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Samstag, 24. August 2024

Rezension: Pi mal Daumen von Alina Bronsky

 


Rezension von Ingrid Eßer

Titel: Pi mal Daumen
Autorin: Alina Bronsky
Erscheinungsdatum: 15.08.2024
Verlag: Kiepenheuer & Witsch (Link zur Buchseite des Verlags)
rezensierte Buchausgabe: Hardcover mit Schutzumschlag und Leseband
ISBN: 9783462004250
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Für den Protagonisten Oscar des Romans „Pi mal Daumen“ von Alina Bronsky ist Mathematik keine Angelegenheit, bei der sich entsprechend der Redewendung des Buchtitels Ergebnisse nur ungefähr berechnen lassen. Das Zeichen für Pi, dass in der Mathematik für das Verhältnis vom Kreisumfang zu seinem Durchmesser steht, ähnelt dem von Doppelkirschen, weswegen auf dem Cover eine Frau für ebensolchen Kirschen als Ohrringe illustriert ist und einen Kirschkern ausspuckt. Diese Frau erinnerte mich beim Lesen an Moni Kosinsky, die im Roman ebenfalls eine tragende Rolle spielt. Der Zusammenhang zwischen dem Pi-Symbol und den Kirschen wird auch im Spruch „Come to the Math Side we have π“ deutlich, wobei das Zeichen wörtlich genommen und dem beliebtem Cherrypie (amerikanischer Kirschkuchen) gleichgesetzt wird.

Oscar Maria Wilhelm Graf von Ebersdorff ist ein Nerd der Mathematik und eher als nicht neurotypisch anzusehen. Er stammt aus einer betuchten Familie und ist bei Studienbeginn gerade mal sechszehn Jahre alt. Er ernährt sich vegan und liebt Anime, die der Grund dafür sind, dass er seine Haare blau färbt. Einen extremen Gegensatz zu ihm ist Moni, denn sie ist ein Familienmensch und hat ein großes Herz für alle, die ihre Hilfe benötigen. Moni ist 53 Jahre alt, trägt auffälligen Lippenstift und Leopardenmuster. Niemand aus der Familie darf von ihrem Studium wissen. Oscar und Moni lernen sich am ersten Tag des Semesters kennen und bilden fortan eine Zweckgemeinschaft. Obwohl sie sich zu Beginn einander anders eingeschätzt haben, wissen sie ihre Eigenarten bald gegenseitig zu schätzen.

Der Roman wird aus der Sicht von Oscar erzählt. Durch sein zunehmendes Interesse am familiären Hintergrund von Moni konnte auch ich als Leserin mehr über die manchmal chaotischen Zustände im Umfeld der Protagonistin erfahren. Oscar zeichnet sich zur besseren Übersicht einen Stammbaum, der auf den Vorsatzseiten des Buchs abgebildet ist. Während Oscar einiges an Organisationsgeschick aufweist, punktet Moni mit ihrer Lebenserfahrung. Irritierend fand ich die Einstellung von Monis Vater über die Intelligenz seiner Kinder, die ich der damaligen Zeit geschuldet zuschreibe.

Die Autorin bedient einige gängige Klischees und stellt manche Situation überspitzt dar. Aus meiner eigenen Schul- und Studienlaufbahn konnte ich in ihren Figuren, seien es Studierende, Lehrende oder Familienmitglieder Ähnlichkeiten zu mir bekannten Personen feststellen. Feine Ironie zieht sich durch den ganzen Roman und bildet zu den Sorgen und Ängste der Hauptfiguren ein Gegengewicht. Über allem steht die Botschaft, dass es nie zu spät ist, sich Herzenswünsche zu erfüllen. Außerdem verdeutlicht die Erzählung, dass man andere nicht unterschätzen und ihnen Talent absprechen sollte. Das Ende fand ich zum eigenen Weiterdenken anregend.

Gewohnt leichtfüßig schreibt Alina Bronsky in ihrem Roman „Pi mal Daumen“ über einen ungewöhnlichen Studenten des Erstsemesters Mathematik, der zu Studienbeginn ein weibliches Pendant findet. Humorvoll und teils übersteigert schildert sie, wie die beiden sich anfreunden, auch weil sie sich mit ihren jeweiligen Eigenschaften ergänzen. Die Geschichte untermalt das Statement sich zu trauen, große Träume zu haben und sie sich zu erfüllen, egal in welchem Alter. Wenngleich in der Geschichte immer wieder mathematische Themen angesprochen werden, ist deren Verständnis für die Botschaft der Erzählung nicht notwendig. Daher empfehle ich den Roman uneingeschränkt weiter.