Wiederkehr ist kaum noch Bewegung im Geschehen rund um das Kleeblatt der Liebenden. Die Stärke der Geschichte liegt mit Fokus auf den Charakteren und ihrer Gedanken- und Gefühlswelt.

„Der Drahtzieher“ von Sarah Pines zeigt die misslich verlaufende Beziehung eines Paars, dass es nicht schafft, über den eigenen Schatten zu springen. Über der gesamten Erzählung liegt der Hauch eines Augenzwinkerns.

Samstag, 23. November 2024

Rezension: Verdammt wütend von Linn Strømsborg

 


Verdammt wütend
Autorin: Linn Strømsborg
Übersetzerin: Karoline Hippe
Hardcover: 224 Seiten
Erschienen am 14. Oktober 2024
Verlag: DuMont Buchverlag
Link zur Buchseite des Verlags

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Bei einem Urlaub am Meer wird es der dreiundvierzigjährigen Britt zu viel. Sie schreit alle an: Ihren Mann Espen, ihre achtjährige Tochter Elise sowie die Freunde, mit denen sie verreist sind. Anschließend verlässt sie das Sommerhaus, in dem sie alle untergekommen sind, um an den Strand zu gehen und sich auf den Wellen treiben zu lassen. Hier begegnete ich ihr als Leserin im Prolog. Die genauen Worte ihres Ausbruchs erfuhr ich nicht, im Folgenden wurde mir jedoch begreiflich gemacht, wie Britt an diesen Punkt gekommen ist und wie ihr Umfeld darauf reagiert.

Britt ist eine Person, die es über Jahre hinweg stets allen recht machen wollte. Die Erlebnisse in ihrer Kindheit und die Erwartungen, die an sie als Mädchen und Frau im Laufe der Zeit an sie herangetragen wurden, haben sie dahingehend geprägt. Insbesondere ihr Mann Espen hat dies in ihrer Beziehung häufig ausgenutzt – mal mehr, mal weniger bewusst. Mit seinem Verhalten wirkt er wenig sympathisch und hat meine Geduld beim Lesen arg strapaziert. Immer wieder fragte ich mich, wie Britt überhaupt so lange gute Miene zum bösen Spiel machen konnte und war beim Lesen dankbar für meine eigene gleichberechtigte Partnerschaft.

Was die Autorin in diesem Roman schildert ist ein plakatives Beispiel für eine Partnerschaft, in welcher der Mental Load und die Care-Arbeit zum allergrößten Teil von der Frau übernommen wird. Ich konnte Britts Wut über diese Situation gut nachvollziehen. Gemeinsam mit Nico, der das Sommerhaus gehört und mit der Espen seit der Schulzeit befreundet ist, bricht Britt zu einem Roadtrip auf – ganz ohne jemandem Bescheid zu sagen, wohin sie wollen und was sie vorhaben und ohne auf dem Handy erreichbar zu sein. Britt konnte die alleinlebende Nico eigentlich nie leiden – doch nun wird sie zur unerwarteten Verbündeten und zum präsenten Beispiel für einen ganz anderen Lebensentwurf ohne Abhängigkeiten. Die Szenen mit den beiden Frauen haben mir besonders gut gefallen.

Der Roman besteht aus kurzen, kraftvollen Kapiteln und nutzt oftmals eine poetische Sprache mit Sätzen, die hängenbleiben. Insgesamt besteht er vor allem aus Erinnerungsfragmente und Momentaufnahmen, die wie ein Mosaik wirkten. Die einzelnen Szenen hätten für meinen Geschmack noch stärker auserzählt sein dürfen, um mich mehr in einen Lesefluss zu bringen. Ein aufrüttelnder Text über einen Befreiungsschlag und das Recht, wütend zu sein und das auch zu zeigen, den ich weiterempfehlen kann!

Freitag, 22. November 2024

Rezension: Agatha Christie Classics: Hercule Poirots Weihnachten - Ein Poirot-Krimi als Comic gestaltet von Isabelle Bottier und illustriert von Callixte


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Agathe Christie: Hercule Poirots Weihnachten
Ein Poirot-Krimi
Autorin: Agathe Christie
Gestaltung: Isabelle Bottier
Illustrationen: Callixte
Übersetzung aus dem Französischen: Thomas Schöner
Erscheinungsdatum: 01.10.2024
Verlag: Carlsen Comics (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783551804266
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Der Klassiker der berühmten Krimiautorin Agatha Christie „Hercule Poirots Weihnachten“ ist im Verlag Carlsen Comics als Graphic Novel für Erwachsene erschienen. Das Szenario wurde von Isabelle Bottier gestaltet, während Callixte die Zeichnungen erstellt hat. Bisher habe ich den zugrundeliegenden Roman nicht gelesen, so dass ich die Handlung nicht vergleichen kann. Auf dem Vorsatz des Buchs wird eine schön in Szene gesetzte Übersicht mit den Handlungsorten der verschiedenen Hercule Poirots Krimis der erfolgreichen, längst verstorbenen britischen Schriftstellerin gegeben. Die vorliegende Geschichte spielt im Herrenhaus Gorston Hall im englischen Longdale.

Der betagte Unternehmer Simeon Lee lässt kurz vor Weihnachten seine Familie zusammenkommen. Es versammeln sich der älteste Sohn George mit seiner verschwenderischen Angetrauten, der unterwürfige Alfred mit seiner Frau, der seiner Mutter nachtrauernde David mit Ehefrau Hilda sowie den bisher des Hauses verbannten Harry. Hinzu gesellen sich noch die allseits bisher unbekannte Enkelin des Hausherrn, deren Mutter inzwischen in Spanien verstorbenen ist und der Sohn eines Geschäftsfreunds von Simeon Lee. Einige Zeit, nachdem der Unternehmer verkündet hat, dass er sein Testament ändern werde, wird er in seinem Zimmer ermordet aufgefunden. Die Tür ist von innen verschlossen. Zwischen umgestürzten Möbeln findet die Enkelin ein Stück Gummi, das zu einem wichtigen Beweisstück wird.

Der Krimi spielt an wenigen Tagen in einem begrenzten Umfeld. Jeder der Anwesenden, einschließlich des alterssichtigen Butlers und eines zufällig anwesenden Polizeibeamten könnte einen Grund gehabt haben, dem despotischen Simeon Lee das Leben zu nehmen. Hercule Poirots wird nur deshalb hinzugerufen, weil er einem guten Freund einen Gefallen tun möchte. Die Titelfigur beobachtet, achtet auf Details und spricht mit den Anwesenden, so wie man es auch aus anderen Fällen von ihm kennt. Obwohl die Illustrationen nur jeweils einen statischen Moment wiedergeben können, spiegeln sich im Minenspiel und den dargestellten Gesten die Gefühle der Personen wider, so dass Wut, Entrüstung, Erstaunen und Erschrecken klar zu erkennen sind. Im Finale versammelt sich der erweiterte Kreis der Familie. Der belgische Privatdetektiv bringt seine Argumente überzeugend vor. Während es in der kriminellen Handlung bereits Wendungen gab, sorgt das Ende mit der Entlarvung des Täters für eine besondere Überraschung.

Als Leserin verfolgte ich die Missgunst der Familienmitglieder und sammelte die vorgebrachten Motive ebenso wie die Alibis für das Verbrechen. Auf diese Weise konnte ich miträtseln, wer die Tat verübt hat. Gerne empfehle ich diese umgearbeitete, gekürzte Fassung des Krimiklassikers an Lesende von Kriminalromanen weiter.

Donnerstag, 21. November 2024

Rezension: Wintergeister: Schaurige Geschichten für frostige Nächte

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Wintergeister - Schaurige Geschichten
für frostige Nächte
AutorInnen: Bridget Collins, Andrew Michael Hurley,
Jess Kidd, Catriona Ward, Susan Stokes-Chapman, Laura Purcell
Übersetzerin aus dem Englischen: Sibylle Schmidt
Erscheinungsdatum: 17.09.2024
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783755800286
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Das Buch „Wintergeister“ versammelt sechs Geschichten verschiedener AutorInnen und wird dem Untertitel „Schaurige Geschichten für frostige Nächte“ gerecht. Die Erzählungen sind jeweils rund vierzig Seiten lang und nehmen die Lesenden mit in vergangene Zeiten, die etwa fünfzig bis über zweihundert Jahre zurückliegen. Lange raschelnde Kleider der Damen, weitläufige Räumlichkeiten in Herrenhäusern und steife Umgangsformen tragen zu der durchgehend düsteren Grundstimmung bei.

Mal glaubt eine Schriftstellerin mit Schreibblockade einen Dämon zu sehen. In einer anderen Geschichte erfährt ein Schauspieler, der seit Jahren zu Silvester im gleichen Stück spielt, dass daran plötzliche Änderungen vorgenommen wurden. Ein älteres Waisenkind hat den Auftrag, einen Séancetisch zu bedienen. Eine andere Story handelt von einer jungen Frau, die mit einer nur für sie sichtbaren Kreatur spricht. Dagegen muss die Fächermacherin Honoria auf dem Weg zu ihrem Geschäft den sogenannten Witwenweg nehmen, was ein Pfad ist, der nur von einer hohen Hecke vom Friedhof verläuft. In der letzten Geschichte des Buchs erzählt eine Gouvernante den von ihr betreuten Kindern zur Abschreckung vom Kramper, der in manchen Gegenden eine den Nikolaus begleitende Schreckgestalt ist.

Vielleicht hört sich das Vorstehende nicht unbedingt schaurig an, aber den jeweiligen Gruselfaktor möchte ich nicht verraten. Geschrieben wurden die Erzählungen von den erfolgreichen Schriftstellerinnen Bridget Collins, Jess Kidd, Catriona Ward, Susan Stokes-Chapman, Laura Purcell sowie dem preisgekrönten Autor Andrew Michael Hurley. Beim Lesenden wird die Vorstellungskraft angesprochen, mit dem Gelesenen unerklärbare Phänomene zu verbinden. Wer sich gerne gruselt, der wird sein Vergnügen an jeder der schaurig-schönen Geschichten haben.

Samstag, 16. November 2024

Rezension: Herzklopfen im Handgepäck von Sarah Saxx

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Herzklopfen im Handgepäck
Eine Adventsromance zum Aufreißen in 24 Teilen
Autorin: Sarah Saxx
Erscheinungsdatum: 30.08.20204
rezensierte Buchausgabe: Hardcover
ISBN: 9783629010612
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Das Buch „Herzklopfen im Handgepäck“ von der Österreicherin Sarah Saxx ist ein Adventskalender mit einer Erzählung in Romanform, die auf 24 Tage aufgeteilt ist. Das Cover sorgt beim Betrachten dafür, dass man wünscht, eine weiße Weihnacht in den Bergen zu erleben. Der Titel glitzert festlich in erhabenen Buchstaben. Das Buch ist gefüllt mit ansprechenden bunten Illustrationen, die zur Geschichte passen. Vom Auto, welches vor einer Schneelandschaft ins Bild fährt, sieht man über die Tage hinweg immer mehr. Wie bei einem Daumenkino ergibt sich daraus eine eigene kleine Story. Verschiedene Rezepte zu Getränken und Gerichten, die im Buch eine Rolle spielen, finden sich ebenfalls zwischen den Kapiteln. Außerdem gibt es die Idee zu einem Spiel im größeren Kreis.

Der Roman enthüllt sich Tag für Tag erst nach dem Aufreißen oder -schneiden der perforierten Seiten, das geht auch mit einem Finger ganz gut. Meist sind es zwei Doppelseiten, die es täglich zum Lesen gibt. Gleich zu Beginn ist eine Playlist aufgeführt, die beim Hören für eine romantische Stimmung sorgt. Neben Merle als Protagonistin gibt es auch noch Lucas als Hauptfigur, die beide in der Ich-Form erzählen. Wer gerade an der Reihe ist, erfährt man am unteren Rand des jeweiligen Kalenderblatts.

Die in München lebende Merle und ihre drei Freundinnen Lia, Steffy und Viola haben schon vor einiger Zeit geplant, kurz vor dem Weihnachtsfest in die österreichischen Alpen zu fahren und dort in einer Berghütte die Festtage zu verbringen. Auch Steffys Bruder Jonas, Violas Freund Finn und Henry, ein Freund der jungen Männer, sind mit dabei. Erst vor Ort erfährt Merle, dass Jonas ebenfalls Lucas eingeladen hat. Vor ein paar Monaten ist Merle durch ihn in eine Situation gekommen, die sie beschämt hat. Daher stellt sie sich ihm gegenüber nun stur, ein Verhalten, dass Lucas nicht verstehen kann.

Im Laufe der nächsten Tage verfolgte ich ungeduldig, ob Merle Lucas gegenüber weiterhin unnahbar bleibt. Ihr Verhalten warf bei mir mehrere Fragen auf. Ob die beiden sich wieder annähern würden? Ob aus der Sympathie zu Henry oder Jonas mehr als Freundschaft werden könnte? Das Miteinander der Freunde und Freundinnen wirkt realistisch. Ihre Handlungen und Gefühle lassen sich leicht nachvollziehen. Obwohl Merle zunächst ablehnend auf Lucas reagiert, verläuft die Geschichte im friedvollen weihnachtlichen Sinne, auch weil die Charaktere sich respektvoll verhalten.

„Herzklopfen im Handgepäck“ von Sarah Saxx verbreitet als buchiger Adventskalender eine romantische Atmosphäre zur Weihnachtszeit mit einer Enemies-to-lover-Geschichte, die begleitet wird von schönen Illustrationen und Rezepten. Ich habe das Buch gerne genutzt und mich über die angenehme Lesezeit gefreut. 

Rezension: Tage einer Hexe von Genoveva Dimova


 Tage einer Hexe
Autorin: Genoveva Dimova
Übersetzer:innen: Andrea Wandel und Wieland Freund
Hardcover: 464 Seiten
Erschienen am 19. Oktober 2024

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Das neue Jahr steht kurz bevor, und die Hexe Kosara vertreibt sich die Zeit beim Kartenspielen in der einzigen geöffneten Schenke von Chernograd. Ein Fremder sitzt mit am Tisch, der sie überreden will, um ihren Hexenschatten zu spielen. Doch ohne ihren Schatten verliert eine Hexe ihre Magie und verschwindet allmählich – ein zu hoher Preis für Kosara. Dann schlägt es Mitternacht, und für die nächsten zwölf Tage werden die Monster durch die Stadt ziehen, unter ihnen auch der Zmey, der Zar aller Monster. Er hat noch eine Rechnung mit Kosara offen. Sie gerät in Bedrängnis und tauscht ihren Schatten gegen die Sicherheit von Belograd, der Stadt hinter der die Monster abwehrenden Mauer – mit dem Plan, ihn sich schnellstmöglich zurückzuholen. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht…

Eine Hexenfantasy, die sich an slawischer Mythologie bedient – das klang nach einem Roman ganz nach meinem Geschmack. Das Buch startet temporeich und spannend mit dem Beginn eines neuen Jahres und damit der Zeit der Schmutzigen Tage. Das bedeutet, dass zwölf Tage lang Monster wie Upire (Untote), Ruskalas (Geister von Untoten) und Rubas (monströse Vögel) ihr Unwesen in der Stadt treiben. Als Hexe ist Kosara gut gerüstet, ihre Schutzkreise können die Monster abwehren. Sie fürchtet sich lediglich vor dem Zmey, dem Zar der Monster. Die gemeinsame Geschichte der beiden wird zunächst nur angedeutet und ich war neugierig, mehr darüber zu erfahren.

Schon nach wenigen Seiten findet sich Kosara ohne Schatten auf der anderen, monsterfreien Seite der Mauer wieder. Es dauert jedoch nicht lang, da möchte sie am liebsten gleich wieder zurück und gegen den Zmey vorgehen. Vor diesem Hintergrund fand ich die Entscheidung, ihren Schatten herzugeben, sehr überstürzt und irrational – das ist aber auch die einzige Kritik, die ich an der Geschichte habe und schließlich müssen die Ereignisse irgendwie in Gang kommen. Was folgt ist eine aufregende Spurensuche, bei der ich immer wieder von Charakteren überrascht wurde und actionreiche Monsterkämpfe miterleben durfte. Besonders gut gefallen hat mir Kosaras ungewöhnliches Bündnis mit Asen, einem Polizisten aus Belograd, der offensichtlich etwas verheimlicht und seine ganz eigene Agenda verfolgt. Ich wurde von diesem Roman bestens unterhalten und vergebe daher eine große Leseempfehlung an alle Fans des Genres!

Donnerstag, 14. November 2024

Rezension: Spellshop von Sarah Beth Durst

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Spellshop - Vom Zauber der kleinen Dinge
Autorin: Sarah Beth Durst
Übersetzerin aus dem Amerikanischen Englisch: Aimée de Bruyn Ouboter
Erscheinungsdatum: 25.09.2024
Verlag: Fischer Tor (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783596710942
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Ein gemütlich aussehendes Häuschen mit altem Baumbestand und eine fliegende Katze auf einer endlos erscheinenden Treppe: das Cover des Buchs „Spellshop“ von der US-Amerikanerin Sarah Beth Durst ist einnehmend. Doch nicht nur der Auftritt nach außen hin ist magisch, sondern ebenfalls die Geschichte. Zurecht lautet der Untertitel „Vom Zauber der kleinen Dinge“. Beim Lesen des Titels fragte ich mich als Leserin unwillkürlich, welche Zauber in dem süßen Haus wohl angeboten würden und welche Person diese verkauft. Ob er, sie oder es selbst Magie anwendet und Gutes oder Böses im Sinn hat? Ich würde es bald erfahren.

Der Roman beginnt zunächst in Alyssium, der Hauptstadt des Inselreichs. Dort ist die blauhaarige Protagonistin Kiela Orobidan seit zehn Jahren in der Abteilung Natur der Bibliothek angestellt, wo es ihr möglich ist, zurückgezogen ihrer Arbeit nachzugehen und zu leben. Als im Land eine Revolution ausbricht und die Bibliothek in Flammen aufgeht, gelingt es ihr, einige Kisten mit Zauberbüchern, die sonst nur die Elite der Gesellschaft einsehen darf, zu retten. Mit einem Schiff flieht sie zur Insel Caltrey, auf der sie bis zum zehnten Lebensjahr aufgewachsen ist. An ihrer Seite ist das menschlich agierende Spinnenkraut Caz, das aus einem missglückten Zauberspruch hervorgegangen ist. Auf Caltrey werden die beiden freundlich empfangen und ziehen in das Cottage, das einmal Kielas verstorbenen Eltern gehört hat.

Die Protagonistin bleibt am Anfang den Inselbewohnern gegenüber misstrauisch. Sie hat Angst vor Strafe, welche deutlich spürbar ist, denn sie hat die Zauberbücher eigenmächtig mitgenommen. Bereits kurz nach ihrer Ankunft bemerkt sie, dass Flora und Fauna auf der Insel geschädigt sind, wodurch es den Einwohnern deutlich schlechter geht als früher, weil sich damals die Magie auf den Inseln besser verteilt hat. Spannung in der Geschichte entsteht dadurch, dass Kiela gerne helfen möchte. Zaubern ist streng verboten und ihr ist bewusst, wie schwierig es ist, aber sie würde es sich zutrauen. Sie zerbricht sich den Kopf darüber, auf welche Weise es ihr gelingen könnte, unentdeckt hilfreiche Sprüche anzuwenden. Aber nicht nur das lässt sie zögern, sondern auch die Folgen von fehlerhaftem Zaubern. Sie ist hin und hergerissen.

Der Charme der Erzählung ergibt sich aus dem liebevollen Zusammenspiel der Figuren. Kiela entwickelt sich in Folge ihrer Erfahrungen, die sie auf der Insel sammelt, stetig weiter. Ein gutaussehender, früherer Nachbarssohn beeindruckt Kiela mit seiner ruhigen, vor allem zu Beginn manchmal unbeholfenen, aber tatkräftigen Weise. Die ungewöhnlich aussehende Bäckerin und zwei ihrer Kundinnen haben eine herzliche und offene Art. Jedoch zeigt sich, dass jede Figur in ihrer Vergangenheit ihr Päckchen zu tragen hatte. Obwohl die Protagonistin weiterhin zurückgezogen leben wollte, kommt ihre Gesinnung diesbezüglich aufgrund der Freundlichkeit ihrer Mitmenschen ins Wanken. Natürlich gibt es auch unzufriedene und argwöhnische Personen. Anhand des Umgangs mit ihnen, erlebt Kiela ein Wohlgefühl, das durch Zusammenhalt entsteht. Seepferde, Wolkenbären und andere Ungewöhnlichkeiten sind abwechslungsreich und sorgen für einige Wendungen.

Sarah Beth Durst sorgt mit ihrem ruhig erzählten Fantasyroman „Spellshop“ für behagliche Lesestunden mit einzigartigen, liebenswerten ProtagonistInnen. Gerne vergebe ich eine Empfehlung an Lesende des Genres.

Sonntag, 10. November 2024

Rezension: Im Nordlicht von Miriam Georg

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Im Nordlicht (Band 2 von 2 der Nordwind-Saga)
Autorin: Miriam Georg
Erscheinungsdatum: 15.10.2024
Verlag: rororo (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Taschenbuch mit Klappen
ISBN: 9783499012303
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Im zweiten Band der „Nordwind-Saga“ von Miriam Georg, der „Im Nordlicht“ betitelt ist, weicht die Darstellung des Schicksals der Protagonistin Alice in ihren jungen Jahren ein wenig vor dem dramatischen Geschehen in der Familie von John Reeven, dem weiteren Protagonisten des Romans, zurück. Immer noch sucht Alice nach ihrer Tochter Rosa, versieht aber weiterhin ihren Dienst im Haus der Villa der Reevens, um vor der anstehenden Gerichtsverhandlung eine gute Reputation vorweisen zu können. Für Alice ist es eine emotionale Herausforderung an ihrer Arbeitsstätte ständig auf John zu treffen, den sie liebt, von dem sie aber weiß, dass er seine Verlobte Evelyn heiraten wird. Sie ist sich bewusst, dass ihre Liebe nicht sein darf, weil sie in eine andere Gesellschaftsschicht hineingeboren wurde. John und sie bemühen sich um einen respektvollen Umgang miteinander und darum, ihre Gefühle im Beisein von anderen zu unterdrücken.

Von Beginn des Buchs an, ergeben sich in Fortsetzung des ersten Bands einige Fragen, die eine hintergründige Spannung aufkommen lassen, wie beispielsweise, ob es der Schwester von John besser gelingt als Alice, sich gegen ihren Ehemann gegen Übergriffen zur Wehr zu setzen. Des Weiteren ist offen, ob es Johns Bruder Julius gelingt, seine Ehe mit Marlies zu retten, die sich ihm gegenüber gefühlskalt gibt. Letztlich schließt sich für mich als Leserin auch die Lücke, die im Lebenslauf von Alice noch offen ist. Außerdem gibt es Neuigkeiten zum entlassenen Dienstmädchen Sala. Um die gesamten Verwicklungen richtig einordnen zu können, sollte man meines Erachtens nach den ersten Teil der Serie gelesen haben.

Miriam Georg gelingt es mit Feingefühl dem Lesenden die Beweggründe ihrer Figuren für ihr Handeln offenzulegen. Während sich die Tragik im ersten Teil hauptsächlich durch die Schilderung der Kindheit und Jugend von Alice ergab, muss diesmal die gut betuchte Bankiersfamilie Reeven mehrere Schicksalsschläge einstecken, wodurch sich zeigt, dass Glück nicht mit Geld zu kaufen ist. Insgesamt ist die Stimmung im gesamten Roman recht bedrückend. Dank guter Recherche basieren die Beschreibungen der Autorin auf vergleichbaren Geschehnissen, gegebenen Konventionen und geltenden Gesetzen. Sie lotet die Möglichkeiten aus, die Frauen in der damaligen Zeit besaßen, um eine gleichberechtigte Ehe zu führen.

In ihrem Roman „Im Nordlicht“, der bis auf die Rückblicke in die Vergangenheit von Alice vor Kriegsbeginn im Jahr 1914 spielt, lässt Miriam Georg noch einmal die Gegensätzlichkeiten der Gesellschaftsschichten in Hamburg, aber auch die Unterschiede in der Gesetzgebung für Mann und Frau deutlich werden. Die vielen tragischen Begebenheiten sind ergreifend. Die Cliffhanger aus dem ersten Band werden bis zum Ende hin weitgehend geklärt. Der Schluss ermöglicht eine Fortsetzung der Dilogie. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.

Mittwoch, 6. November 2024

Rezension: Gegenspieler - Bischoff und Pirlo ermitteln von Arno Strobel und Ingo Bott


 

Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Gegenspieler - Bischoff und Pirlo ermitteln
Autoren: Arno Strobel und Ingo Bott
Erscheinungsdatum: 16.10.2024
rezensierte Buchausgabe: Klappenbroschur
ISBN: 9783596710485

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Wenn der derzeitige Fallanalytiker Max Bischoff aus der Reihe „Mörderfinder“ von Thrillerautor Arno Strobel und die Strafverteidiger Dr. Anton Pirlo und Sophie Mahler aus der Serie „Pirlo“ von Schriftsteller und Strafverteidiger Dr. Ingo Bott gemeinsam ermitteln, dann wird hieraus der Kriminalfall „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“. Handlungsort ist selbstverständlich Düsseldorf, denn dort spielen auch beide Serien.

Max Bischoff hat in der Pirlo-Reihe bereits Erwähnung gefunden. Dieses Mal wird Bischoff von Sophies Vater beauftragt, der seine Tochter bittet, mit diesem zusammenzuarbeiten. Sophies Vater ist einer der Partner der Düsseldorfer Kanzlei Müller & Mahler mit Sitz an der Königsallee. Zum großen Entsetzen aller, wird Karl Müller, ebenfalls Partner der Kanzlei und Patenonkel von Sophie, tot in seinem Auto aufgefunden. Die Polizei geht davon aus, dass er sich umgebracht hat, denn in wenigen Tagen hätte er vor Gericht in Sachen umstrittener Steuersparmodellen aussagen sollen. Von den Kanzleiangehörigen glaubt so recht niemand, dass er Selbstmord begangen hat. Das Blatt wendet sich, als ein weiteres Mitglied der Kanzlei ermordet wird. Jedoch gerät schließlich Sophies Vater unter Verdacht und Pirlo benötigt gute Gründe, um ihn vor Gericht verteidigen zu können.

Wer sowohl die Bücher der „Mörderfinder“-Serie als auch die der „Pirlo“-Reihe kennt wie ich, wird in der Geschichte Stilelemente aus beidem wiederfinden. Bischoff versetzt sich gerne in den Kopf des Mörders und versucht auf diese Weise, die Gedanken des Täters nachzuvollziehen, warum und wie dieser ein Verbrechen begangen hat. Das ist auch im vorliegenden Fall so, aber Bischoff hat es diesmal nicht einfach, weil er kaum Ansatzpunkte findet. Horst Böhmer, sein früherer Kollege beim Mordkommissariat, von dem er bisher immer wieder gute Tipps erhalten hat, schweigt zu den polizeilichen Erkenntnissen. Erst spät zieht Bischoff den Psychologen Marvin Wagner hinzu, mit dem er bald die Privatdetektei WaBi Investigations eröffnen wird (Mörderfinder – Das Muster des Bösen, ET 02/2025).

Sophie Mahler nimmt in „Gegenspieler“ eine größere Rolle ein als ihr Kanzleipartner Pirlo, denn sie ist persönlich betroffen. Nicht nur, dass ihr Patenonkel verstorben ist und ihr Vater unter einen gewissen Verdacht gerät, sondern auch weil ihre Mutter unter äußerster Anspannung steht und noch mehr Alkohol trinkt als bisher. Der Fall konzentriert sich im Privaten auf Sophies Familie, so dass die Brüder von Pirlo und seine Kontakte zu diversen Clans nur eine nebensächliche Rolle spielen. Pirlo ist als Figur auch hier der manchmal planlos erscheinende, mit unkonventionellen Methoden arbeitende und mit einnehmenden Wesen ausgestattete Strafverteidiger, als der er auch in der eigenen Reihe auftritt.  

Während es Pirlo darum geht, für seinen Mandanten einen Freispruch zu erwirken oder eine Einstellung des Verfahrens ist es Bischoff wichtig, denjenigen zu finden, der die Taten tatsächlich begangen hat. Die für den Lesenden verständlich geschilderte und authentisch dargestellte Strafverteidigung ihren Raum in der Geschichte benötigt, ist die Spannung anders wie den Thrillern des Mörderfinders und erscheint im Vergleich mit der Reihe nicht ganz so hoch.

Wortgefechte zwischen Bischoff und Pirlo sorgen für Abwechslung und sind titelgebend für „Gegenspieler – Bischoff und Pirlo ermitteln“, was dem vorliegenden Fall einen eigenwilligen Charakter verleiht und ihn von den jeweiligen Reihen der ermittelnden Charaktere abhebt. Einige Wendungen sind unerwartet und sorgen jeweils für eine nötige Neuausrichtung der beiden Titelfiguren und Sophie Mahler mit deren Hoffnung darauf, den Täter endlich zu stellen. Ich mag das Wendecover mit der Klappe, die sich um den seitlichen Buchschnitt legen lässt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an Lesende von Kriminalromanen.  


Samstag, 2. November 2024

Rezension: Der gelbe Regenmantel von Alexa Hennig von Lange mit Bonnie & Buttermilk

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Der gelbe Regenmantel 
Geschichten übers Geborgensein
Autorin: Alexa Hennig von Lange
Illustrationen: Bonnie & Buttermilk
Erscheinungsdatum: 14.10.2024
Verlag: Dumont (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN: 9783755820062
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Geborgensein ist etwas Schönes. Geborgensein bedeutet Liebe, Schutz und Sicherheit. Die Schriftstellerin Alexa Hennig von Lange hat sich gemeinsam mit den Fashion-Designerinnen Kathinka Oettrich und Eike Braunsdorf, die ihre Entwürfe unter dem Namen Bonnie & Buttermilk gestalten und vertreiben, Gedanken zu Erinnerungen an die Kindheit gemacht. Auf diese Weise entstand die Idee, ihre LeserInnen auf Instagram zu fragen, in welchen Momenten sie sich in ihrer Kindheit geborgen gefühlt haben.

Alexa Hennig von Lange hat sechs dieser Erinnerungen aufgegriffen und in berührende Kurzgeschichten umgesetzt. Die Hauptfigur reist jedes Mal gedanklich in die Vergangenheit zu einem Punkt, an dem sich etwas ereignet hat, an das er oder sie sich gerne erinnert und sich wohl gefühlt hat. Verbunden sind die Rückblicke mit der Gegenwart in unserer oft hektischen Zeit. Als Lesende erkennt man die ein oder andere Situation vielleicht auch selbst. Die titelgebende Geschichte handelt beispielsweise von einem überlasteten Paar mit mehreren Kindern, eine andere erzählt von einer abenteuerlichen Hochzeitreise. Der Text ist einfach zu lesen und erleichtert es dadurch, sich in die beschriebene Lage als Kind hineinzuversetzen.

Jeweils zwei bis vier bunte aufmunternde Illustrationen von Bonnie & Buttermilk begleiten die einzelnen Geschichten. Sie wirken der beim Lesen aufkommenden Wehmut nach der Kindheit entgegen. Auch die Abbildung auf dem Cover wurde von dem Fashion-Duo entworfen. Die Bindfäden des Regens sind nicht nur optisch, sondern auch haptisch auf dem Cover des Umschlags und der Rückseite spürbar und glänzen im Licht. Das Buch wurde von Andrea Lehmann gestaltet.

„Der gelbe Regenmantel“ ist ein Hardcover mit Schutzumschlag und orangefarbenem Leseband, das Geschichten von Alexa Hennig von Lange enthält übers Geborgensein. Beim selbst lesen kann man sich zu schönen Erinnerungen in der Kindheit mitnehmen lassen. Dieser von Bonnie & Buttermilk wunderschön und ansprechend illustrierte Band eignet sich aber auch gut als Geschenk.


Sonntag, 27. Oktober 2024

Rezension: Das dünne Pferd von Stefanie vor Schulte

Das dünne Pferd
Autorin: Stefanie vor Schulte
Hardcover: 256 Seiten
Erschienen am 21. August 2024

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Die Pflegekraft Aria macht sich gemeinsam mit ihrer Kollegin Marion und fünfzehn Kindern, die von ihren Eltern vergessen wurden, auf den Weg ans Meer. Dort haben sie ein ehemaliges Hotel gekauft, in dem sie unterkommen wollen. Die Welt steht am Abgrund und niemand weiß, wie und wie lange es weitergehen wird. In Einstadt angekommen werden die Frauen und Kindern von den ortsansässigen Cowboys mit Argwohn beäugt. Lediglich Jenny, die Schwester ihres Anführers, kann eine Eskalation der Situation verhindern. Als Marion an einem schwer zugänglichen Strandabschnitt in der Nähe des Hotels ein dünnes Pferd entdeckt, ist sie gewillt, dieses zu retten. Doch dazu benötigt sie Unterstützung – wird sie die Einstädter überzeugen können, ihr zu helfen?

Als Leserin wurde ich auf den ersten Seiten ohne große Erklärungen gleich mitten ins Geschehen hineingeworfen und begleitete Aria, Marion und die Kinder bei ihrem Weg aus der Klinik ans Meer. Schnell merkte ich, dass ich mich in einem dystopischen Szenario wiederfand, wobei nicht genau erklärt wird, was eigentlich geschehen ist. Die Welt scheint am Abgrund zu stehen und Aria ist fest entschlossen, die Kinder und später auch das Pferd zu retten und zu beschützen, solange es geht.

Im Interview hat die Autorin berichtet, sich an Bildern entlangzuschreiben, die sie vor sich sieht. Diese Herangehensweise ist beim Lesen des Romans zu spüren. Sie schafft mit ihren Worten kraftvolle und lebendige Szenen, die im Kopf bleiben. Zwischen diesen gibt es unterschiedlich große Zeitsprünge, der Fokus liegt mehr darauf, einzelne starke Momente einzufangen als den Leser durch den Fluss an Ereignissen zu führen. Mich hat Stefanie vor Schulte mit dieser Erzählweise sehr gut abholen können.

Aria ist eine Person, die über viel mentale Stärke und einen unbeugsamen Willen verfügt. Was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat möchte sie auch erreichen. Sie hat die Kinder ans Meer gebracht, und nun möchte sie auch das Pferd retten, obwohl wenn sie dafür viel Unverständnis erntet. Kurze Rückblicke geben einen Einblick in prägende Momente ihrer Jugend und machen noch verständlicher, warum sie gewisse Entscheidungen trifft. Auch die weiteren Frauenfiguren im Buch sind interessant und anpackend und nicht bereit, sich dem Willen der Männer zu beugen. Ich habe sie gerne auf einer Suche nach einem Platz in der untergehenden Welt begleitet. Mir hat dieser aufs Wesentliche beschränkte Roman, der bewusst nicht alles erklärt, sondern einzelne starke Bilder schafft, die nachhallen, sehr gut gefallen.

Freitag, 25. Oktober 2024

Rezension: Sing, wilder Vogel, sing von Jacqueline O'Mahony

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Sing, wilder Vogel, sing
Autorin: Jacqueline O'Mahony
Übersetzung aus dem irischen Englisch: pociao und Roberto de Hollanda 
Erscheinungsdatum: 25.09.2024
rezensierte Buchausgabe: Leseexemplar
ISBN des Hardcovers: 9783257073096
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In ihrem historischen Roman „Sing, wilder Vogel, sing“ erzählt Jacqueline O`Mahony von der Irin Honora, die sich nach Freiheit von allen Zwängen sehnt, die sie persönlich einengen. Dabei versucht sie, ihre Identität zu bewahren. Die Protagonistin lebt im Jahr 1849 an der irischen Westküste. Land und Unterkünfte sind dort von englischen Gutsherren gepachtet. Wer nicht rechtzeitig zahlt, dem wird der Besitz weggenommen. Am Tag von Honoras Geburt ist ein Rotkehlchen ins Zimmer geflogen, was im Dorf als Fluch gilt, der nun auf ihr liegt.  William zu heiraten, den Sohn eines im Dorf angesehenen Bürgers, erscheint ihr als glücklicher Umstand. Doch eine Hungersnot nimmt ihr all das, für welches es sich bisher für sie zu leben lohnte. Aus der prekären Lage heraus entwickelt sie einen Plan, mit einem Schiff von der drei bis vier Tagesmärsche entfernten Hafenstadt Westport nach New York zu fahren. Er gelingt und zunächst fühlt sie sich freier, bis die Realität sie einholt und sie das Schicksal erneut hart trifft. Ihr wird bewusst, dass sie noch nicht am Ende ihrer Reise angelangt ist.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, in dem Honora sich fünf Jahre nach ihrem Aufbruch in Irland im Westen der USA befindet. Von einem Mann erhält sie Avancen. Erst später konnte ich die Szene richtig zuordnen. Vorerst gab mir die Szene das Wissen darum, dass die Protagonistin die furchtbaren Geschehnisse in Irland überlebt hat, die die Autorin im Folgenden schildert. Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Sie sind unter dem Begriff „Doolough Famine Walk“ in die Geschichtsbücher eingegangen.

Honora hat früh gelernt, sich um sich selbst zu kümmern, weil ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben ist. Die Arbeit ist schwer und ihr Körper vom Hunger ausgezehrt. Doch ohne zurückzublicken lebt sie für den Augenblick, ohne sich beirren zu lassen. Sie weiß, dass viele der Dorfbewohner sie für seltsam halten, aber gerade ihre Beharrlichkeit, ihre Wut gegen Ungleichbehandlung und ihr Wildheit, die sie in die Natur zieht, geben ihr die Kraft bis an die Grenze des Erträglichen zu gehen.

Jacqueline O*Mahony thematisiert in ihrem Roman den Kampf der Protagonistin gegen die ihr auferlegten Zwänge, die nicht nur durch Gesetze, sondern auch durch Konventionen gegeben sind. Es ist tiefbewegend, davon zu lesen, wie gering die englischen Landlords das Leben ihrer Untergebenen schätzen. In Amerika, dem Land der von Honora erhofften unbegrenzten Möglichkeiten, erkennt sie schnell, dass der von ihr ersehnten Freiheit durch ihre Armut Grenzen gesetzt sind und sie dadurch bald zum Spielball in den Händen ihrer Vorgesetzten wird. Später wird sie durch Androhungen eingeschränkt. Sie strebt nicht nur danach, im eigenen Ermessen gehen zu können, wohin immer sie will, sondern sie wünscht sich auch, dass ihre inneren Werte von anderen erkannt werden.

„Sing, wilder Vogel, sing“ ist ein Roman voller Drama, aber mit dem Flair des Abenteuers. Die irische Autorin Jacqueline O*Mahony schreibt berührend und aufwühlend. Sie bleibt nah am Charakter ihrer Protagonistin, die mit Hartnäckigkeit und Hoffnung im Herzen nach Eigenständigkeit im Leben sucht und sich dabei weiterentwickelt. Sehr gerne empfehle ich das Buch weiter.


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