In seinem Psychothriller „Stalker“ spielt Arno Strobel
erneut mit den Nerven seiner Leserschaft. Spannungsaufbauend erweitert er den
Titel des Buchs mit „Er will dein Leben“, was heißt, dass ein anderer danach
trachtet, die Identität des Protagonisten zu übernehmen. Die Geschichte beginnt
eher ruhig und scheint aus dem alltäglichen Leben gegriffen. Doch sie enthält
mehr Potential, als ein Blick durch die Jalousien eines Fensters ermöglichen
würde, wie es versinnbildlichend auf dem Cover dargestellt ist.
Eric Sanders ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat einen
elfjährigen Sohn. Er ist am Münchner Residenztheater als Schauspieler
angestellt. Mit einer Hauptrolle im Tatort erhofft er sich den großen
Durchbruch in seinem Beruf, an den seine Frau allerdings nicht recht glauben
will.
Nachdem die Sendung ausgestrahlt wurde, steigen die
Followerzahlen auf seinen Social Media Kanälen in die erhofften Höhen. Doch
bereits Stunden später versteht Eric die Welt nicht mehr, denn jemand
beantwortet von einem Fakeprofil mit seinem Namen aus die zahlreichen
Kommentare unter seinen Posts und tritt dabei angeberisch auf. Noch mehr
verwirrt ist Eric, als der Kommentierende ihm eine Mail schickt und behauptet,
genauso wenig der echte Eric Sander zu sein, wie er.
Zeitgleich zu diesem Geschehen befindet Eric sich in
therapeutischer Behandlung, denn immer wieder träumt er nachts von dem großen
Feuer in seiner Kindheit, bei dem seine Eltern ums Leben kamen. Anschließend
wuchs er bei seinen Großeltern auf. Wie gewohnt, zieht der Autor langsam das
Tempo der Spannung an, bis derjenige, der sich für Eric ausgibt, sich weiter
erfolgreich in dessen Leben drängt. Auf einmal stehen sämtliche Erinnerungen
von Eric an seine Kindheit auf dem Prüfstand.
Eric war mir am Anfang sympathisch. Ich habe ihm seinen
Erfolg als Schauspieler gegönnt. Er hatte mein Mitgefühl in Bezug auf den
Verlust seiner Eltern. Ich empfand es als beängstigend, wie einfach es ist,
mittels eines gefakten Profils sich als ein anderer auszugeben und damit
erheblichen Schaden an dessen Image ausrichten zu können. Eric erhält von
Bekannten einige Vorschläge gegen die Internethetze vorzugehen. Auch die
Polizei schaltet er ein. Doch der Unbekannte lässt nicht locker; die subtilen
Drohungen nehmen zu und veranlassen Eric zu handeln. Es gelingt leicht, sich in
die Situation hineinzudenken und die Handlungen und Gefühle des Protagonisten
nachzuvollziehen.
Die Geschichte kam an einen Punkt, bei dem ich glaubte, die
Lösung fassen zu können, aber das wäre bei einem Thriller von Arno Strobel zu
einfach. Erneut gibt es unerwartete Wendungen und ein Ende, dass ich mir so zu
keinem Zeitpunkt denken konnte. Warum ich Eric schließlich nicht mehr mochte, werden
alle nachvollziehen können, wenn sie das Buch selber lesen.
Der Psychothriller „Stalker“ von Arno Strobel baut von
Beginn an Spannung auf, die anhält und zum Ende hin nochmal steigt. Erneut bietet der Autor mit dem extremen Belästigen und Beschuldigen anderer in den Sozialen Medien ein aktuelles, ansprechendes Thema als Hintergrund, das viele Lesende gut nachempfinden können. Gerne vergebe ich dafür eine unbedingte
Leseempfehlung an alle Thriller-Fans.