Rezension von Ingrid Eßer
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Die Handlung des Romans „Agency for Scandal“ von Laura Wood
ist im viktorianischen England angesiedelt, in einer Zeit, zu der arrangierte
Ehen keine Seltenheit sind und Angehörige des Adels darauf bedacht, nicht unter
Stand zu heiraten. Einerseits sichern sie dadurch ihren Lebensstandard, andererseits
bewahren sie dabei ihr Ansehen in der High Society.
Die 18-jährige Izzy Stanhope ist die Tochter eines niederen Barons, der vor
zwei Jahren verstorben ist. Sein Tod hat ihr offenbart, dass die Familie
verarmt ist, aber Izzy versucht, diese Tatsache vor ihrer kranken Mutter und
ihrem jüngeren Bruder zu verbergen. Es ist nicht leicht für sie, jeden Monat
die von ihrer Familie benötigten finanziellen Mittel zu besorgen. Einen geliebten
und betuchten Mann zu heiraten, hält sie fast für unmöglich, weil sie weiß,
dass sie keine „gute Partie“ ist.
Das Hobby von Izzys Vater war es, Schlösser zu knacken. Er
hat ihr viele Tricks gezeigt. Ihr Können führt dazu, dass sie von der „Agency
for Scandal“ angeworben wird. Die Detektei beschäftigt ausschließlich Frauen, die
sich für benachteiligte Personen ihres Geschlechts der höheren
Gesellschaftsschicht einsetzt und Diebstahl, Untreue, aber auch Mordfälle
aufzuklären. Izzy gehört zu einem Team. Sie weiß sich geschätzt und fühlt sich
wohl dabei, für Gutes einzutreten, wobei sie moralischen Überlegungen zur Seite schiebt. Als sie jedoch dabei helfen soll, das
Geheimnis einer Brosche aufzuklären, sieht sie ausgerechnet den seit langem von
ihr geschätzten und heimlich bewunderten Duke in die Ereignisse verwickelt.
Laura Wood findet einen Weg Romantik und Spannung auf
perfekte Weise zu kombinieren. Die Geschichte wird von Izzy in der Ich-Form
erzählt. Am Beginn schildert sie ihre missliche Lage und gewann meine
Sympathie. Sie ist selbstbewusst und äußerst clever dabei, ihre zahlreichen
Geheimnisse vor anderen zu verbergen. Aber sie hat auch oft genug Angst davor, bis
hin zur Panik, dass ihr Schreckliches widerfährt, was die unterschwellige
Spannung im Buch steigerte. Interessant fand ich es, dass die Autorin die
Mitarbeiterinnen der Agentur mit Ecken und Kanten schildert und die Figuren nicht
immer nur in Harmonie zusammenarbeiten.
Neben den Ermittlungen bindet die Autorin eine verträumte
und verspielte Liebe der Protagonistin ein. Das Geplänkel von Izzy und dem von
ihr Angeschmachteten bringt manche amüsante Situation. Anders als bei der im
Buch erwähnten Schriftstellerin Emily Bronte wählt Laura Wood eine moderne
Sprache mit der sie die Atmosphäre der damaligen Zeit realistisch wiedergibt. Die
Beschreibungen von Mode, Ausstattung der Räumlichkeiten sowie kulturelle und
politische Gegebenheiten lassen beim Lesen einen passenden Rahmen für die
Handlung im Kopf entstehen.
Mit ihrem Genremix „Agency for Scandal“ verbindet Laura Wood
spannende Ereignisse in einem vielschichtigen Ermittlungsfall mit einer Liebesgeschichte zum Dahinschmelzen. Sie hat
beste Unterhaltung mit humorvollen Szenen für alle ab 13 Jahren geschrieben,
die es lieben, in die vergangene Zeit der 1890er Jahre einzutauchen, Mit Izzy
Stanhope agiert eine auf ihre Unabhängigkeit bedachte Frau in der damals
ungewöhnlichen Welt einer weiblichen Agentur, die Skandale der höheren
Gesellschaftsschicht aufklärt und dabei manchmal auch förmlich über Leichen
geht. Sehr gerne vergebe ich eine Leseempfehlung.