Der Zweite Weltkrieg ist beendet und im kleinen fiktiven
Eifeldorf Altenburg versuchen Klara und Mia, die beiden Töchter der Künstlerin
Johanna Fuchs, wieder in den Alltag zurückzufinden. Sie sind die beiden
Protagonistinnen des Romans „Der Ruf der Nachtigall“, dem zweiten Band der Serie
„Eifelfrauen“ von Dr. Brigitte Riebe. Titelgebend ist der Gesang des
gleichnamigen Vogels, den Klara eines nachts hört und der sie hinaus in den
Garten lockt. Dort trifft sie auf einen Fremden, den sie später als Pavel
kennenlernt und der genau wie sie, den Tönen lauscht. Im Prolog, in dem diese
Szene beschrieben ist, konnte ich als Leserin noch nicht ahnen, wie
folgenschwer diese Begegnung mit Pavel für Klara sein wird.
Auch der zweite Band profitiert wieder von der sehr guten
Recherche der promovierten Historikerin Brigitte Riebe und ihrer Leidenschaft,
geschichtliches Geschehen in ihre Geschichten einzubinden und dadurch ihren
Lesern und Leserinnen erlebbar zu machen. Im Zeitraum Juni 1945 bis Oktober
1954 switcht sie zwischen den Handlungsorten Altenburg, Trier, Köln und Wittlich,
einem Städtchen zwischen Eifel und Mosel, hin und her. Geschickt setzt sie ihre
Figuren so, dass sie die damaligen Brauchtumsfeste und Gepflogenheite in den Orten
der Handlung einbinden kann, die zum großen Teil noch heute bestehen. Klaras
Stimme veranlasst sie dazu, eine Gesangskarriere anzustreben, so dass die Welt
der Musik zwischen Ernst und Unterhaltung Eingang in die Erzählung findet.
Obwohl sie vom äußeren her und auch charakterlich
verschieden sind, verbindet Klara mit ihrer Schwester Mia das Streben nach
Unabhängigkeit. Mia sucht ihr Glück bei der Familie in Trier, wodurch ich als
Leserin erfuhr, wie die Tabakbranche sich nach dem Zweiten Weltkrieg weiterentwickelt
hat. Ebenso genossen die handelnden Personen immer wieder regionale kulinarische
Köstlichkeiten, die Appetit darauf machen. Insgesamt entsteht ein gut
vorstellbares, realistisches Bild der Zeit. Das erdachte Schicksal der Figuren sorgt
für einige unerwartete Wendungen, die manchmal zu kleinen Abschweifungen von
der Haupthandlung auf historisch bemerkenswerte Ereignisse führen. Sowohl Klara
wie auch Mia verlieben sich, bauen aber sie bauen nur langsam Vertrauen zu den
von ihnen Geliebten auf, die es erlaubt, sich mit der Vergangenheit des
Partners zu beschäftigen. Dadurch macht Klara erst nach Jahren eine
schmerzhafte Erfahrung.
Im zweiten Band ihrer Serie „Eifelfrauen“ lässt Dr. Brigitte
Riebe die Nachkriegszeit bis Mitte der Fünfziger Jahre lebendig werden. Über
die Jahre hinweg erhalten die beiden jungen Protagonistinnen Klara und Mia,
anders als ihre Mutter Johanna im ersten Teil, trotz Schwierigkeiten, die
Möglichkeit zur Gestaltung ihres Lebens entsprechend ihrer Fähigkeiten und Wünsche. Gerne empfehle ich den unterhaltsamen Roman an geschichtlich Interessierte
Lesende weiter.