Möchten wir jünger werden, wenn wir die Gelegenheit dazu
erhalten würden? Diese Frage diskutiert Maxim Leo in seinem Roman „Wir werden
jung sein“, wobei er die Umkehrung des Alterungsprozesses an der Regeneration
von Zellen verankert. Der Protagonist Martin ist Studienleiter eines Projekts,
das ein Medikament mit dem Ziel entwickelt, chronische Herzmuskelschwächen erfolgreich
zu behandeln, indem es Zellen erneuert und eventuell auch neue Zellen
generiert.
Die Studie hat bisher nur eine kleine Anzahl von vier
Probanden mit schlechten Heilungschancen. Der sechszehnjährige Schüler Jakob,
der achtzigjährige Bau- und Immobilienunternehmer Karl Wenger, die 34-jährige,
bei früheren Schwimmwettkämpfen erfolgreiche Verena und die Lehrerin Jenny
nehmen seit einiger Zeit die aussichtsreiche Arznei, von der sie rasch nicht
nur eine Besserung verspüren, sondern die ihre Körperfunktionen auf einen
Fitnessstand bringt, den sie vor mehreren Jahren erreichten. Martin erprobt das
Medikament auch an sich selbst und verfüttert es an seinen alten Hund.
Maxim Leo hat mit seinen Testpersonen eine gute Auswahl
getroffen, um die Annehmlichkeiten der Arznei ebenso aufzuzeigen wie die
Schattenseiten. Bei Wenger steht bereits der Nachwuchs bereit, das Unternehmen
weiterzuführen und Verena erntet für ihre aktuellen sportlichen Leistungen nicht
nur Ruhm. Ein Wunsch geht für Jenny in Erfüllung, aber Jakobs jugendlicher
Körper entwickelt sich in einer Phase der Verliebtheit auf den Stand eines
Kinds zurück. Doch der Autor führt nicht nur an, welche Konsequenzen die
Verjüngung für die Proband(inn)en und ihr Umfeld haben können, sondern er
verweist ebenfalls auf ethische Konsequenzen und wirft die Frage auf, wer
Zugang zu dem erprobten Verjüngungsmittel haben sollte. Zum Ende hin steigerte
er meine Zweifel als Leserin, ob ein solches Medikament sinnvoll ist, indem er Bedenken
auf die Zukunft einer Welt ausstreut, deren Bewohner nicht mehr zwangsläufig
sterben müssen.
Maxim Leo hat sich für die authentische Gestaltung seines
Romans fachkundige Hilfe geholt. Die Geschichte ist trotz der
Auseinandersetzung mit einem ernsten Thema von heiteren Momenten durchzogen.
Durch die Auflistung immer weiterer Auswirkungen des verjüngenden Präparats
entwickelt sich eine hintergründige Spannung, die mich nicht nur rasch weiterlesen
ließ, sondern schließlich auch ins Grübeln brachte. Durch eine kurze Recherche erfuhr
ich, dass das Szenario des Autors nicht mehr allzu weit von der Realität
entfernt ist. Noch bin ich mir unklar, ob ich das beängstigend oder beruhigend
finden sollte.
In seinem Roman „Wir werden jung sein“ setzt sich Maxim Leo
auf eine lesenswerte, vielfach heitere und unterhaltende Weise mit dem Für und
Wider eines Medikaments zur Verjüngung unserer Körperzellen auseinander. Ohne
sich selbst zu positionieren, wirft er in diesem Zusammenhang zahlreiche Fragen
moralischer Natur auf, die unsere Gesellschaft in die Verantwortung nehmen
wird. Ich empfand die Geschichte nicht nur als interessante Lektüre, sondern
sie ließ mich auch nachdenklich zurück. Sehr gerne vergebe ich eine
Leseempfehlung.