In ihrem Roman „Hallo du Schöne“ betrachtet die
US-Amerikanerin Ann Napolitano verschiedene Familienkonstellationen und deren
mögliche Vor- und Nachteile. Aus einer personalen Erzählperspektive
geschrieben, nimmt die Autorin die Schwestern Julia und Sylvie Padavano sowie
William Waters in den Fokus. Zu Beginn des Romans sind die drei
Protagonist(in)en am Beginn ihres Studiums beziehungsweise ihrer Ausbildung. Im
letzten Drittel kommt noch eine weitere interessante Perspektive einer jüngeren
Person hinzu. Titelgebend für das Buch ist die typische Begrüßung von Vater
Padavano für seine vier Töchter. Das Cover ist ein richtiger Hingucker, der
meiner Meinung nach bestens zum Titel passt.
Die Geschichte beginnt 1978 und endet 2008. William gab mir
als Leserin zunächst einen Einblick in seinen Alltag als Student und
erfolgreicher Basketballspieler. Er erinnert sich aber auch an seine Kindheit
und Jugend. Gleich der erste Satz des Roman erschütterte mich mit einem
einschneidend tragischen Ereignis, denn Williams Schwester starb wenige Tage
nach seiner Geburt. Seine Eltern verharren in ihrer Trauer und er erfährt wenig
Zuneigung von ihnen. Als er mit achtzehn Jahren die ein Jahr jüngere Julia am
College in Chicago kennenlernt, erlebt er in deren Familie einen
außergewöhnlichen Zusammenhalt. Zwar gibt es auch zwischen den Geschwistern und
deren Eltern Zwistigkeiten, doch sie lachen gemeinsam und unterstützen sich bei
Ängsten und Sorgen.
Julia hat bestimmte Vorstellungen von ihrer Zukunft, bei der
sie eine Karriere anstrebt und sich an der Seite als Ehefrau von William sieht.
Die scheue Sylvie wünscht sich eine große Liebe, doch zunächst gibt sie sich
mit Liebeleien zwischen den Regalen der Bibliothek, in der sie arbeitet,
zufrieden. Ihr jüngeres Geschwister Cecelia hat eine künstlerische Ader und ist
ein Freigeist, wohingegen ihre Zwillingsschwester Emeline eine fürsorgliche Art
hat. Die vier Frauen halten in allen Krisen zueinander, aber als das Schicksal
1983 besonders hart zuschlägt, steht ihr Zusammenhalt auf dem Prüfstand und
treibt die Familie auseinander. Das letzte Drittel des Romans bringt nochmal,
so wie der Beginn, eine Feststellung, die ins Bewusstwerden einschneidet.
Ann Napolitano versteht es, die Einsamkeit, die einer Person
innewohnen kann, sichtbar zu machen. Wenn man allein lebt, ist man mitunter
nicht so einsam, als wenn man sich nicht geliebt und behütet fühlt. Obwohl
William Wertschätzung in seinem Umfeld erfährt, hat er das psychische Trauma
seiner Kindheit nie aufgearbeitet. Durch die Erzählperspektive lassen sich die
Beweggründe für das Handeln der einzelnen Figuren sehr gut nachvollziehen. Nicht
immer gibt es eine beste Lösung für Probleme im Leben. Ann Napolitano zeigt auf
berührende Weise wie wichtig es ist, andere Ansichten zu respektieren, zu
verzeihen und zu vergeben.
Durch den Wechsel zwischen den Erzählperspektiven
überschneidet sich die Handlung an manchen Stellen, was im mittleren Teil zu
kleineren Längen führt, aber auch für ein tieferes Verständnis des Verhaltens
von William, Julia und Sylvie sorgt. Liebe in vielen Facetten sorgen in der
Geschichte für ein abwechslungsreiches Lesen, kleine Geheimnisse bringen eine
hintergründige Spannung.
In ihrem Roman „Hallo du Schöne“ verbindet Ann Napolitano
erfreuliche und tragische Ereignisse einer US-amerikanischen Familie über
dreißig Jahre hinweg. Es gelang ihr, die Gefühle der handelnden Personen an
mich als Leserin weiter zu transportieren. Daher vergebe ich sehr gerne eine
Leseempfehlung.