Autorin: Lana Lux
In ihrem Roman „Geordnete Verhältnisse“ betrachtet Lana Lux
die toxische Beziehung zwischen Philipp und seiner besten Freundin Faina. Die
beiden lernen sich in der Schule kennen, nachdem Faina im Alter von zehn Jahren
mit ihren Eltern aus der Ukraine ins Ruhrgebiet gezogen ist. Dagegen ist Philipp
als Kind eine Weile bei Verwandten aufgewachsen, bevor er wieder bei seiner Mutter
wohnen darf, die gegen ihren Alkoholismus ankämpft.
Philipp wird schnell wütend, manchmal schlägt er dann zu
oder schreit. In der Freundschaft zu Faina findet er eine Aufgabe, denn er
hilft ihr beim Deutschlernen und erklärt ihr deutsche Angewohnheiten. Durch Faina
lernt er eine andere Mentalität kennen. Fünfzehn Jahre nach der ersten
Begegnung wohnen Philipp und Faina zusammen, sind aber kein Paar. Philipp
entwickelt keine Anziehung zu anderen Personen, fühlt sich jedoch auf besondere
Weise mit seiner langjährigen Freundin verbunden. Doch nach einem Streit kommt
es zum Bruch der Freundschaft und Faina zieht nach Berlin. Nach mehreren Jahren
sucht sie verzweifelt die Nähe von Philipp, der sie wieder bei sich aufnimmt.
Aber seine Hilfe fordert einen hohen Preis von Faina.
Lana Lux erzählt den Beginn der Freundschaft zunächst aus
der Sicht von Philipp. Erst als Faina nach ihrer Rückkehr aus Berlin Aufnahme
bei ihrem besten Freund sucht, wechselt die Erzählperspektive zu ihr. Nach
einem erneuten zeitlichen Sprung und einem erklärenden Kapitel, das beide in
den Fokus nimmt, lässt die Autorin beide im Wechsel, den sich zuspitzenden
Konflikt bis zum tragischen Ende erzählen.
Eine große Stärke der Autorin besteht in der
Figurengestalten. Philipp ist ein verstörtes Kind, dessen größter Wunsch ein
bester Freund ist. Er beharrt meist auf seiner Meinung, erweist sich als
besitzergreifend und hält gern an Ritualen fest, die er sich ausgedacht hat. Fainas
Verhalten ist zunächst von ihrer Herkunft beeinflusst. Da die Autorin selbst
ukrainisch-jüdische Wurzeln hat, gelingt es ihr, diese authentisch
darzustellen. Später versucht Faina sich aus den an sie gestellten Erwartungen
zu befreien und zu einer eigenen Identität zu finden. Ohne die Interventionen
ihrer Eltern und Philipps fühlt sie sich frei und lotet ihre Grenzen aus. Die
Protagonisten entwickeln sich auf ihre Weise jeweils unerwartet weiter, was zu
einem hohen Reiz des Weiterlesens führt.
In einem großen Bogen vom Kindes- zum Erwachsenenalter beschreibt
Lana Lux tiefgründig und ergreifend die großen Gefühle ihrer Hauptfiguren, die
zum Verständnis dessen beitragen, was zum Abschluss der Geschichte geschieht.
Als Leserin spürte ich Wut und Verzweiflung ebenso wie Hoffnung und Zuneigung.
Von Anfang an war die Beziehung von Philipp und Faina von dunklen Wolken
umweht, die sich schließlich zu einem Gewittersturm auswuchsen.
Im Roman „Geordnete Verhältnisse“ konfrontiert Lana Lux den
Lesenden mit starken Empfindungen, die für die beiden Protagonisten genauso
erleichternd wie auch schmerzlich sein können. Es ist ein realistisch
vorstellbares Szenario, das die Autorin beschreibt und für mich zu einem
erschütternden, tief bewegenden Leseereignis führte. Sehr gerne vergebe ich
eine Leseempfehlung.