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Ihr erster richtiger Urlaub seit Jahren führt Johanna an die Algarve, wo sie sich ein Surfbrett mietet und sich unerfahren in die Wellen wirft. Promp wird sie von der Surflehrerin Luz herausgefischt, die sie von ersten Moment an fasziniert und zu deren Stunden sie sich anmeldet. Nach den zwei geplanten Wochen merkt Johanna, dass sie noch nicht zurück kann in ihr bisheriges Leben - das Leben, in dem sie sich von ihrer langjährigen Partnerin getrennt hat, in dem sie seit ihrer Kindheit als Synchronsprecherin erfolgreich ist und in dem ihre Eltern ihr nur wenig Liebe entgegen bringen. Stattdessen zieht sie aus dem Hotel in das Surfacmp von Luz' Schwester. Während ihre Surfskills besser werden, tobt in ihr weiterhin ein emotionaler Sturm und sie muss sich der Frage stellen, wer sie sein und welches Leben sie führen will.
Der Beginn des Romans warf mich als Leserin gleich mitten hinein ins Geschehen - genauer gesagt in die Wellen, denen sich Johanna unerfahren gestellt hat und aus denen sie von Luz gerettet werden muss. Aus dem Dialog und dem Kontext konnte ich allmählich ableiten, warum sich Johanna an der Algarve befindet und was sie in Deutschland zurückgelassen hat. Es ist alles ein wenig durcheinander, was ihren aufgewühlten Zustand gut wiederspiegelt. Ich kann nur empfehlen, sich darauf einzulassen und höchstens den Klappentext, nicht aber die Zusammenfassung auf der Innenseite des Buchumschlags zu lesen, die vieles vorwegnimmt.
Johanna ist seit ihrer Kindheit diszipliniertes Arbeiten gewöhnt. Zur Freude ihrer Eltern, die wenig Zeit für ihr Kind hatten, war mit dem Beginn von Johannas Karriere als Synchronsprecherin ihre Freizeit gänzlich ausgefüllt. Ein anderes Leben hat sie nicht kennengelernt. Ähnliches gilt im Hinblick auf ihre Erfahrung mit Beziehungen, denn sie war jahrelang mit Rosa zusammen und kennt nichts anders. Ein inneres Rasen hat ihr aber gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann. An der Algarve lässt sie sich von ihren Gefühlen treiben und alte, unverarbeitete Erinnerungen an die Oberfläche spülen.
Johanna ist und bleibt das Zentrum des Romans, und ich war gespannt, welchen Weg sie für sich finden wird. Auf der Reise entdeckt sie neue Seiten an sich und stürzt sich in sexuelle Abenteuer. Ich muss aber sagen, dass mir ihre Wehleidigkeit zwischendurch auch mal zu viel und das ganze zu sehr zur Nabelschau wurde. Gut gefallen haben mir die Surf-Vibes, die der Roman durchgängig ausstrahlt. Dabei werden nicht nur die schönen Seiten gezeigt - mit Luz' Geschichte, die nach ihrem Outing ihre Profikarriere beenden musste, wird auch das kritische Thema von Homosexualität im Profisport gelungen beleuchtet. Insgesamt ist "Haus aus Wind" ein queerer, atmosphärischer Surferinnen-Roman, in welchem man Johanna auf einer Reise zu sich selbst begleitet und den ich gerne weiterempfehle.