Die englische Autorin Bella Osborne ist bekannt für ihr
romantischen Komödien, doch mit ihrem Roman „So was wie Freunde“ betritt sie
Neuland und schreibt über die Freundschaft zweier besonderer Menschen, die
verschiedenen Generationen angehören. Der 16-jährige Tom und die 72-jährige
Maggie sind vereint im gemeinsamen Kampf zum Erhalt der von ihnen genutzten Bibliothek.
Tom geht noch zur Schule. Sein Vater ist nie über den Tod
seiner Frau vor einigen Jahren hinweggekommen und wendet sich zunehmend dem
Alkohol zu. Er hofft darauf, dass sein Sohn bald eine Ausbildung beginnt, damit
er zum Haushaltsbudget beitragen kann. Aber Tom möchte später studieren, deshalb
kommt es immer wieder zum Streit mit seinem Vater. Am liebsten bleibt er
unscheinbar, um keine Aufmerksamkeit auf seine Person zu ziehen. Er hält sich
von Gleichaltrigen fern, denn er spielt nicht in deren Beliebtheitsliga, was
auch daran liegt, dass er sich keine Markenkleidung leisten kann und im Haus
der Familie kaum Geborgenheit zu finden ist. Über die Sucht seines Vater möchte
er mit niemandem sprechen. Darum beginnt er in die örtliche Bibliothek zu
gehen, die er früher mit seiner Mutter besucht hat. Dort hofft er auch, eine
Mitschülerin zu treffen, für die er schwärmt. Tom erzählt in der Ich-Form,
wodurch er mir seine Gefühle im besonderen Maß nahebringen konnte.
Maggie lebt seit dem Tod ihres Ehemanns allein, etwas
außerhalb des Orts, auf einem kleinen Bauernhof, auf dem sie Hühner und ein
paar Schafe hält sowie einen Gemüsegarten bewirtschaftet. Die Arbeit lenkt die
Rentnerin von ihrer Einsamkeit ab. Samstags fährt sie zur Bücherei, denn dann
trifft sich ihr Buchclub. Später wurde mir beim Lesen durch einige Gedanken von
ihr deutlich, dass sie ein Geheimnis verbirgt, dass weit in ihre Vergangenheit
hineinreicht. Die Autorin wechselt in den Kapiteln zwischen dem Fokus auf Tom
und Maggie, wobei sie über ihre ältere Protagonistin als auktoriale Erzählerin schreibt.
Bei Toms erstem Besuch in der Bibliothek begegnet er Maggie.
Auf dem Heimweg wird Maggie von einem Unbekannten die Handtasche entrissen und Tom
kommt ihr zu Hilfe. Nachdem die beiden die Hürde des persönlichen Kennenlernens
genommen haben, entwickelt sich ein unverfänglicher Umgang miteinander.
Ausgehend vom Austausch von Banalitäten, über das Finden interessanter Themen,
die schließlich zu tiefergehenden Gesprächen führen, entwickelt sich die
Freundschaft zwischen Tom und Maggie rasch weiter und das Vertrauen zueinander
wächst. Maggie scheut sich mit ihrer offenen und ehrlichen Art nicht, gewisse
Probleme mit Tom anzusprechen. Sie finden gemeinsam für ihre Beziehung ein
passendes Arrangement. Bei einem Büchereibesuche erfahren die beiden von der
anstehenden Schließung. Mit ihren Ideen tragen sie zu dem Versuch bei, die Einstellung
der Ausleihe zu verhindern.
Bella Osborne hat ihre Figuren liebevoll gestaltet. Tom hat
bestimmte Vorstellungen über seine Zukunft. Gegenüber gleichaltrigen Mädchen ist
er schüchtern und allgemein manchmal linkisch. Er entwickelt eine Vorliebe für
Liebesromane. Die Autorin zeigt ihn als Jugendlichen mit den für sein Alter
typischen Problemen auf dem Weg der Selbstfindung mit dem Vergleich von sich
selbst zu anderen. Maggie hält er hilfsbedürftiger als sie tatsächlich ist,
denn sie zeigt ihm, dass sie sich mittels Kampfkunst und Yoga fit hält. Sie
versteht viel von der Schafzucht und nutzt auf ihrem Land einen Traktor sowie
ein Quad. Durch ihr aktives Leben steigt sie in der Achtung von Tom. Aber ihr Geheimnis
steht wie ein dunkler Schatten über ihrer Freundschaft. Hinzu kommen einige
bemerkenswerte Nebenfiguren wie beispielsweise eine besorgte Bibliothekarin und
eine charmante Mitschülerin von Tom. Der Vater von Tom wird in seinen
Handlungen als Alkoholiker nachvollziehbar und realistisch beschrieben.
Maggie Osborn zeigt in ihrem Roman „So was wie Freunde“ wie vielfältig
Freundschaft sein kann. Der 16-jährige
Tom und die 72-jährige Maggie teilen viele heitere und bekümmernde Momente und
schenken einander Zuwendung und Verständnis. Bücher erhalten in der Geschichte eine
besondere Rolle, denn sie bringen Menschen zueinander. Die Autorin spricht auch
schwierige Themen an, zu denen sie vorstellbare Lösungen bietet, wodurch ich
mich beim Lesen wohlfühlte und sehr gerne eine Empfehlung für das Buch vergebe.