Liebe Patno,
das Verhalten von William im
zweiten Leseabschnitt fand ich verstörend, konnte die von ihm gezogenen
Konsequenzen aber auch nachvollziehen, obwohl ich sie nicht gutheiße. In seinem
Leben hat er zunächst wenig Liebe erfahren und sich mehrfach als Versager
erlebt. Glücklicherweise hat er dennoch Freunde, die ohne Wenn und Aber an
seiner Seite stehen.
Liebe Ingrid,
mir ging es ähnlich. Von Anfang an wirkte
William auf mich emotionslos, was allerdings bei diesen Eltern durchaus
nachvollziehbar ist. Erst war mir unbegreiflich, dass er so einen radikalen
Bruch mit Frau und Kind vollzieht. Später wird klar, dass William Angst hatte,
den Menschen weh zu tun. Ich finde es klasse, wie sich sein Freund Kent und das
Basketball-Team um ihn kümmern.
Endlich erfuhr ich auch, ob
sich das bewegende Gefühl, dass sich zwischen William und Sylvie zeigte und von
beiden zunächst als unerwünscht zur Seite geschoben wurde, weiter entwickeln
konnte. Sylvie weiß, wenn sie ihrem Empfinden folgt, wird sie Julia weh tun.
Wie hättest du dich an Sylvies Stelle entschieden? Ich finde es schwierig, aus
der heutigen Sicht zu entscheiden, welchen Weg man in den 1980ern genommen
hätte. Mit dem jetzigen Wissen hätte ich wie Sylvie entschieden.
Ich glaube, ich hätte tatsächlich wie Sylvie
entschieden. Die beiden Schwestern waren sich zwar immer sehr nah, aber Julia
hatte William bereits abgeschrieben. Sie ist so klar und strukturiert, wirkt
aber auf mich sehr kühl und distanziert. Sie muss alles im Griff haben und
durchplanen. Mit Sylvie konnte ich eher sympathisieren. Sie ist nicht so
aalglatt und eben nicht perfekt. Auch sie wird von düsteren Gedanken
heimgesucht und ich glaube, sie versteht Williams Handlungen und kann besser
damit umgehen.
Über mehr als einhundert Seiten
hinweg behandelt die Geschichte einen Zeitraum von nur etwa fünf Monaten, der
aus drei Perspektiven geschildert wird. Zwangsläufig kommt es dazu, dass
gewisse Situationen dann aus den verschiedenen Sichten geschildert werden. Was
denkst du: hätte es gereicht, wenn nur ein(e) Protagonist(in) die wichtigsten
Ereignisse erzählt hätte?
Ich denke auch, dass dieser Teil der
Geschichte den Lesefluss etwas verlangsamt. Hier hätte ich es mir etwas
komprimierter gewünscht. Durch diese verschiedenen Sichtweisen wiederholen sich
ein paar Dinge. Mir persönlich hätte auch eine Protagonist(in) gereicht, um die
wichtigsten Details zu erfahren. Es ist dieser typische amerikanische
Schreibstil, detailverliebt und ausschweifend. Trotzdem bewegt mich das
Gelesene und ich bin gespannt, wie es im dritten Teil weitergeht.
Wie empfindest Du das Verhalten der
Zwillinge? Sie stehen schon zwischen den Fronten, aber ich finde es toll, wie
sie sich verhalten.
Die
Zwillinge sind als Figuren sehr unterschiedlich. Gut ist es, wenn in einer
Familie Konflikte vorliegen und dann mindestens ein oder eine andere(r) sich
nicht einfach nur zurückzieht und sagt: „Sollen die doch ihre Differenzen
untereinander ausmachen“, sondern sich Gedanken macht und zu einer Lösung beiträgt.
So, wie die Zwillinge es halten, denke ich, ist es das richtige Maß zwischen
Abstand und Einmischen, aber hin und wieder kann vermutlich nur die Zeit zu
einer Entspannung der Gesamtsituation beitragen. Leider sind die Fronten manchmal
arg verhärtet und ich frage mich, wie sich das Verhältnis der Schwestern im
Roman zueinander weiterentwickeln wird.